Internationale Kunstausstellung Dresden
MARC CHAGALL
»DAME IN WEISSc
GALERIE
FLECHTHEIM
gesagt — so wirklich Neues, Kraftvolles, wie
man es gerade dort erwartet hätte, findet man
nicht. Die vor der Revolution angestauten
Energien wirken noch in der heutigen Kunst.
Das neue Rußland scheint noch lange zu brau-
chen, ehe es konsolidiert genug ist, um von sich
aus eine gültige Kunst zu schaffen. So domi-
niert denn auch heute noch der junge Chagall
— der spätere ist verparisert. Anders Segall,
der in Brasilien zu einer breiten und stilvollen
Wirklichkeitsmalerei gereift ist. Die Gont-
scharowa zeigt merkwürdig harte Dekorativis-
men, Lanskoij — ebenfalls in Paris — beginnt
eine versprechende Entfaltung. Aber aus Ruß-
land selbst — nichts Überzeugendes. Lissitz-
kis Konstruktivismen erschöpfen sich in der
geschickten Raumausstattung des Konstrukti-
vistensaals. Javlensky und Kandinsky sind
ganz in die deutsche Moderne eingegangen.
Schuchajew interessiert, — aber nicht ob
typisch russischer Gestaltung, sondern auch nur
ob der resoluten Aufnahme westlicher Pro-
bleme: räumlicher in „Potiphars Weib", figür-
licher in „drei Köpfe", wo er in der kernigen
Erfassung der Physiognomien erstaunlich an
Runge anklingt. Man spürt: ihm macht das
Persönlichkeitsproblem zu schaffen — inter-
essante Silhouette auf kommunistischer Folie.
Soviel ist sicher — im heutigen Rußland zeigt
sich die Krisis der Malerei am stärksten. Ihre
MARC CHAGALL
»DAME IN WEISSc
GALERIE
FLECHTHEIM
gesagt — so wirklich Neues, Kraftvolles, wie
man es gerade dort erwartet hätte, findet man
nicht. Die vor der Revolution angestauten
Energien wirken noch in der heutigen Kunst.
Das neue Rußland scheint noch lange zu brau-
chen, ehe es konsolidiert genug ist, um von sich
aus eine gültige Kunst zu schaffen. So domi-
niert denn auch heute noch der junge Chagall
— der spätere ist verparisert. Anders Segall,
der in Brasilien zu einer breiten und stilvollen
Wirklichkeitsmalerei gereift ist. Die Gont-
scharowa zeigt merkwürdig harte Dekorativis-
men, Lanskoij — ebenfalls in Paris — beginnt
eine versprechende Entfaltung. Aber aus Ruß-
land selbst — nichts Überzeugendes. Lissitz-
kis Konstruktivismen erschöpfen sich in der
geschickten Raumausstattung des Konstrukti-
vistensaals. Javlensky und Kandinsky sind
ganz in die deutsche Moderne eingegangen.
Schuchajew interessiert, — aber nicht ob
typisch russischer Gestaltung, sondern auch nur
ob der resoluten Aufnahme westlicher Pro-
bleme: räumlicher in „Potiphars Weib", figür-
licher in „drei Köpfe", wo er in der kernigen
Erfassung der Physiognomien erstaunlich an
Runge anklingt. Man spürt: ihm macht das
Persönlichkeitsproblem zu schaffen — inter-
essante Silhouette auf kommunistischer Folie.
Soviel ist sicher — im heutigen Rußland zeigt
sich die Krisis der Malerei am stärksten. Ihre