Plastik und Malerei,
seien sie in Form
und Inhalt noch so klar
und überzeugend, be-
halten auch vor dem
verstellenden Auge im-
mer noch einen Rest
von unzugänglichen u.
ungelösteninnerenRei-
zen. Eben darum ha-
ben die Werke bilden-
der Kunst immer noch
etwas zu geben und wir
können sie immer wie-
der betrachten. Die
Werke der Poesie er-
schließen dagegen bald
ihre Probleme zur Gän-
ze und vermögen beim
wiederholten Lesen
oder Hören nicht mehr
jene Spannung und Er-
regung auszulösen, wel-
che zum lustvollen Ge-
nüsse notwendig ist.
Zu Ende gedachte Ge-
dankengänge,beschlos-
sene Schicksale und
durchgelebteBegebnis-
se sind jenes Rätsels
verlustig geworden, das
den Werken der Pla-
stik und Malerei immer
gewahrt bleibt und sie
unerschöpflich macht.
Was immer des Künst-
lers blühende Phanta-
sie auch schildert, er
kann uns nur vermit-
teln, was wir selbst,
wenn auch nur in Stük-
ken, gesehen haben,
wovon wir selbst,wenn
auch nur in Teilen,
schon eine Vorstellung
besitzen. Alles künst-
lerische Bemühen, ge-
genständlich Identi-
sches zu vermitteln, ist
vergebens, sei dies
nun im Bereiche des
menschlichen Körpers
oder aus jenem der
freien Natur. Selbst
die schärfste und ge-
naueste Wiedergabe ist
nur eine Kritik, die ab-
GOLDSCHMIED EMIL LETTRE—BERLIN
»HÄNGER MIT DIAMANTEN, SMARAGD UND EMAIL«
hängig bleibt von den
Interessen und Neig-
ungen der beobachten-
den Individualität. Was
wir aus einem Werke
der bildenden Kunst
herauslesen ist immer
nur die spezifische Ein-
stellung des Künstlers
nicht nur in Dingen,
sondern der ganzen
Welt gegenüber, die
sich in seiner Darstel-
lung von Form und
Farbe, absichtsvoll od.
nicht, doch irgendwie
niederschlagen muß.
Das rein Anschauliche
ist daher untrennbar
vonWerten.die eigent-
lich jenseits von Form
und Farbe liegen, d. h.
abhängig von der Ver-
körperung abstrakter
Begriffe und Ideen. Die
Werke bildenderKunst
können daher letzten
Endes nicht am rein
Formalen, sinnlich
Sichtbaren ihr Genü-
gen haben, sondern be-
dürfen über die darge-
stellte Anschaulichkeit
hinaus noch einer wei-
teren poetischen Er-
gänzung und Inbezieh-
ungsetzung. — In Pla-
stik und Malerei müs-
sen Vorstellungen ver-
mieden werden, wel-
che den Gesetzen der
Zeitfolge, wie in der
Poesie entsprechen.
Das Wesentliche an-
schaulicher Kunstwer-
ke ist dieKristallisation
des entscheidenden u.
alle Sukzession über-
flüssigmachenden Au-
genblicks. In diesem
einzigen Kristallisa-
tionspunkte muß sich
die Kausalität der Er-
scheinung offenbaren
und mit jener des In-
halts in Eins ver-
schmelzen. DR.A.WEISER
seien sie in Form
und Inhalt noch so klar
und überzeugend, be-
halten auch vor dem
verstellenden Auge im-
mer noch einen Rest
von unzugänglichen u.
ungelösteninnerenRei-
zen. Eben darum ha-
ben die Werke bilden-
der Kunst immer noch
etwas zu geben und wir
können sie immer wie-
der betrachten. Die
Werke der Poesie er-
schließen dagegen bald
ihre Probleme zur Gän-
ze und vermögen beim
wiederholten Lesen
oder Hören nicht mehr
jene Spannung und Er-
regung auszulösen, wel-
che zum lustvollen Ge-
nüsse notwendig ist.
Zu Ende gedachte Ge-
dankengänge,beschlos-
sene Schicksale und
durchgelebteBegebnis-
se sind jenes Rätsels
verlustig geworden, das
den Werken der Pla-
stik und Malerei immer
gewahrt bleibt und sie
unerschöpflich macht.
Was immer des Künst-
lers blühende Phanta-
sie auch schildert, er
kann uns nur vermit-
teln, was wir selbst,
wenn auch nur in Stük-
ken, gesehen haben,
wovon wir selbst,wenn
auch nur in Teilen,
schon eine Vorstellung
besitzen. Alles künst-
lerische Bemühen, ge-
genständlich Identi-
sches zu vermitteln, ist
vergebens, sei dies
nun im Bereiche des
menschlichen Körpers
oder aus jenem der
freien Natur. Selbst
die schärfste und ge-
naueste Wiedergabe ist
nur eine Kritik, die ab-
GOLDSCHMIED EMIL LETTRE—BERLIN
»HÄNGER MIT DIAMANTEN, SMARAGD UND EMAIL«
hängig bleibt von den
Interessen und Neig-
ungen der beobachten-
den Individualität. Was
wir aus einem Werke
der bildenden Kunst
herauslesen ist immer
nur die spezifische Ein-
stellung des Künstlers
nicht nur in Dingen,
sondern der ganzen
Welt gegenüber, die
sich in seiner Darstel-
lung von Form und
Farbe, absichtsvoll od.
nicht, doch irgendwie
niederschlagen muß.
Das rein Anschauliche
ist daher untrennbar
vonWerten.die eigent-
lich jenseits von Form
und Farbe liegen, d. h.
abhängig von der Ver-
körperung abstrakter
Begriffe und Ideen. Die
Werke bildenderKunst
können daher letzten
Endes nicht am rein
Formalen, sinnlich
Sichtbaren ihr Genü-
gen haben, sondern be-
dürfen über die darge-
stellte Anschaulichkeit
hinaus noch einer wei-
teren poetischen Er-
gänzung und Inbezieh-
ungsetzung. — In Pla-
stik und Malerei müs-
sen Vorstellungen ver-
mieden werden, wel-
che den Gesetzen der
Zeitfolge, wie in der
Poesie entsprechen.
Das Wesentliche an-
schaulicher Kunstwer-
ke ist dieKristallisation
des entscheidenden u.
alle Sukzession über-
flüssigmachenden Au-
genblicks. In diesem
einzigen Kristallisa-
tionspunkte muß sich
die Kausalität der Er-
scheinung offenbaren
und mit jener des In-
halts in Eins ver-
schmelzen. DR.A.WEISER