Internationale Kunstausstellung Dresden
maurice de vlaminck
MIT GEN. DER GALERIfi PLBCHTHBIH
gemälde »das schloss«
gegen die Picassos auszuspielen. Gewiß: Braque
ist Maler durch und durch, geschmackvollster
Arrangeur, kultur- und formgesättigter Meister
bewährter Werte. Sieht man denn nicht, wie
Braque alles Erkämpfte der letzten Jahrzehnte
aufs behutsamste und zarteste zurückbindet in
die Konventionen des alten Tafelbildes, wie er
alles Heutige durch seine erlesene Koloristik
gleichsam kompensiert, so also der Kleinmeister
par excellence ist. Auch auf seinem großen
„Kamin-Stilleben" aus 1924 (der Sammlung
Reber)! Dagegen Picasso: Vehementer Vorstoß
in immer neue Bereiche, unerbittliche Aufdek-
kung aller heutigen Zwänge und Konstellationen,
harte, unausweichliche, durch keine Gesamt-
koloristik gemilderte Aussage der Formwucht
aller Dinge. Wären die oben vermißten Bilder
zur Stelle, so spürte man noch akuter, unter
welchen Opfern diese künstlerische Entschei-
dung getroffen wurde: Opferung der geliebten
menschlichen Gestalt, um die in Schmerz und
Verzückung diese Jugend kreiste. Ihm nah, doch
von lässigerer Wucht, der Spanier Juan Gris,
den man erst aus diesen — ebenfalls der Samm-
lung des zielbewußten Dr. Reber entstammen-
den Bildern gebührend schätzen lernt. Picassos
junger Freund Togores, auch er ein Spanier,
schichtet seine Bilder in horizontal gelegten
Tiefenlagen, was eigenartige Raumempfindungen
vermittelt: von einer gewissen Lethargie, die
nur manchmal in der gleichfalls horizontal ge-
legten Gegenrichtung (der zweiten Figur) zu
lässiger Spannung sich erhebt. Picassos zwin-
gende Wucht lebt in keinem dieser Freunde.
Sie aber ist Aufgipfelung der in Paris heute trei-
benden Kräfte, entschiedenste Weiterführung
jener Impulse, die vor 5 Jahrzehnten in einigen
Großen aufgebrochen waren.
Diese Franzosenschau allein sicherte der Aus-
stellung schon ihre internationale Bedeutung.
Was wir von andern Ländern hier sahen, um-
rahmt und profiliert sie. Und in den deutschen
Sälen sahen wir eine stichhaltige Überschau über
die große Gegenwelt, die mit der romanischen
in ewiger Auseinandersetzung steht. Daß ge-
meinsame Kräfte sie binden, das zeigt gerade
dies Gegenüber. Es ist die tiefste Berechtig-
ung dieser Ausstellungs-Tat. . . dr. o. schürer.
maurice de vlaminck
MIT GEN. DER GALERIfi PLBCHTHBIH
gemälde »das schloss«
gegen die Picassos auszuspielen. Gewiß: Braque
ist Maler durch und durch, geschmackvollster
Arrangeur, kultur- und formgesättigter Meister
bewährter Werte. Sieht man denn nicht, wie
Braque alles Erkämpfte der letzten Jahrzehnte
aufs behutsamste und zarteste zurückbindet in
die Konventionen des alten Tafelbildes, wie er
alles Heutige durch seine erlesene Koloristik
gleichsam kompensiert, so also der Kleinmeister
par excellence ist. Auch auf seinem großen
„Kamin-Stilleben" aus 1924 (der Sammlung
Reber)! Dagegen Picasso: Vehementer Vorstoß
in immer neue Bereiche, unerbittliche Aufdek-
kung aller heutigen Zwänge und Konstellationen,
harte, unausweichliche, durch keine Gesamt-
koloristik gemilderte Aussage der Formwucht
aller Dinge. Wären die oben vermißten Bilder
zur Stelle, so spürte man noch akuter, unter
welchen Opfern diese künstlerische Entschei-
dung getroffen wurde: Opferung der geliebten
menschlichen Gestalt, um die in Schmerz und
Verzückung diese Jugend kreiste. Ihm nah, doch
von lässigerer Wucht, der Spanier Juan Gris,
den man erst aus diesen — ebenfalls der Samm-
lung des zielbewußten Dr. Reber entstammen-
den Bildern gebührend schätzen lernt. Picassos
junger Freund Togores, auch er ein Spanier,
schichtet seine Bilder in horizontal gelegten
Tiefenlagen, was eigenartige Raumempfindungen
vermittelt: von einer gewissen Lethargie, die
nur manchmal in der gleichfalls horizontal ge-
legten Gegenrichtung (der zweiten Figur) zu
lässiger Spannung sich erhebt. Picassos zwin-
gende Wucht lebt in keinem dieser Freunde.
Sie aber ist Aufgipfelung der in Paris heute trei-
benden Kräfte, entschiedenste Weiterführung
jener Impulse, die vor 5 Jahrzehnten in einigen
Großen aufgebrochen waren.
Diese Franzosenschau allein sicherte der Aus-
stellung schon ihre internationale Bedeutung.
Was wir von andern Ländern hier sahen, um-
rahmt und profiliert sie. Und in den deutschen
Sälen sahen wir eine stichhaltige Überschau über
die große Gegenwelt, die mit der romanischen
in ewiger Auseinandersetzung steht. Daß ge-
meinsame Kräfte sie binden, das zeigt gerade
dies Gegenüber. Es ist die tiefste Berechtig-
ung dieser Ausstellungs-Tat. . . dr. o. schürer.