goldschmied emil lettre—berlin'
»waxdspjkgel« silber getrieben
EDELMETALL UND JUWELEN VON EMIL LETTRE
Seit Jahrzehnten steht Emil Lettre in der
Welt der Goldschmiedekunst als eine eigen-
willige, eindrucksvolle Erscheinung. Hat man
einmal Arbeiten von ihm gesehen, so haften sie
im Gedächtnis. Nichts Schmelzendes, kaum
Liebenswürdiges ist in seiner Form; eher eine
männliche Herbheit, eine kühne Gewalt, der
Schwung eines kräftigen Naturells. In seinen
Anfängen klingt hie und da eine archaisch spröde
Form an: man spürt, daß Einer hier das Wesen
der kostbaren Stoffe von neuen Voraussetzun-
gen her behorcht, daß er ihnen und ihrer Ge-
staltung wieder „auf den Grund kommen" will.
Da stehen die edlen Metalle und die edlen
Steine unromantisch, klar, fast nüchtern bei-
sammen. Die Wirkung ist fast paradox, weil
nirgends so sehr wie in der Schmuckarbeit unsre
Augen an eine historische, leergewordene Phra-
seologie gewöhnt sind. Diese frühen Arbeiten
Lettres verhalten sich zur üblichen Formsprache
des Schmuckes wie archaische Musik zu der
von Richard Wagner: sie fliehen das Blühende
und Gefühlige, sie sind kernig von Gegenwart
und Objektivität.
Lettres neuere Formen zeigen demgegenüber
Entwicklung. Geblieben ist ihm die tiefe Ach-
tung für das geschöpfliche, naturhafte Eigen-
wesen der Metalle und Juwelen. Wer sein
Büchlein „Kleinodien" (Berlin, Erich Reiß 1922)
kennt, der weiß, wie tief dieses Verhältnis zur
Natur der Dinge weltanschaulich, ja sogar religiös
begründet ist. Dagegen neigen diese neuen
Formen deutlich zu schwungvolleren, gelösteren,
wenn auch stets wuchtigen, wohl gar schweren
Zügen. Er wagt das Einfachste an Aufbau, aber
er gibt ihm das Gewicht der reifen, gleichsam
hochsommerlichen Form. In der Liliengestält
des Hängers, in der Füllhornform der Perlen-
brosche, in dem getriebenen Silberkrug, in den
Kurven der Spiegelumrahmung schwingt sich
die Linie frei und ohne Widerstand aus, Zeug-
nis eines gekräftigten Lebensgefühls, das mit
sich ins Reine gekommen ist und nur noch die
großen, endgültigen Verhältnisse beachtet, g. h.
»waxdspjkgel« silber getrieben
EDELMETALL UND JUWELEN VON EMIL LETTRE
Seit Jahrzehnten steht Emil Lettre in der
Welt der Goldschmiedekunst als eine eigen-
willige, eindrucksvolle Erscheinung. Hat man
einmal Arbeiten von ihm gesehen, so haften sie
im Gedächtnis. Nichts Schmelzendes, kaum
Liebenswürdiges ist in seiner Form; eher eine
männliche Herbheit, eine kühne Gewalt, der
Schwung eines kräftigen Naturells. In seinen
Anfängen klingt hie und da eine archaisch spröde
Form an: man spürt, daß Einer hier das Wesen
der kostbaren Stoffe von neuen Voraussetzun-
gen her behorcht, daß er ihnen und ihrer Ge-
staltung wieder „auf den Grund kommen" will.
Da stehen die edlen Metalle und die edlen
Steine unromantisch, klar, fast nüchtern bei-
sammen. Die Wirkung ist fast paradox, weil
nirgends so sehr wie in der Schmuckarbeit unsre
Augen an eine historische, leergewordene Phra-
seologie gewöhnt sind. Diese frühen Arbeiten
Lettres verhalten sich zur üblichen Formsprache
des Schmuckes wie archaische Musik zu der
von Richard Wagner: sie fliehen das Blühende
und Gefühlige, sie sind kernig von Gegenwart
und Objektivität.
Lettres neuere Formen zeigen demgegenüber
Entwicklung. Geblieben ist ihm die tiefe Ach-
tung für das geschöpfliche, naturhafte Eigen-
wesen der Metalle und Juwelen. Wer sein
Büchlein „Kleinodien" (Berlin, Erich Reiß 1922)
kennt, der weiß, wie tief dieses Verhältnis zur
Natur der Dinge weltanschaulich, ja sogar religiös
begründet ist. Dagegen neigen diese neuen
Formen deutlich zu schwungvolleren, gelösteren,
wenn auch stets wuchtigen, wohl gar schweren
Zügen. Er wagt das Einfachste an Aufbau, aber
er gibt ihm das Gewicht der reifen, gleichsam
hochsommerlichen Form. In der Liliengestält
des Hängers, in der Füllhornform der Perlen-
brosche, in dem getriebenen Silberkrug, in den
Kurven der Spiegelumrahmung schwingt sich
die Linie frei und ohne Widerstand aus, Zeug-
nis eines gekräftigten Lebensgefühls, das mit
sich ins Reine gekommen ist und nur noch die
großen, endgültigen Verhältnisse beachtet, g. h.