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Ur. 53.

HEIDELBERGER

1850.

JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
L. ~ - i ; bU
Hinrichs t Geschichte der Rechts- und Staats-
principien.

(Schluss.)
Es giebt also nach Grotius unmittelbare (offenbarte) und mittelbate
Gebote Gottes, die ersten stammen aus seinem freien, willkürlichen Willen,
die zweiten, das Naturrecht, nicht; denn diese folgen nothwendig aus der
Natur des Menschen, Gott muss sie also wollen, weil er den Menschen
so gewollt hat, Deus vult quia iusta sunt, sagt Grotius Lib. 1. c. 1. § 15.
und sie unterscheiden sich so von Gottes willkührlichen (offenbarten) Ge-
boten quae iusta sunt quia Deus voluit. Gott kann auch die Gebote des
Naturrechts, nachdem die Menschennatur einmal diese bestimmte ist, so
wenig ändern, behauptet Grotius (Lib: 1. c. 1. §. 10. n. 5.), als er
machen kann, dass zwei mal zwei nicht vier sei. Nun sehe man, was
bei dem Verf., der doch die hier einschlagenden Stellen des Grotius meist
in den Noten wörtlich citirt, aus den Gedanken jenes Autors geworden
ist. Den wichtigen Unterschied des ius naturae sociale (auf dem Socia-
litätsprincip beruhend) und des i. n. im weiteren Sinne ignorirt H. gänz-
lich, aus dem ius n. sociale macht er ein „natürliches Recht der
Gemeinschaft“ und das bei Grotius vom Naturrecht so deutlich un-
terschiedene jus divinum vermengt er mit jenem.
Ich bedaure, dass der Raum hier zu eng sein würde, um die auf
S. 84 befindliche unverantwortlich verkehrte Darstellung der Eintheilung
des Naturrechts bei Grotius gehörig aufzuzeigen. Es möge genügen ein
Stück, aber ein Kabinetsstück, anzuführen. Grotius sagt Lib. 1. cap. 1.
§. 9, nachdem er zwei Bedeutungen von jus erörtert: est et tertia iuris
significatio, quae idem valet quod lex, quoties legis vocabulum largissime
sumitur, utsit regula actuum moralium, obligans ad id quod
rectum est, zu deutsch: Drittens bedeutet Recht Regel des Handelns. Hören
wir den Herrn Verf. S. 84: „Es giebt noch ein drittes, das moralische
„Handeln, welches den Menschen zu thun verpflichtet, was recht ist.“
In der Note citirt er noch dazu die Worte regula actuum moralium etc.
Ich wende mich zum zweiten Band und vorzugsweise zu der Dar-
stellung der Lehre Pufendorfs.
XLIII. Jahrg. 5. Doppelheft.

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