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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 59.1926-1927

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H. R.: Der Maler und das Ding
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https://doi.org/10.11588/diglit.9182#0166

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DER MALER

Der Expressionismus hat die Welt weit-
gehend ins Ich des Künstlers hereinge-
zogen, die neue Sachlichkeit hat das Ich weit-
gehend ans Ding dahingegeben — aber beide
sind nicht auf den Kernpunkt gestoßen, der für
die Beziehungen zwischen Maler und Ding maß-
gebend ist. Dieser Kernpunkt ist, daß weder
das Ich noch das Ding als statische, starre
Größen genommen werden dürfen, daß das Er-
eignis „Kunst" nur in dem lebendigen Kraftfeld
zwischen beiden, in der Wirklichkeit einer
gleichsam anonymen Beziehung stattfindet.
Eine gleichsam ichlose Liebe muß zwischen
dem Künstler-Ich und der Welt leben, ein

iD DAS DING

wechselseitiges, grenzenloses Glauben, ein
Untergetauchtsein von Ich und Ding in dieselbe
Einheit Leben und Wirklichkeit. Der Impressio-
nismus irrt, indem er die Fülle der Erscheinungen
auf den spitzen Punkt „Ich" bezieht, der Natura-
lismus irrt, indem er das Ich vor dem Altar einer
sog. objektiven Wirklichkeit zum Opfer bringt:
die echte Beziehung, das mächtige Leben
zwischen den Wesen ist der Mutterboden
aller echten Kunstgestalt. Warum haftet fast
aller kindlichen Kunstübung ein Etwas an, das
auf geheime Weise mit wahrer Kunst zu tun hat?
Weil das Kind noch völlig in die ungebrochene
Einheit Leben eingereiht ist, weil das Kind noch
 
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