Die Galerien Thannhanscr im Berliner Künstlerhaus
PAUL
C t Z A N N E
»DIE ZWEI
SCHWESTERN
Daß selbst die akademische Kunst von Paris,
gegen die die Gesamtmasse der Führenden seit
der Romantik revolutionär Sturm lief, Leistun-
gen von Dauer hervorbrachte, daß der feinste
Qualitätssinn auch in diesem offiziellen Betrieb
zu Hause war, lehrt ein Gemälde wie der „Falk-
ner" von Couture, der einst zu den Perlen der
Berliner Galerie Ravene gehörte, und der jetzt
hier wieder auftaucht. Freilich, gegen die herr-
liche Kraft des Naturempfindens, wie sie in dem
„Nußbaum" von Courbet auftritt, den man bis-
her kaum gesehen, gegen die unheimliche visio-
näre Menschenerkenntnis, die Daumier etwa in
dem Juwel dieser „Schachspieler" offenbart,
muß eine solche akademische Probe weit zurück-
stehen. Es steigt abermals die erschütternde
Wahrheit auf, daß alle die Gewaltigen, die von
jener Zeit an die Kunst Frankreichs und damit
die Kunst Europas vorwärts trieben, zuvörderst
Outsider und Empörer waren, um später als
Klassiker verehrt zu werden.
Der Stolz der Thannhauserschen Ausstellung
ist die Reihe ihrer Sonderkollektionen. Da
hängen acht Manets, die es wieder verstehen
lassen, daß die Generation der siebziger und
achtziger Jahre zu diesem Wegbahner wie zu
einem Gott aufblickte. Die Art, wie diese
Frauen so einfach und so berückend aus der
Wirklichkeit ins Bild beschworen wurden, wie
dies Austernstilleben durch die behutsame Har-
monie seiner silbergrauen Töne zu einer Deli-
katesse wurde, mit deren Wohlgeschmack die
Austern selbst nicht mehr wetteifern konnten,
wie in diesen Prachtstücken vom Meer mit
Dampfer und Seglern oder vom Hafen von Bor-
deaux mit seinem Mastengewimmel elemen-
334
PAUL
C t Z A N N E
»DIE ZWEI
SCHWESTERN
Daß selbst die akademische Kunst von Paris,
gegen die die Gesamtmasse der Führenden seit
der Romantik revolutionär Sturm lief, Leistun-
gen von Dauer hervorbrachte, daß der feinste
Qualitätssinn auch in diesem offiziellen Betrieb
zu Hause war, lehrt ein Gemälde wie der „Falk-
ner" von Couture, der einst zu den Perlen der
Berliner Galerie Ravene gehörte, und der jetzt
hier wieder auftaucht. Freilich, gegen die herr-
liche Kraft des Naturempfindens, wie sie in dem
„Nußbaum" von Courbet auftritt, den man bis-
her kaum gesehen, gegen die unheimliche visio-
näre Menschenerkenntnis, die Daumier etwa in
dem Juwel dieser „Schachspieler" offenbart,
muß eine solche akademische Probe weit zurück-
stehen. Es steigt abermals die erschütternde
Wahrheit auf, daß alle die Gewaltigen, die von
jener Zeit an die Kunst Frankreichs und damit
die Kunst Europas vorwärts trieben, zuvörderst
Outsider und Empörer waren, um später als
Klassiker verehrt zu werden.
Der Stolz der Thannhauserschen Ausstellung
ist die Reihe ihrer Sonderkollektionen. Da
hängen acht Manets, die es wieder verstehen
lassen, daß die Generation der siebziger und
achtziger Jahre zu diesem Wegbahner wie zu
einem Gott aufblickte. Die Art, wie diese
Frauen so einfach und so berückend aus der
Wirklichkeit ins Bild beschworen wurden, wie
dies Austernstilleben durch die behutsame Har-
monie seiner silbergrauen Töne zu einer Deli-
katesse wurde, mit deren Wohlgeschmack die
Austern selbst nicht mehr wetteifern konnten,
wie in diesen Prachtstücken vom Meer mit
Dampfer und Seglern oder vom Hafen von Bor-
deaux mit seinem Mastengewimmel elemen-
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