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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 59.1926-1927

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Osborn, Max: Ausstellung der Berliner Secession: Herbst 1926
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https://doi.org/10.11588/diglit.9182#0227

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LUCIEN AI)RION—PARIS

an die Traditionsmacht der französischen Male-
rei erinnert. Da ist eine „Schlafende Frau" von
A. de la Patelliere: sieht aus wie ein fort-
gesetzter Courbet. Da ist eine Gerichtsszene
„Der Advokat" von G. Alix: Daumier-Erneue-
rung, nicht übel, wenn auch mit Vergröberung.
Da ist ein „Soldatenlager" von Andre Mare:
man denkt gar an Delacroix oder Horace Ver-
net. Mit den Franzosen kamen auch drei der
zarten und kultivierten Bilder des Polen
Eugen Zak, des liebenswerten Künstlers und
Menschen, dessen Tod wir vorm Jahre betrauer-
ten. Mit ihnen auch Chagall, übrigens mit
einer unbeträchtlichen Probe.

Auch deutsche Gäste von außerhalb wurden
gebeten. Eine auffallende Erscheinung ist das
Familienbild des Wieners FerdinandKitt, den
man in Berlin noch nicht kannte. Es ist wohl
er selbst, der auf dem großen Bilde so breit-
beinig als pater familias dasitzt, mit zwei Kin-
dern und mit der Gattin, die im Schoß des Ehe-
herrn wie in einer Hängematte ruht. Noch et-

Ausstellung der Berliner Seeession, Herbst 1926

»KASINO IN LA HAULE«

was gewollt im Aufbau, aber doch prächtig dis-
poniert und malerisch fesselnd. Aus Dresden
und München kamen die überzeugtesten Ver-
treter der neuen Stilprinzipien: W. Lachnit,
Georg Schrimpf, Kanoldt und Mense.

Ganz für sich steht Lesser Ury, 65 jährig
jetzt, doch unverwüstlich und eben wieder durch
eine Studienfahrt nach London, wo er zum ersten
Mal in seinem Leben war, malerisch neu erregt.
Ury hat gegenwärtig in einer Sonderausstellung
in Berlin (im neuen Kunstsalon Wasservogel)
ausführlichen Bericht von seiner Fahrt über den
Kanal gegeben. Zwei der besten Stücke aus
dieser Ernte aber hängen hier in der Secession,
eine Themsebrücke und die Stadt im Nebel.
Wir kennen diese Motive von Turner und von
Monet her. Ury aber hat das wogende Weißgrau
durchaus auf eigene Weise ins Bild gerettet.

Die Plastik spielt in der Secession seit
langem schon mehr die Rolle einer schmücken-
den Beigabe. Doch in aller Bescheidenheit
bringt sie Dinge auf den Plan, die durchaus

XXX. Januar 1927. 2
 
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