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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 59.1926-1927

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H. R.: Heroische Auffassung der Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.9182#0073

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Heroische Auffassung der Kunst

VALLY
WIESELTHIER
BLUMEN VASE

Jeder hat trübe Stunden. Aber nicht die trüben,
sondern die schönen und starken Stunden eines
Menschenlebens sollten ins Kunstwerk über-
gehen. Haben wir denn einen solchen Über-
schuß an Lebenskraft, daß wir es uns leisten
können, sogar die Kunst zu einem niederziehen-
den Faktor zu machen? Muß nicht immer noch,
wie in den ältesten Zeiten der Menschheit, das
Leben gegen die Verneinungen verteidigt, die
Menschenwelt gegen das Finstere und Negative
abgegrenzt werden? Braucht es nicht immer
der Kraft und des Heldentums, um das Aben-
teuer des Lebens siegreich zu bestehen? Das
Selbstverständliche ist der Tod; wir brauchen

uns nur der Trägheit zu überlassen, so kommt
das Hinabsinken von selbst. Das Leben aber
ist Tat und Aufraffung. Und besonders der
Künstler sollte der Held dieser Tat sein. Woher
stammt die wunderbare Spannung jeder Linie,
die um den Thorax einer hellenischen Marmor-
gestalt geht, wenn nicht aus dem Blick ins
Nichts? Kunst war immer Verteidigung der Form
gegen das Chaos, Behauptung des Lebens gegen-
über der alles verschlingenden Nacht. Zu dieser
Einsicht, zur heroischen Auffassung der Kunst
sollten wir uns zurückfinden, damit sie uns ihr
Eigenstes wieder spende: Schönheit, die die
Sache des Lebens verherrlicht........ h. r.

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