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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 59.1926-1927

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Barchan, Pawel: Marc Chagall
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https://doi.org/10.11588/diglit.9182#0309

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Marc Chagall

marc
chagall
»hlumen«
19 8 6

Ein Liebling Gottes sitzt der ewig junge Cha-
gall auf Seinen geduldigen Knien und macht
hopp-hopp!, und während die Engel gleich stol-
zen Müttern schmunzeln, und der Liebling Seinen
struppigen Bart zausen darf, läßt Er ihm die
Zauber-Weltkugel der Verspieltheit kreisen.

Ach, diese Weltkugel hat Chagall selber zu-
sammengezaubert und hat den Alten selbst in
das Spiel mit hineingezogen. Diese seine Welt
hat Chagall sich selbst geschaffen, sie ist ihm
voller Glück und Geheimnisse, als Kind taucht
es in sie unter, durchwandert alle Heimlichkeiten
und verläßt sie als weiser, gütiger Greis.
Das „Mannesalter der Reife" hat er über-
sprungen........... barchan.

Inhalt und Form sind im Grunde ein und das-
selbe, sie gehören zusammen wie Frucht
und Schale und entstehen in einem unteilbaren
Schöpfungsakt. Diesen Schöpfungsakt des Bild-
ners zu verstehen, ist für jeden sehr schwer,

der nicht bildnerische Phantasie hat. Und eine
große Zahl der Irrtümer über das Verhältnis von
Kunst und Natur ist die Folge. Die letzte Ge-
neration hat ganz recht gehabt, und es gehört
zu ihren wenigen Verdiensten, daß sie wieder
stark betonte, Nachahmung der Natur sei noch
nicht Kunst. Das ist aber keine neue Weisheit,
sondern sehr alte, die nur eben mit vielen an-
deren das kunstfremde neunzehnte Jahrhundert
vergessen hatte. Der Ausweg, die Natur zu
verzerren oder in das Reich der geometrischen
Formen zu fliehen, den sie wählte, zeigt schon,
daß sie die Grundeigenschaft des Bildners eben-
sowenig besaß, wie die realistische Generation,
die sie bekämpfte. Bildnerische Phantasie sieht
eben ihren Gegenstand garnicht erst als Wirk-
lichkeit, sondern gleich als das Kunstgebilde,
das er werden soll, das heißt, schon so um-
gesetzt, wie es die Mittel eines bestimmten
Handwerks, zu denen auch das Material gehört,
fordern...... fritz stahl »wege zur kunst«
 
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