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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 59.1926-1927

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Schürer, Oskar: Internationale Kunstausstellung Dresden, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.9182#0155

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INTERNATIONALE KUNSTAUSSTELLUNG DRESDEN

n.

Liegt es nur an der Anlage dieser speziellen
_j Ausstellung, daß sich das moderne Kunst-
schaffen Europas darstellt als eine Auseinander-
setzung von deutschem und französischem We-
sen? Oder dürfen wir in dieser merkwürdigen
— besser symbolischen — Widerspiegelung der
politischen Situation in der Kunst mehr als will-
kürliche Konstruktion der „deutschen" Aus-
stellungsleitung sehen. Wer die Kunst Europas
überblickt, wird der hier gegebenen Disposition
Recht geben. Er wird zugeben, daß viele an-
dere Länder vieles Gute schaffen, — daß aber
die treibende Bewegung sich an diesem Grund-
gegensatz erkennt, daß von ihm aus die Maße
normiert werden, an denen sich europäische
Form hinaufgestaltet.

Und ist dieses Europa die Welt? In der Kunst
ja. Ach, das soll uns kaum mit Stolz erfüllen.
Eher mit Beschämung! Daß unser enges euro-
päisches Wollen Herr geworden über Welten,
die ehedem ihre Götter kannten, ihre Tempel
gebaut. Man schämt sich, — für sich mehr noch
als für das schlummernde Asien, — denn uns
ist es bewußt! — daß jene Welt des Ostens als
einzigen Vertreter einer Kunst von heute den
verpariserten Foujita zu entsenden hat, diese

XXX. Dezember 1926. 1

müde Kompromißnatur aus altem Traum und
heutiger Mondäne, die sich reizvoll auffrisiert.

Oder liegt es doch anders? Ist es nur unsere
europäische Brille, die uns so sehen läßt. Müß-
ten wir uns nur entscheiden, entweder eine
Weltkunstausstellung zu veranstalten — die
dann aber wohl durch ihre innere Heterogenität
unmöglich gemacht würde — oder eine europä-
ische. Und wenn das letztere: — dann ehrlich
sein, und nicht solch Pseudoasien unter „Asien"
rubrizieren, nur um auch diesen Weltteil auf-
führen zu können im Repertoir. Denn wer sagt
uns denn, ob dort nicht unter europäisierten
Krusten altes Stammgut weiterlreibt und Kunst
vollbringt, die wir nicht sehen, weil Zeitpatina
noch nicht verdaulich macht, was Raum und
Rasse entrücken. In Dresden also finden wir
nur Europa. (Denn Amerika zählt nicht: es ist
nur eine sentimentalisierte Neuauflage euro-
päischer Ausverkaufsware.)

Doch innerhalb dieses tatsächlichen Europa
— heißt es nicht: ex Oriente lux. Das ist die
große Enttäuschung auf dieser Ausstellung, daß
aus Rußland, dem heutigen, neuen, modernen
so gar nichts von Bedeutung herübertönt. Dieser
Russensaal ist deprimierend, nicht nur für den,
 
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