Nr. 32.
HEIDELBERGER
1850.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Pertz: Ixcben des ^Ministers Freilierrn von Stein»
(Schluss.)
Der achte Abschnitt entwickelt die traurigen Begebnisse vom Septem-
ber 1806 bis Jänner 1807, die Unfälle und den fast vollendeten Sturz der
preussischen Monarchie; er gibt manche seltene, zum Theil unbekannte Nach-
richten. S t e i n, im unaufhörlichen Kampf mit der Schwäche, Halbheit und In-
trigue, musste endlich weichen; er forderte und bekam am 3. Jänner 1807 den
Abschied. „Da Höchstdieseiben“, lautete neben anderm das Schreiben an
den, von der alten Camarilla beherrschten König, „mich für einen wider-
spänstigen, trotzigen, hartnäckigen und ungehorsamen Staatsdiener anse-
hen, der, auf sein Genie und seine Talente pochend, weit entfernt, das
Beste des Staats vor Augen zu haben nur durch Capricen geleitet, aus
Leidenschaft und persönlichem Hass handelt: — so muss ich E. K. M.
um meine Dienstentlassung bitten.“ Der König gewährte, der Minister
kehrte, von allen Patrioten tief bedauert, gen Nassau zurück; (jS. 395)
fand aber hier nur etliche Monate lang Musse für Privatgeschäfte. Denn
das herbe Unglück Preussens, durch den Tilsiter Frieden vollendet,
lenkte nach dem Sturz des engherzigigen Cabinets den Blick des Königs
und seiner neuen Räthe, vor Allen Harden berg’s, wiederum auf Stein
als die Hauptstütze des wankenden Throns und den durch Geist und Cha-
rakter berufenen Träger durchgreifender Reformen. „Sie allein“, schrieb
ihm Graf Finkenstein aus Wien, werden im Stande sein, mit kräf-
tigem Arm das Ungeziefer der Selbstsüchtigen, der Verräther, und, was
eben so schlecht ist, der Dummköpfe auszurotten, welche den Staat bis
in seine Grundlagen untergraben haben und die vorzüglichste Ursache
unsers Verderbens sind“ fS. 456). — Uneingedenk früherer Unbilde
und Undankbarkeit nahm der edle Mann ohne Zusatz einer Bedingung
den Ruf an und begab sich, von einer schweren Krankheit wiederher-
gestellt, Anfang Septembers auf die Reise nach Memel, um das müh-
selige und selbst gefahrvolle Werk der Wiedergeburt Preussens zu be-
ginnen. An diesem Wendepunkte bricht das zweite in drei Capitel getheilte
Buch ab. Möge der Verfasser recht bald die Fortsetzung, welche gerade
den wichtigsten Gegenstand, die politisch - reformatorische Wirk-
XLIII, Jahrg. 4. Doppelheft. 33
/
HEIDELBERGER
1850.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Pertz: Ixcben des ^Ministers Freilierrn von Stein»
(Schluss.)
Der achte Abschnitt entwickelt die traurigen Begebnisse vom Septem-
ber 1806 bis Jänner 1807, die Unfälle und den fast vollendeten Sturz der
preussischen Monarchie; er gibt manche seltene, zum Theil unbekannte Nach-
richten. S t e i n, im unaufhörlichen Kampf mit der Schwäche, Halbheit und In-
trigue, musste endlich weichen; er forderte und bekam am 3. Jänner 1807 den
Abschied. „Da Höchstdieseiben“, lautete neben anderm das Schreiben an
den, von der alten Camarilla beherrschten König, „mich für einen wider-
spänstigen, trotzigen, hartnäckigen und ungehorsamen Staatsdiener anse-
hen, der, auf sein Genie und seine Talente pochend, weit entfernt, das
Beste des Staats vor Augen zu haben nur durch Capricen geleitet, aus
Leidenschaft und persönlichem Hass handelt: — so muss ich E. K. M.
um meine Dienstentlassung bitten.“ Der König gewährte, der Minister
kehrte, von allen Patrioten tief bedauert, gen Nassau zurück; (jS. 395)
fand aber hier nur etliche Monate lang Musse für Privatgeschäfte. Denn
das herbe Unglück Preussens, durch den Tilsiter Frieden vollendet,
lenkte nach dem Sturz des engherzigigen Cabinets den Blick des Königs
und seiner neuen Räthe, vor Allen Harden berg’s, wiederum auf Stein
als die Hauptstütze des wankenden Throns und den durch Geist und Cha-
rakter berufenen Träger durchgreifender Reformen. „Sie allein“, schrieb
ihm Graf Finkenstein aus Wien, werden im Stande sein, mit kräf-
tigem Arm das Ungeziefer der Selbstsüchtigen, der Verräther, und, was
eben so schlecht ist, der Dummköpfe auszurotten, welche den Staat bis
in seine Grundlagen untergraben haben und die vorzüglichste Ursache
unsers Verderbens sind“ fS. 456). — Uneingedenk früherer Unbilde
und Undankbarkeit nahm der edle Mann ohne Zusatz einer Bedingung
den Ruf an und begab sich, von einer schweren Krankheit wiederher-
gestellt, Anfang Septembers auf die Reise nach Memel, um das müh-
selige und selbst gefahrvolle Werk der Wiedergeburt Preussens zu be-
ginnen. An diesem Wendepunkte bricht das zweite in drei Capitel getheilte
Buch ab. Möge der Verfasser recht bald die Fortsetzung, welche gerade
den wichtigsten Gegenstand, die politisch - reformatorische Wirk-
XLIII, Jahrg. 4. Doppelheft. 33
/