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322 Kirchenrechtliche Schriften von Beidtel, Pachmann, Schimko.
die Unsittlichkeit auch in Öffentlichen Angelegenheiten vor sein Gericht zu
ziehen, und gleichsam vermittelnd einzuwirken; die Könige wollten, wie
sie sich die Sache im Geiste jener Zeit dachten, keine Vasallen des Pab-
stes seyn; Frankreich erklärte, dass es in seinen Temporalien vom Pabst
unabhängig sei, dass es über den Begriff „Temporalien“ selbst zu richten
habe, und die Völker mit der Wissenschaft liessen sich auf diesen Unter-
schied wirklich ein, welcher ein Zankapfel wurde für alle Zeiten. Das
Resultat war, dass man der kirchlichen Ordnung am Ende Nichts übrig
liess, bis auch hier wieder den Katholiken die Augen sich öffneten. Aus
diesem Zustande sich herauszufinden, und, wie man sagt, der Kirche ihre
Freiheit zu geben, ist sehr schwer, und vor der Hand kaum möglich;
eines Theils heisst dies keineswegs, vom Staate sich direct trennen, an-
dern Theils aber will die in Deutschland vorherrschende protestantische
Kirche diese Freiheit nicht einmal, weil in ihrem System, weiches äussere
Legalität und innere, den Staat Nichts angehende Moralität streng unter-
scheidet, regiert wird, und auch die Staaten sich dabei theilweise Wohl-
befinden, und das anderemal, weil die protestantische Kirche der katholi-
schen gegenüber zu verlieren glaubt. Die Veränderung der Dinge müsste
allein von einem grossen Staate ausgehen, und diese Bestimmung ist kei-
nem andern Reiche bewahrt, wie Oesterreich.
Die Ereignisse in Frankreich bilden den Vorläufer, wie sie lei-
der auch früher den Vorläufer gebildet haben, und was sich
hier von selbst macht, kann nur durch die Hilfe des Staats in Deutschland
geschehen. Wir wessen zwar sehr wohl, wie in Oesterreich das schrift-
führende Volk unserer Ansicht zuwider ist; allein dort vermag die Presse
das nicht, was sie in dem übrigen Deutschland vermag, und einem grossen
Staate wie Oesterreich ist leicht die Gewalt gegeben, die katholische Kirche
zu befreien, ohne dass es von seiner Regiminalgewalt Etwas verliert. Die
katholische Kirche weiss auch zu gut, dass ihre Blüthe immer einen Ge-
gendruck voraussetzt, aber eben der Geist der Politik, die aufrichtig den
Frieden will, ruht darin, den Gegendruck, der eine unfriedliche Missstim-
mung veranlasst, aufzuheben.
Nach diesen Voraussetzungen mag es uns erlaubt seyn, einige Bücher
hier anzuzeigen, welche im vorigen und laufenden Jahre in Oesterreich
erschienen sind.
jp Untersuchungen über die kirchlichen Zustände in den kaiserl. öster-
reichischen Staaten von Dr. Ignaz Beidtel. Wien, 1849.
2) Das canonische Recht, betrachtet nach dem Standpunkte des Staats-
rechts, der Politik, des allgemeinen Gesellschaftsrechts und der seit
 
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