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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 59.1926-1927

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L. F.: Wiener Werkstätte
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https://doi.org/10.11588/diglit.9182#0269

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WIENER WERKSTÄTTE

Es ist ein kleiner Kreis von Zwecken und
Objekten, den unsre diesmalige Publikation
von neuen Arbeiten der Wiener Werkstätte
umschreibt. Aber ungebrochen zieht man in
diesen wenigen, erlesenen Objekten den schönen
Formgeist wirksam, der das Erb- und Kerngut
dieses Unternehmens bildet. Man sieht das
edle Metall, das verschwiegene und vornehme
Silber, sich ausschwingen in vollen, klaren Tul-
penformen, bald in hohem Glanz, bald in zarter
Dämpfung, und sieht dazu das pflanzliche Spiel
der Stengel, das zärtliche Beieinander von Blät-
tern und Ranken, das den Ernst der Gefäßform
freundlich mildert. Man sieht die fast sakral
anmutende Ge-
stalt des Tafel-
aufsatzes , bei
dem sich sil-
berne Flächen
und Ranken mit
den Farben ed-
ler Steine und
dem Schimmer
elfenbeinernen
Schnitzwerks
verbinden. Man
sieht die elegant
gespannten Um-
risse der engen
hohen Silber-
vasen , deren
spröde Anmut
sich erst im Zu-
sammenklang ,
mit den Farben
und dem Blatt-
werk feiner Blu-
menkelche ent-
hüllt. Das Mes-
sing darf sich in
reicheren Ent-
faltungen zei-
gen als das Sil-
ber. Der Glanz
der Lichter wird
durch zahlrei-
che Bewegun-
gen der Fläche
gesteigert, die
starke Farben-
wirkung von
Gelb zum Grün
und Weiß der
Pf lanzen kommt

WIENER WERKSTATTE. ORIGINAL-ENTWURF VON GUSTAV KLIMT

zu lebhaftem Sprechen. — In den keramischen
Arbeiten tritt wieder die freie, sinnenfrohe Be-
handlung zutage, die man als Spezialität der
Neuwiener Keramik kennt. Die Anknüpfung
an die Formsprache des Rokoko, die gelegent-
lich zutage tritt, ist keineswegs zufällig: der un-
gebundene, spielfrohe, dem Sinnlichen zuge-
wandte Geist bildet das Verbindungsglied. Man
sieht um diese Dinge her eine ganze Welt ent-
stehen, eine heitere, leichte, freundliche Welt,
in der angenehm und festlich zu leben ist.

Von Gustav Klimt liegt eine Reihe dekorativer
Füllungen, Friese usw. vor, in denen die alte
Ornamentfreude des bekannten Wiener Mei-
sters zum Vor-
schein kommt.
Schade, daß hier
ihr Hauptreiz,
die Farbe, feh-
lenmuß. Ranke,
Blume, farbige
Fläche ist alles,
Schmuck mit
tieferen Hinter-
gründen , eine
wehmütige Me-
lodie , die aus

versunkener
Zeit in unsre
ungastlicheren
Tage herüber-
tönt. — In allen
diesen Dingen
steckt Anmut
undfreundliche,
weise Gelas-
senheit. Davon
macht auch das
kleine Altär-
chen keine Aus-
nahme. Außer-
ordentlich reiz-
voll sind hier alte
Überlieferungen
der Emailmale-
rei wieder auf-
genommen. Ein
ganz eigenarti-
ger Scharm, eine
idyllisch-heitere
Stimmung ist
über das kleine
Kunstwerk aus-
gegossen.....
 
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