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Badener Lazarett-Zeitung (Nr. 1-58[?]) — Baden-Baden, Juli 1916 - Dezember 1918

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Hefte 43-44, April 1918
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https://doi.org/10.11588/diglit.2827#0259

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ßyrouik.

Au? den Hilseruf Finnlauds hin wurden am S. April
12000 Mann deutiche Truppen anf TammerSsors gelandet.
Zm V<rein mit den Weißen Gaidisten wird es ihnen ficher-
lich pelingen, die Rote Garde endgültig zu befiegen, um
eudlich dem hartgeprüsten Lande den -triedeu zn bringen.
Außer wenigen BondenkLmpfeu in der llkraine ficl im Often,
einschließlich Rumäniens, nichtS vor. Die llnterzeichnung des
FriedensvertrageS dortselbst ist iu BLlde zu erwarte».

Nachdem die Osfeusive der EnglLnder iu Mesopotamiea
zuerst eiuige Erfolge gezeitigt hatle. ist durch das Ein-
greisea deutscher Truppea daS Gleichgewicht dort wi'der
hergefiellt, und die EnglLnder ieginnen fich bereitS zurück-
zuziehen.

Nach wie vor konzentriert fich uuser ganzeS Intereffe
aus di» großen Ereigoiffe im Westen. Nach Erreichung
gewiffer strategischer Ziele trat eine gewifie Pause in den
kriegerischen Overationea eiu, die von unserer HeereSleitung
zur Herdeischaffung der schweren Artillerie, vmgruppiernng
von Truppen und zu sonüigeu wichtigea Vorbereitungen
beuutzt wurde. Am 4. Aprll setzte erneute KampstLtig-
keit cia beiden llsern der Somme und an der Oise ein, wo
unseren Truvpea wieder große Sturmerfolge beschieden
waren, EnglSuder uad Franzosen opsern in überauS bluti»
geu Gegenangriffen nutzlos ihre Truppen. Die Kamps-
haudlungen find in der Eutwicklnng begriffen «nd wir
strhen vor großen Ereigniffea, die wir im Vertranen auf
die PlLne unserer Hcereslcitung crworten dürsen. Die
alleinige Echuld der Eotente an der Fortsetzung des Blut-
vergicßens geht ernevt hervor aus den Enthüllungen deS
Grafen Czernin, denen zufolge im Jahre 1917 sowohl wie
Aafang 1918 Fühlungnahme zwecks Friedvnsverhandlungen
genommen wurde, die doran scheiterten, daß Clemenceau an
der unfinnigen Forderung einer Abtretung Elsaß-LothringenS
an Frankreich s-sthielt.

Htockenstimmen.

Von llntoffz. Ernst Bach, z. Zt. Res.-Laz. Lehrer-
seminar, Freiburg i. Br.

(Aus unserem Vll. Preisiusschreiben.)

Der serbische Feldzug mit seiren ungeheuren
Anstrengungen fstr Mensch und Tier, die aber im
Taumel drs unaufhaltsamen, fiegreichen Vorwärts-
ftürmenS gern und willig ertragen wurden und
über den Siegerfreuden bald vergrflen waren, lag
hinter unS. Hotten wir einen echten, rechtrn, Be-
wegungSkrjeg mitgemacht, so sollten wir auch den
StelluugSkrieg, und zwar gleich ia seintr gewaltig-
sten Form, kenven lernen. — Ununterbrochen tobte
seir acht Wochen die Schlacht vor Verdun' daS ge-
waltige Artillerirfeuer zerrültete unsere Nerven,
stumpfte ab gegen Freud und Leid machte un-
empfindlich gegen alle feineren Rrgungrn und Emp-

findungen der Seele. Jn dem wochen- und mo-
natelang immer gleichbleibendeu, von keinem Sonn-
oder Feiertag unterbrochenen, graufigen Ringen
melhete sich erst leise und schüchtern, dann immer
lauter und stürmischer der sehnsüchtige Ruf nach
Ruhe, nach etnem Stündchen behaglichen AusrnhenS
von der Blutarbeit der vergangenen Wocheu. Ach l
käme doch dir selige Zeit nochmal wieder, wo wir
am Sonntagmorgen unter feierlich-trautem Glocken-
geläute der Heimat dem stillen GotteShauS zupil»
gerten. Ob wir daS je nochmal erleben werden?
Gab eS denn da8 überhaupt roch? Gab r8 Ge»
gevden, die noch in friedlicher Ruhe dalagen uad
deren Gefilde nicht von Granaten zerwühlt waren?

