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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 59.1926-1927

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Schiebelhuth, Hans: Kunst und Lebens-Festlichkeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.9182#0276

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E. KKITSCHI-WARTNER—MA.N.NH.

»WEISSE FLORSTICKEREI <:

KUNST UND LEBENS-FESTLICHKEIT

Wollte man eine „Seelenkunde" zusammen-
fassend über den Reiz und das Wesen echt
künstlerischer Zeugnisse auf dem breiten Ge-
biet der fraulichen Handarbeits-Betätigungen
schreiben, so wäre man wohl berechtigt, als die
Grundstimmung an Gehalt in diesen zarten und
herben Dingen eine deutliche „Lebens - Fest-
lichkeit" zu erkennen. . Das Rührende und Zau-
berliche an diesen Verlautbarungen, — das durch
die unendliche Beflissenheit des Dargeleisteten
nur noch eindringlicher redet und erregt, — ist:
Wärme und Wohligkeit im Leben, Freude und
Heiterkeit vor der Welt, ein bestrickendes,
lächelndes Behagen, träumerisch und sehr reich
am geheimen Wissen vom Wesen des allmensch-
lichen Daseins. Das ist bei den alten Sticke-
reien und Spitzen etwas Volksliedhaftes; echt
Dichterisches, legendenklares, märchenumspon-
nenes Gefühlsgut, etwas, das aus den allertiefsten
Gründen der Fraulichkeit wie mit Wunderhorn-

Worten zu uns spricht und uns anmutet, etwas,
das uns beflügelt und unsere Gedanken auf
Reisen schickt, daß wir in die Täler und Dörfer
kommen, wo die Wunder dieses Wachstums
erblüht sind, — oder von bunten alten Stra-
minen aufblickend in die freundliche alte Zeit
zurückfinden. . Diese Lebensfestlichkeit wird
bei modernen Arbeiten, wo es sich um die
Leistungen wissender und bewußter Künstle-
rinnen handelt, noch eindringlicher und selbst-
verständlicher. Da ist sie gelöster, freier spie-
lend, finderisch, witzig-artig, kühner und siche-
rer geworden, sie tritt uns mit der Art und dem
Charakter und allen Möglichkeiten des Kunst-
liedhaften an, aber die innere Würde der Sache
ist die gleiche geblieben, nämlich: Lebens-Fest-
lichkeit, jene am meisten gewinnende Tugend,
die die Frau in Welt und Leben, im Rhyth-
mus unseres Heutigen immer bewährt und be-
weist.......... HANS SCHIEBELHUTH.
 
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