Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Gartenkunst — 11.1909

DOI Artikel:
Schneider, Camillo: Über die landschaftliche Gartengestaltung von heute: kritische Rück- und Ausblicke
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.49259#0107

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
XI, 6

DIE GARTENKUNST.

103

Effekte erzielt. Hierauf spe-
ziell hoffe ich später ein-
mal zurückkommen zu kön-
nen, oder vielleicht hat der
Herr Graf selbst die Güte,
einmal in der „Gartenkunst“
über das Thema „Stauden
im Parke“ das Wort zu
ergreifen. Wie wichtig die
Verwendung der Stauden
ist, lehrt Pruhonitz in über-
zeugender Weise, und unsere
Gesellschaft möchte vor
allem auch zur Verbreitung
von diesen Gewächsen an-
regen.
Es ist heute keineswegs
meine Absicht, den Pru-
honitzer Park als Kunstwerk
kritisch zu besprechen. Ich
will lediglich ihn als einen
Markstein in der Entwicke-
lung der heutigen Gartenkunst bezeichnen, als ein
Werk, das einem jeden, der es gründlich studieren
kann, unendlich viel sagt. Hier in Pruhonitz habe ich
sehr viel Anschauungsunterricht genossen, zumal als
ich die Photos aufnahm, die unserer Gesellschafts-
Publikation beigegeben sind, die aber in keiner Weise
das erschöpfen, was dieser Park uns zeigt.
Ich habe auch in Pruhonitz manches gefunden,
was meinen persönlichen Anschauungen nicht zusagt.
Aber ich habe, wenn ich dort bin, immer das Gefühl,
daß eine künstlerische Persönlichkeit alles geschaffen
hat, daß Einheitlichkeit in dem Ganzen liegt -— und
das ist ja eine Hauptbedingung eines Kunstwerkes.
Idealwerke gibt es nicht und kann es in der Kunst
nicht geben, vor allem nicht in der Gartenkunst.
Soviel ich weiß, hat sich der
Schloßherr von Pruhonitz nie mit
historischen Studien der Garten-
kunst befaßt und kennt weder
die englischen Parkanlagen, noch
Sckells und Pücklers Schöpfungen,
noch kannte er bis vor kurzem
das Langesche Buch und damit
also die naturwissenschaftliche Gar-
tenkunst-Theorie der Neuzeit. Um
so interessanter war es mir, zu
sehen, daß Graf Silva Tarouca
ganz ähnliche Wege geht, wie sie
seinerzeit Fürst Pückler beschritten
hat. Beide sind geborene Garten-
künstler, die sich ihre Technik
selbständig im Laufe von Jahr-
zehnten erworben haben. Jeder auf
seine Weise. Und es zeigt sich in
Pruhonitz von neuem, daß eben
die Technik erst in zweiter Linie

kommt und daß angeborene
und durch Übung geschulte
und gefestigte künstlerische
Fähigkeiten das Wesentliche
sind. Graf Silva Tarouca
hat nie einen Plan gezeich-
net, aber das Bild der künf-
tigen Anlage immer im
Geiste plastisch vor sich ge-
sehen. Der der Publikation
beigegebene Plan ist erst
während des Druckes in aller
Eile hergestellt worden, um
wenigstens einigermaßen die
Situation im Grundriß zu
zeigen. Wer zu sehen ver-
steht, wird schon an der
Art der Wegeführung sehen,
daß die Wege nicht erst auf
dem Plane entworfen und
dann danach abgesteckt wur-
den, sondern daß sie sich
den Erfordernissen gemäß dem Gelände anpassen.
Daß die Wegeführung in Pruhonitz sehr praktisch ist,
habe ich zahllose Male erproben können.
Gerade der Park in Pruhonitz hat mich wieder
außerordentlich angeregt, über Langes Theorien nach-
zudenken und zu untersuchen, ob sie vom künstleri-
schen Standpunkte aus haltbar sind. Da ich Lange
in vieler Hinsicht sehr schätze und da ich, wie ich glaube,
ziemlich energisch für die von ihm angestrebte Ver-
tiefung der Gartengestaltung durch die Naturwissenschaft
eingetreten bin, möchte ich heute meine Stellung zu
Langes Buch etwas näher präzisieren und damit einige
Worte über die Landschaftsgestaltung überhaupt sagen.
Sogleich als W. Langes erster mir bekannter Ar-
tikel im April 1900 in der „Gartenwelt“ erschien, mit


Harry Maaß, Stuttgart: Straßenmotiv mit Vorgarten.


Harry Maaß, Stuttgart: Motiv am Eingang zum Hause.
 
Annotationen