BENNO ELKAN
Der Lebensgang und das Schaffen des Bildhauers
Benno Elkan — Frankfurt a M. ist in mehreren unserer
Veröffentlichungen dargestellt worden. *) Diesmal
haben wir den Künstler, der auch schriftstellerisch
hervorgetreten ist**), gebeten, selbst einige Äuße-
rungen über seine Kunst zu schreiben.
Das Wesen eines Bildwerkes, undefinier-
bar wie jegliches Mysterium, kann man
nur ahnen, kann unterscheiden, daß es in die-
sem stecke, in jenem nicht, kann es ebenso-
wenig beweisen wie man Gott beweisen kann.
Es ist ein Element allerreinster Art, sofort
erkennbar und niemals zweifelhaft. Ob die Ge-
stalt in weichem Kalkstein mit dem Messer ge-
schnitten ist, ob aus hartem Granit nur bossiert
oder gar zum letzten Ziel scharf poliert, ob sie
in getrockneter Erde gebrannt oder in Metall
gegossen ist, ob ihre Herstellung aus dem Block
von Außen nach Innen strebte oder in weichem
Ton von einem gedachten Kern aus sich den
Raum selbst schuf und ihn prall erfüllte oder
die aus ihm herausschießenden Teile zum ku-
bischen Gehorsam zurückrief — immer strömt
*) »Kunst und Dekoration« April 1012, Jan. 1021, Febr. 1022.
**) »Polnische Nachtstücke«, »Spanien«. Delphin-Verlag.
jenes Unaussprechbare auf und ab, Gesetze bil-
dend, Grenzen sprengend, Richtung erzwingend,
Rhythmus und Harmonie befehlend und zu sich
her bannend. Weder an Material noch an eine
Weise ist es gebunden, es kommt aus dem Un-
bekannten über die begnadeten Hände herge-
strömt — oder es kommt ihnen nicht. Ist es
aber da, so strahlt es nicht nur im Ganzen, son-
dern im kleinsten, allerkleinsten Teile. Und die
abgebrochene Nüster eines chinesischen Tang-
Pferdes ist ebenso erfüllt von seinem Glänze
wie ein gotischer Gewandteil. Wir aber können
es, trotz aller zeitgemäßen Theorien, wie sie auch
heißen mögen, nicht erzwingen. Wir können
nichts anderes, als in Geduld in der Arbeit ver-
harren, damit uns die verwandelte Stunde, wenn
sie kommt, inReinheit vorfinde. Unsere Tätigkeit
ist steter Erwartung gleich und sei ohne un-
ziemliches Drängen. Sie ist eine ruhevolle Un-
ruhe und ein Lächeln ins Gesicht der Wissenden.
Der Bildende hat im allgemeinen, wenn ihm
nicht Aufgaben in Raum und Zweck gestellt sind,
keine genau bestimmte Vorstellung, bevor er be-
ginnt. Er folgt einem urtümlich vorhandenen
Der Lebensgang und das Schaffen des Bildhauers
Benno Elkan — Frankfurt a M. ist in mehreren unserer
Veröffentlichungen dargestellt worden. *) Diesmal
haben wir den Künstler, der auch schriftstellerisch
hervorgetreten ist**), gebeten, selbst einige Äuße-
rungen über seine Kunst zu schreiben.
Das Wesen eines Bildwerkes, undefinier-
bar wie jegliches Mysterium, kann man
nur ahnen, kann unterscheiden, daß es in die-
sem stecke, in jenem nicht, kann es ebenso-
wenig beweisen wie man Gott beweisen kann.
Es ist ein Element allerreinster Art, sofort
erkennbar und niemals zweifelhaft. Ob die Ge-
stalt in weichem Kalkstein mit dem Messer ge-
schnitten ist, ob aus hartem Granit nur bossiert
oder gar zum letzten Ziel scharf poliert, ob sie
in getrockneter Erde gebrannt oder in Metall
gegossen ist, ob ihre Herstellung aus dem Block
von Außen nach Innen strebte oder in weichem
Ton von einem gedachten Kern aus sich den
Raum selbst schuf und ihn prall erfüllte oder
die aus ihm herausschießenden Teile zum ku-
bischen Gehorsam zurückrief — immer strömt
*) »Kunst und Dekoration« April 1012, Jan. 1021, Febr. 1022.
**) »Polnische Nachtstücke«, »Spanien«. Delphin-Verlag.
jenes Unaussprechbare auf und ab, Gesetze bil-
dend, Grenzen sprengend, Richtung erzwingend,
Rhythmus und Harmonie befehlend und zu sich
her bannend. Weder an Material noch an eine
Weise ist es gebunden, es kommt aus dem Un-
bekannten über die begnadeten Hände herge-
strömt — oder es kommt ihnen nicht. Ist es
aber da, so strahlt es nicht nur im Ganzen, son-
dern im kleinsten, allerkleinsten Teile. Und die
abgebrochene Nüster eines chinesischen Tang-
Pferdes ist ebenso erfüllt von seinem Glänze
wie ein gotischer Gewandteil. Wir aber können
es, trotz aller zeitgemäßen Theorien, wie sie auch
heißen mögen, nicht erzwingen. Wir können
nichts anderes, als in Geduld in der Arbeit ver-
harren, damit uns die verwandelte Stunde, wenn
sie kommt, inReinheit vorfinde. Unsere Tätigkeit
ist steter Erwartung gleich und sei ohne un-
ziemliches Drängen. Sie ist eine ruhevolle Un-
ruhe und ein Lächeln ins Gesicht der Wissenden.
Der Bildende hat im allgemeinen, wenn ihm
nicht Aufgaben in Raum und Zweck gestellt sind,
keine genau bestimmte Vorstellung, bevor er be-
ginnt. Er folgt einem urtümlich vorhandenen