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Br. 25. HEIDELBERGER 1850.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Gardner’» Reisen in Brasilien.

(Schluss.)
Sehr anziehend ist die Schilderung von March’s Fazenda, eine
vier und sechzig Quadrat-Meilen umfassende Besitzung, meist noch Urwald,
der gelichtete Theil aus Weideland bestehend und aus mehreren kleinen
Meiereien zum Anbau von Mais, Kartoffeln u. s. w. In der Nähe seines
Hauses hat Hr. March einen grossen Garten, wo fast sämmtliche euro-
päische Früchte und Gewächse gezogen werden. Gardner und sein
Reisegenosse, der russische Gesandte am brasilianischen Hofe, Hr. von
Lomonosoff, erreichten die Fazenda am Christtage und fanden alle
Sklaven der Besitzung, ungefähr hundert, mit den neuen Kleidern ange-
than, die sie am Tage vorher erhalten hatten, zu einem festlichen Tanze
vor dem Hause versammelt. Der Umstand, dass eine junge Sklavin
nicht lange vor Ankunft unseres Verfasser von einer giftigen Schlange
war gebissen worden, veranlasst diesen zu manchen Mittheilungen über
die Schlangen des Landes, die Wirkungen ihrer Bisse, die Unbe-
kanntschaft Eingeborner mit Heilmitteln, über deren Glauben an Zau-
bersprüche u. s. w. (I. 58—64}. Die ungeheueren Wälder des Orgel-
Gebirges haben eine Thierwelt aufzuweisen, welche eben so mannigfaltig
seyn dürfte, als die Gattungen der Pflanzen-Schöpfung. Unter andern
sind Tapire sehr gewöhnlich und Affen gibt es in üeberfluss, von den
vielarligen Vögeln zeichnen sich nicht wenige durch ihre prächtigen Far-
ben aus u. s. w. Unsere Wanderer besuchten mehrere andere Fazendas
in der Umgebung der March’sehen und wurden auf diese Weise in das
brasilianische Familien-Leben eingeführt. Die Wirthin in einer jener Be-
sitzungen erzählte, sie sey in ihrem zehnten Jahre schon Gattin und im
elften Mutter gewesen. Die Frau war damals fünf und vierzig Jahre alt
und hatte nicht weniger als fünf und zwanzig Entbindungen gehabt, da-
runter zehn Fehlgeburten. Die erhabensten Gipfel des Gebirges, viertau-
send Fuss höher als March’s Wohnhaus, liess Gardner nicht uner-
stiegen, besonders in der Abischt, Pflanzen zu sammeln. Er fand namentlich
Bambus, deren Wachsthum hier ein besonders schnelles, von sechs Zoll
im Durchmesser und von achtzig bis hundert Fuss Höhe, ferner eine grosse
XLIII. Jahrg. 3. Doppelheft. 25
 
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