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Br. 37. HEIDE IBER GER 1SS0.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Lateinische und griechische Messen aus dem zweiten bis sechsten Jahr-
hundert. Herausgegeben von Franz Joseph Hone, Archiv-
director zu Karlsruhe. Mit einer Schrifttafel. Frankfurt a. M.
Verlag von Carl Bernhard Lizius. London. Williams $ Norgate.
Paris. A. Frank. 1850. 170 S. 4.
Die Messe der katholischen Kirche hat nicht blos ein theologisches,
sondern nicht minder ein allgemeines historisches, antiquarisches und ästhe-
tisches Interesse. So wird es denn auch schon deswegen keiner weitern
Erklärung oder Rechtfertigung bedürfen, dass ein Gelehrter, welcher nicht
Theolog von Fach ist, dieses Werk herausgibt, noch dass gleichfalls ein
Laie dasselbe hier anzeigt; ebenso werden wir überhaupt auch äusser dem
Kreise der Theologen für jenes Werk Leser vorauszusetzen oder zu for-
dern berechtigt sein. Hinsichtlich jenes allgemeinen historischen und an-
tiquarischen Interesses bedenkt man vielleicht nicht genug, dass überhaupt
von allen Institutionen, welche aus frühem Perioden bis zur Gegenwart
sich erhalten haben, ja dass überhaupt von allen Handlungen und Gebräu-
chen des öffentlichen Lebens, welche vor uns vorgehen, die Liturgie der
katholischen Messe bei weitem das Aelteste ist. Das jetzige römische Mis-
sale rührt doch bekanntlich von Gregor dem Grossen her und geht somit
in das sechste Jahrhundert zurück; aber ein grosser Theil dieser liturgi-
schen Gebete lässt sich urkundlich als schon im dritten, ja zweiten Jahr-
hundert in Uebung nachweisen. Staaten und Verfassungen in so grosser
Anzahl sind gekommen und verschwunden; Sprachen und Sitten, alle übri-
gen innern und äussern Zustände haben sich vielfältig umgestaltet.* diese
liturgischen Gebräuche und Gebete haben sich als ein lebendiges Denkmal
längst verflossener Jahrhunderte erhalten. In kunstgeschichtlicher und
ästhetischer Hinsicht liesse sich eine Menge von Beziehungen zur christ-
lichen schönen Kunst nachweisen, wie diese in frühem Jahrhunderten sich
entwickelte, ehe sie durch äussere ungünstige Umstände gehemmt und
irrgeleitet wurde. Eine der interessantesten unter diesen Beziehungen ist
der Zusammenhang der religiösen dramatischen Poesie mit Theilen der
Messe, wie dieses vor kurzem durch Clement in Didron’s Annalen (Bd.
VII. J nachgewiesen worden ist. Welche Fülle und welcher Wechsel aber
Yon Empfindungen für die Tonkunst darstellbar in der Messe enthalten
XLIII. Jahrg. 4« Doppelheft. 37
 
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