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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 59.1926-1927

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Osborn, Max: Ausstellung der Berliner Secession: Herbst 1926
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https://doi.org/10.11588/diglit.9182#0223

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Ausstellung der Berliner Secession, Herbst 1926

Berend, Corinths Witwe und die verständnis-
volle Verwalterin seiner Hinterlassenschaft, in
luftigen neuen Bildern einerfesten Gestaltung des
Figürlichen zustrebt■— wieFranzHeckendorf
und Wolf Röhricht in großen Blumenstücken
eine üppige Natur umdichten — wie der Ost-
preuße Artur Degner den freien Impressionis-
mus seiner temperamentvollenLandschaf tskunst
zubestimmterer Anschaulichkeit zusammenballt.
Das Stoffliche, Materielle desWirklichkeitsbildes
rückt wieder vor und erfreut den Maler.

Dabei fehlt es in der Ausstellung auch nicht
an Betonungen des Gegenpunkts. Gerade durch
den Kontrast heben sich die großen Bilder, die
Robert Genin Anregungen einer Studienreise
nach der Insel Bali dankt, in der dekorativen
Pracht ihrer hellen Farbflächen vorteilhaft und
eindrucksvoll heraus. Man sieht einen Schau-
spieler und eine Tänzerin, die in der Fremd-
artigkeit der bunten Erscheinung und der eigen-
tümlichen Versonnenheit des edlen Ausdrucks

zu einem erstaunlich beherrschten Bildplan
führten. Bedeutsam vor allem wirkt als Aus-
gleich solcher Art Karl Hof er, der mit einigen
anderen Genossen von der einstigen Berliner
„Freien Secession" zum ersten Mal zu diesem
Kreise der Corinth-Gruppe stieß. Jedesmal,
wenn ich neue Bilder Hofers sehe, meine ich:
jetzt hat er die letzte Stufe seiner großen Kunst
des gehaltenen Stils und der endgültigen Aus-
deutung körperlicher Probleme erreicht. Nie,
will mir scheinen, hat er diese Linie so weit
geführt wie in der „Trunkenen Frau", die mit
einem von der Schulter gleitenden rosa Hemd-
chen quer durch den Bildraum schwankt, oder
in der Gruppe der „Gefangenen", die im Kreise
schreitend in niedriger Arbeit die Zeit der Un-
freiheit töten. Nie, denke ich vor mich hin, war
die Einheit von Cezanne'schem Farbenwissen
und innerer Gebundenheit des Kompositionellen
so ineinander gewirkt. Aber ich weiß schon,
— nächstens wird es mir wohl ebenso gehen.
 
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