Und plötzlich kam die tückische Krankheit, rasen»
deS Fieber peinigte wochenlang den watirn Körper.
Dem Tod drautzen in Grabe« und Unterstand in
seiner tausendsachen Gestalt war ich glücklich ent-
ronnen, aber ein noch viel grausamerer satz neben
meinem Bett und grinste mich, sem sichereS Opfer,
höhnend an. Der Hals drohte mir zuzuwachse»,
nur mühsam und rasselnd konuten die Lungen die
kostbare Luft einatmen. Tag und Nacht lag ich
da einsam und verlaflen oben im Dachwinkel deS
KriegslazaretteS. als einzigrn Gesellschafter den
kalten Tod neben mir, der gierig nach meinem
jungen Leben griff. Und doch wollte ich noch nicht
sterben, konnte nicht sterben, mit taufend Banden
hing ich noch am Leben. Warum hatte mich drau-
tzen nicht eine Gravate weggeriflen. fchnell und
schmerzloS, warum mutzte ich hier langsam, tropfen»
weise mein Leben von mir geben? Achl wäre ich
nur daheim bei meinem armrn Mütterlein, daS
sich sorgte und grämte über den Sohn, der keine
Karte und keinen Brief mehr schrieh; ach! HLtte
ich nur ein einziges Zeichen der Heimat, der lieben,
teuren, gerne wollte ich dann sterbenl Aber nichts,
gar nichtS, ganz allein drautzen in FeindeSland.
alS Diphtheriekranker oon drn Menschen genneden.
nur hin und wieder das ängstlich-fragevde Geficht
deS WärterS gewahrend. Da grinst wieder der
schaurige Totenschädel über mir. mit seinea dürren
Knochenarmen will er mich faflenl Jch stöhne und
ächze, kalter Schweih steht mir auf der Stirne, ein
Kampf und em Ringen hebt an, schrecklicher und
grausamrr alS drautzen die tobende Schlacht. Da,
horch! WaS ist daS? Ein tiefer, melodischer Glocken»
llang töut an mein Ohr, rin zweiter, dritter folgt.
Gierig, wie rin Ertrinkender nach dem RettungS»
seil, greist mein JavereS nach diesea wundersamrn.

beruhigenden Glockevrönea, Friede und Ruhe ^Ehen
i« die Seele, mein gauzeS Sein ist Horchen und
Lauschen. «nd voll uvd immer voller tönt daS Se-
läute. Nun bin ich ja daheim, daheiw, geborgen
uud ficher und glücklich, zufrieden uvd felig schlummre
ich ein — der Gesnndheit und dem Leben ent-
gegen. - -

Kstergedanken zur achlen
Kriegsanteihe.

Von Gnstad Frensse».

DaS deutsche Volk hat nun fast virr Iahre
lang feive Kräste angrspannt wir nie zuvor und
wie uie ein Volk vor ihm.

Bald vier Jahr lang stand nun seine junge
Mannfchast vor dem Feind, stand in Sräden uvd
spähte und sprang herauS und stürmte v,r und
wagte ihr junges Lebea für daS Land, oder stand
in den Batterien uad bediente treu und tapfer
die Geschütze. immer por Augen, plötzlich mst Eifen»
hagel überworfen, ja gänzlich veruichtet zu werden.

Jmmer wieder. bald vier Jahr lang, stand die
Mannschaft der Flotte ouf dea grotzen uvd kleinen
Schiffen, allein und im Verdand auf ihrer Wacht,
und fuhr hinauS und sucht« den Feind und suchte
Gefahr und Not, und iwmer wieder . . gestern
wiedrr, vorgestern auch . . ziehen seine U-Booie
hinauS . . rS wrht die Flagge und der Wimpel;
sie strhen im Kranz um den Turm und grützen
noch einmal die Heimat.

Jmmer, schon oirr J,hr lang. gehen ste in
die Fabriken, und feuern und schieben, und meflen
und feilen, und faffen und richten: morgenS, wenn
der Tag graut, zur TageSarbeit, abeads, wenn
eS dankelt, zur Nachlschicht. Jmmer, fast vier
Jahre schon, lst der Geist deS BolkeS auf der
Wacht; in den Gemächern der Diplomaten, in den
Stuben der Feloherren, in den SitzungSsÄrn deS
ReichStagS, an den Tischen der Zestungen, in den
RLumen der Magistrate, in den Sälen der Chemikrr
und der Fabiikanten, in den hochgemnten Worten
in ^ien Kocchen, in den Gefängen ia den Schulen»
in den tapfern Briefen und Gebeten der Fraurn,
Mütter uud Kiudrr.

Alle Kräfte, alle . . sind wach in dieser Sturm»
zeü unsrreS BolkeS. Trotz aller inuere« Unrast
 
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