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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 3.1928

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König, Hermann: Der Garten als Kulturerscheinung
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https://doi.org/10.11588/diglit.13709#0080

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HERRENHAUSEN BEI
HANNOVER

Entwurf Lenötre 1718

schaffene Landschaft, die Furttenbach selbst mit
..angenehme Wildnis" bezeichnet. In England
wandte sich Franz Bacon schon 1624 in einem
Essay on the gardens gegen die bisherige architek-
tonische Garlenauffassung und gab bestimmte
Richtlinien für die Schaffung landschaftlicher
Parke, die nach seiner Vorschrift nicht unter
30 Morgen groß sein durften. Repton formu-
lierte seine Auffassung in dem Satz: „Der Park
ist Natur, aber zum Gebrauch und Vergnügen der
Menschen." Addison und besonders Kent, letzte-
rer war ursprünglich Landschaftsmaler, traten mit
Eifer für den Landschaftsgarlen ein. Kent wird
als Schöpfer des Lord Cabham gehörigen Parkes
zu Stowe, des ersten Landschaftsparkes in England,
genannt. Einen gewaltigen Impuls erhielten diese
lastenden landschaftlichen Versuche durch den Be-
richt des englischen Baumeisters und Chinareisen-
den Chambers über die chinesische Gartenkunst.
Wertvoller als dieser Bericht ist für uns heute
die schon erwähnte Schilderung des chinesischen
Ministers Simakuang, die dieser von seinem Land-
sitz gibt. Wir hören hier, daß sein Besitz 20 Mor-
gen groß war und in der Mitte ein Lusthaus
mit einer Bibliothek von 5000 Bänden hatte. Fer-
ner erzählt er von einem See, von Bächen und
Felsen, von ebenen Szenerien mit Blumen und
Kräutern, von einem Zitronen- und Orangenwäld-
chen und schließlich von einem weiteren Pavillon
und einer Weidenallee, die darauf zuführt. —

Fast zur gleichen Zeit, als sich der Landschaf l.s-
garten in England durchsetzte, begannen die
ersten Versuche dieser Art in Frankreich, die vor
allem durch den Rousseauschen Roman ..La
nouvelle Heloise" eine starke Förderung erfuhren.
In dem dann 1774 erschienenen „Essay sur les
jardins" von M. Watelet finden wir schon den
Niederschlag der chinesischen Gartenbeschreibun-
gen von Chambers. Er predigt hier die künst-
liche Garlenromantik, die uns in der Folgezeit

soviel Lächerlichkeiten bescherte und die land-
schaftliche Gartengestaltung einem raschen Verfäll
entgegenführte.

Der Deutsche schien im Landschaftsgarten die
seinem Wesen besonders zusagende Form der Gar-
tengestaltung gefunden zu haben, was unter Be-
rücksichtigung der schon erwähnten innerlichen
Einstellung des Deutschen zum künstlerischen Ge-
stalten überhaupt durchaus erklärlich ist. Hier
bot sich ihm die einzigartige Gelegenheit, seinem
Hang zum spielerischen Schaffen sowie seiner
metaphysischen Einstellung zum Unendlichen
nachzugehen. Der erste landschaftliche Park auf
deutschem Boden wurde 1750 in Schwöbber bei
Hameln geschaffen. Nach zeitgenössischen Schil-
derungen hatte man sich hier in künstlerischer
Romantik und lächerlichen Spielereien geradezu
überboten, und selbst Goethe benutzte dies zum
Anlaß, um die Unnatur dieses Parkes zu verspot-
ten. In rascher Folge entstanden nun eine ganze
Anzahl landschaftlicher Parks auf deutschem
Boden. Professor C. C. L. Hirschfeld führte in
seiner 1780 erschienenen sechsbändigen Theorie
der Gartenkunst eine Menge von Slimmungsregu-
latoren an, die dazu dienen sollten, dem Garten-
bild einen heiteren, feierlichen, romantischen und
sanft melancholischen Charakter zu verleihen. Der
Grundzug jener Zeit war ja ausgesprochen rühr-
selig, hören wir doch von Jung Stilling, daß sich
auch Männer bei jeder Gelegenheit weinend in die
Vrine fielen, weshalb es kein Wunder war, wenn
auch die Kunstäußerungen jener sentimentalen
Zeitströmung entgegenkamen. Eine große Anzahl
landschaftlicher Parkschöpfungen, die uns jedoch
auch heute — inzwischen verschiedener Monstro-
sitäten entkleidet — noch mancherlei zu sagen
haben, entstanden damals. So das Seifersdorf er
Tal bei Dresden, der Park zu Wörlilz bei Dessau,
Laxenburg bei Wien, der Schloßpark von Weimar,

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