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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 59.1926-1927

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Bredt, Ernst Wilhelm: Die Pflicht, sich durchzusetzen
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https://doi.org/10.11588/diglit.9182#0372

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OTTO WEISSMULLER — BERLIN

»LIEGENDE WEIBL. I?1GUR«

DIE PFLICHT, SICH DURCHZUSETZEN

VON PROF. DR. ERNST WILLY BREDT

Ein jüngerer Künstler hat mir eine große
Reihe seiner Arbeiten vorgelegt. Ich finde
sie hervorragend, höre, daß er sie bisher nur
ganz wenigen gezeigt, daß aber alle etwa meiner
Meinung und erstaunt sind, noch nie von dem
Künstler etwas gehört oder gesehen zu haben!

„Wie geht das zu? Haben Sie noch nie Ihre
Arbeiten ausgestellt?" „Nein." „Hat man Sie
irgendwo zurückgewiesen?" „Nein, ich habe
außer bei einigen kleinen Kunsthändlern noch
nie den Versuch gemacht." Die sagten mir: „Ja,
wenn Sie bekannt wären, würde ich Ihre Werke
sofort ausstellen, aber einem Unbekannten kauft
kein Mensch heute etwas ab." — „Das ist
betrüblich, aber der Geschäftsmann ist nun mal
auf den Verdienst". . „In welcher Künstler-
gesellschaft sind Sie Mitglied?" „In keiner, ich
weiß ja nicht, welche mich aufnehmen würde."
„Haben Sie schon einmal den Versuch gemacht,
eine unserer Zeitschriften für Ihr Werk zu inter-
essieren?" „Nein, das habe ich nie gewagt, ich
möchte mich eben nicht Ablehnungen aussetzen."
„Ja, wenn Sie gar keinen Versuch gemacht, daß
größere Kreise Sie kennen lernen, wie können
Sie da Erfolge erwarten? Das ist doch unmög-
lich." „Sie mögen recht haben, ich finde es
aber unter meiner künstlerischen Würde, wie
ein Geschäftsmann meine „Ware" anzubieten."

„Ich gebe zu, daß das sehr unangenehm ist.
Aber glauben Sie denn, der Komponist würde

Erfolg erwarten können, wenn er nicht seine
Werke den Dirigenten, den Theatern zur Auf-
führung anböte? Und muß das, was Sie nicht
tun wollen, nicht jeder Dichter, jeder Schrift-
steller tun? Ich glaube aber gar nicht, daß Sie
so schwer ankommen würden, wenn Ihr Werk
nur erst da oder dort einmal gesehen worden ist.
Und wenn ich mich freue, zu den ersten zu ge-
hören, denen Sie Ihre Werke zeigen, so muß
ich Ihnen leider den Vorwurf machen, daß Sie
gar nicht den Versuch gemacht, sich durchzu-
setzen. Aber ich glaube mich dazu gerade mehr
berechtigt als ein anderer Kollege, weil ich
mich sehr spät der Kunstgeschichte und dem
Museumsdienst zugewandt, weil ich mich mit
der schwierigen Frage des künstlerischen Er-
folges durch alle Zeiten beschäftigt, und weil
ich selbst Schriftsteller bin, der sehr ungern
seine Arbeiten anderen anbietet, und nach der
Vollendung größerer Werke sich kaum je ent-
schließen kann, nun so etwas wie die Reklame-
trommel zu rühren." „Aha!, Sie scheinen also
zu denen zu gehören, die andern gut raten
können und selbst nicht nach den guten Lehren
handeln wollen! ?" „Weil ich das zugeben muß,
weil ich weiß, wie unangenehm alles sich an-
bieten ist, kann ich raten. . . Ich halte Ihren
Beitritt zu irgend einer künstlerischen Vereinig-
ung für das erste, was Sie jetzt tun sollten." —
„Wissen Sie aber nicht, daß in allen diesen
 
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