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Hr. 11.

HEIDELBERGER

1850.

JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
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La Revolution du 24. Fevrier par M. Dunoyer, Conseiller d'etal et
Membre de rinstitut, Paris Guillarmin. 1849.
Der vernünftige Zweck einer guten Verfassung kann kein anderer
seyn, als die rechtmässige Freiheit Aller und eines Jeden unter den
Schutz der Gesetze zu stellen und gegen jede Gefährdung durch Will—
kühr zu bewahren. Wie vermöchte aber auch die freisinnigste Verfas-
sung diesen Zweck zu erreichen, wenn neben ihr eine bureaukratische,
alle Zweige des gesellschaftlichen Lebens umschlingende Verwaltung aus
der allgemein verbreiteten, falschen und grundverkehrten Ansicht hervor-
gewachsen ist: dass der Beruf und die Aufgabe der Staatsregierung we-
sentlich darin bestehe, die Privatinteressen der verschiedenen Klas-
sen und Körperschaften im Staate zu befriedigen. Vorzüglich diese über-
all vorherrschende Ansicht hat das Ungethüm der Bureaukratie erzeugt
und grossgezogen und diese kann nun ihre Herrschaft nur dadurch auf-
recht halten, dass sie jene Ansicht beständig unterhält und ihr auf alle
Weise zu genügen sucht. Daraus entstehen unvermeidlich zwei grosse
üebelstände, die dem Staat nothw’endig Verderben bringen müssen. Er-
stens wird der Sinn für das Gemeinwohl ganz von dem Streben nach
Befriedigung der zahllosen Privatinteressen verdrängt und verschlungen,
mithin die Bürgergesinnung von Grund aus verderbt, und die Verfassung
selbst zu einem blossen Mittel zu selbstsüchtigen Zwecken in schnöder
Weise herabgewürdigt, indem die Wahlen in die Volksvertretung und
die Stellung in dieser ganz oder doch hauptsächlich nur nach dem Im-
puls von Privatinteressen benutzt und ausgebeutet werden. Zu dieser
Corruption gesellt sich zweitens eine immer zunehmende Steigerung
der Staatsausgaben, die theils aus dem der Regierung abgedrungenen
Streben, die unersättliche Begehrlichkeit derjenigen, die den Staat als ihre
Melkkuh betrachten, zu befriedigen, theils aus der immer anwachsenden
Vermehrung der Glieder der Bureaukratie selbst hervorgeht, wodurch
die Lasten des Volks so drückend werden, dass sie einen stets wach-
senden Missmuth in demselben erregen müssen. Wenn nun diese Stei-
gerung der Volkslasten sowohl als jene Corruption der Gesinnung in al-
len Schichten der Gesellschaft von den Organen der öffentlichen Meinung
der Regierung zur Schuld gerechnet wird, was liier fast immer der Fall
XLIII. Jahrg. 2. Doppelheft. 11
 
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