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Nr. 30. HEIDELBERGER USO
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

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Report on the early hislory and progress of anaesthetic Midwifery by Prof. Simp-
son. Edinb. i849.
Bei der Erregung einer künstlichen Anästhesie während der Geburt oder
Entbindung kam man leicht zu den Fragen: Welchen Einfluss übt die Nar-
kose durch Schwefeläther oder Chloroform auf die Gebärmutter? Werden die
Bewegungsnerven des Uterus bei eingetretener allgemeiner Unempfindlichkeit
nicht in einen Lähmungszustand gerathen? Wird nicht die Bauchpresse para-
lysirt werden, da mit dem Eintritte der Anästhesie die Muskeln der willkürli-
chen Bewegung lähmungsartige Erscheinungen zeigen? Auf die Autoritäten von
Harvey, Delamotte, Smellie etc. gestützt, suchte schon Haller zu be-
weisen, dass die Geburt vor sich gehen könne bei einer Kreissenden „ignara
stupida et sopita et immobili et apoplectica et epileptica et convulsionibus agi-
tata et ad summum debili“, und neuere Beobachtungen thun dieses bis zur Evi-
denz dar. Die Beobachtungen von Simpson, Paul Dubois, Smith, Stoltz,
Roux, Martin etc. sprechen dafür, dass bei der künstlichen Anästhe-
sie durch Schwefeläther oder Chloroform die Bewegungsfähigkeit des Uterus
nicht beschränkt, sondern in einzelnen Fällen sogar verstärkt wird. Eduard
v. Siebold und Grenser haben dagegen in einigen Fällen einen Nachlass
und Stillstand der Wehen und eine auffallende Verminderung der Thätigkeit
der Bauchpresse nach künstlicher Narkose wahrgenommen. Simpson, der
Panegyriker der Anästhesie in der Geburtshülfe, liefert in dem vorliegenden
Schriftchen seine und Anderer Erfahrungen über die günstigen Erfolge der
Anwendung des Aethers und Chloroforms bei gesundheitgemässen und fehler-
haften Geburten. Leider! theilt er die nachtheiligen Wirkungen des Gebrauchs
derselben nicht mit. Wir erhalten hier das Ergebniss von 150 Fällen, in wel-
chen unter Anwendung der Einathmung von Schwefeläther oder Formylchlorid
die Geburt vollendet wurde. Von den 150 Kindern kamen 149 lebend und 1
(in faulem Zustande) todt zur Welt. Nur 1 Kind starb in den ersten Wochen
(an Blausucht) und 1 Kind litt an Hirnreizung. In dem Zustande der Anästhesie
der Kreissenden wird die Herzthätigkeit des Fötus fast gar nicht oder nur sehr
wenig vermehrt. Die Anästhesie wurde in einzelnen Fällen bis zu 6 Stunden
und länger unterhalten und zwar, nach Simpson’s Angabe, ohne Nachtheil
für Mutter und Kind. Weder Erschöpfung, noch nervöse Niedergedrücktheit,
noch Gefässaufregung der Mutter will derselbe nach solchen Entbindungen wahr-
genommen haben. Simpson versichert vielmehr, dass er seit der Anwendung
der genannten Einathmungen weniger Puerperalcomplicationen und ein rasche-
res Erholen der Wöchnerinnen beobachtet habe.
Das Schwierigste bei der Anwendung des Schwefeläthers und Chloro-
forms ist die Bestimmung des zu bewirkenden Grades von Anästhesie in den
XLIII. Jahrg. 3. Doppelheft. 30
 
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