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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 59.1926-1927

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Bredt, Ernst Wilhelm: Die Pflicht, sich durchzusetzen
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https://doi.org/10.11588/diglit.9182#0373

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Die Pflicht, sich durchzusetzen

Verbänden schon genug Mitglieder sind,
von denen das eine auf das andere neidisch
ist und deshalb jedem neuen Mitglied den
Eintritt verwehren möchte? Bin ich da
nicht gleich wieder einer Jurierung ausge-
setzt, die ich fürchte, weil ich eben ganz
anders schaffe als jene?" — „Den Versuch
müssen Sie aber machen, wenn er fehl-
schlägt, was liegt daran?" Dann versuchen
Sie's bei einem andern Verband. — Sonst
bahnen Sie sich den Weg, indem Sie eine
Anzahl Ihrer Blätter angesehenen Kunst-
handlungen zur Ausstellung, wenn nicht
zum Verkauf anbieten. — Die Geschäfts-
leute werden nicht viel Sache machen,
wenn nichts zu machen ist. Aber lassen Sie
mich Ihnen zweierlei dazu raten. Kommt
es zu einer Ausstellung, so laden Sie ganz
kurz durch Brief oder Karte alle diejenigen
ein, von denen Sie ein Interesse erwarten
dürfen. Und nach meiner Erfahrung ist das
Schwierigste für den schaffenden Künstler
die Auswahl der für eine erste Ausstell-
ung geeigneten Werke. Einige Freunde,
die Ihr Schaffen kennen und schätzen,
haben Sie ja doch, lassen Sie sich von
einem dieser Freunde, der der Welt nicht
ganz fremd gegenüber steht, die Werke
bezeichnen, die für Ihre Art wohl sehr
charakteristisch, die aber doch am leich-
testen eine Brücke bilden von Gesehenem
zu Ihrer ausgesprochenen Persönlichkeit.
Ich wenigstens habe noch kaum einen
Künstler getroffen, der in solcher Wahl
glücklich war. Erst wer bekannt, darf auch
das anbieten, was zunächst befremdet.
Ähnliches müssen Sie sich merken, wenn
Sie an eine Kunstzeitschrift herantreten.

„Ich danke Ihnen für Ihre Ratschläge,
aber ich muß Ihnen doch wiederholen, daß
mir gar nicht so viel an der Anerkennung
der Menge liegt. Wenn ich nur ein gutes
Gewissen habe und mir sagen kann, das
ist das beste was du schaffen konntest." —
„Aber Sie wollen doch Ihr Werk zu andern,
zu möglichst vielen sprechen lassen und
schließlich wollen Sie doch auch leben."
„Freilich, freilich, deshalb komme ich ja
zu Ihnen." „Also, dann lassen Sie mich
noch mal vom Gewissen reden. Auch mir
gilt beim Schaffen das gute Gehör auf die
innere Stimme als das Entscheidende!
Aber ein Ruhekissen gibt das noch nicht.
Je höher einer steht und je höheres er
schafft, um so rücksichtsloser muß er auch
für sein Werk, seine Tat kämpfen. Erst
dann hat er seine Pflicht getan. e. w. b.

MILLY STEGER—BERLIN. »RÜCKBLICKENDE«

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