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Donnerstag, den 24. Iuli 1919

Heidelberger Zeitung — Nr. 169

SeUage

DeutMSanös innere unö äußere politik

Weimar, 23. Juli.

Präjident Fehrcnbach eröffnet die Sitzung um
10.25 Uhr. Einziger Eegenstand der Tagesord-
nung: Entgegennakme einer Erkläruna der Reicks-
regierung.

Ministerpräsident Bauer

Mcine Damen und Herren! Sie haben vor 14
Tagcn unter dem Zwange der Weltlage den
Fr'ledensvertrag ratifiziert. Damtt
ist eine Epoche abgeschlossen. die den gewaltigen
Aufstieg Deutschlands und seinen tragischen Zu-
sammenbruch umfatzte. Der bitterste Augenblrck
mutz uns Veranlassung geben, die Bilanz unserer
Lage zu ziehen, mehr aber noch

die künftige Marschroute

zu bestimmen. die für die deutsche Republik sich
ergibt.

Arbeit in der Erfüllung des Vcrtrages und
Wiederaufbau unseres zusammengebrochenen Vol-
kes, unserer zertrümmcrten Wirtschaft. unseres
schwer gefährdeten sittlichen Bewutztseins: All das
muß mit den gleichen Mitteln auf dem gleichen
Boden geleistet werden. Die Nevolution hat uns
freie Bahn geschaffen, aber sie war die freie Bahn,
wie sie die Vernichtung auf dem Schlachtfelde
schafft. Acht Monate sind seither ins Land ge-
gangen, grötztenteils den Wiedcraufräumungsar-
beiten gewidmet, aber auch dem Aufbau des neuen
Staatshauses. datz Sie in diesen Tagen durch die
Annahme der neuen Verfasiung krönen werden.
Damit ist die demokratische Republik unter Dach
und Fach. Damit hat die deutsche Nationalver-
sammtung den crsten Teil ihrer grotzen Aufgabe
gelöst. Es verdient festgehalten zu werdsn, datz
die Herren der äutzersten Rechtcn gerade d'esen
Augenblick, der das H o h e n z o l l e r n s ch e K a i-
serreich auf N i m m e r w i e d e r s e h e n zu den
Toten legte, dazu benutzt haben. die Wiederher-
stellung der Monarchie der Hohenzollern als ihren
ersten Programmpunkt zu erklären. Datz sie die
Revolutionsregierung für diesen Frieden verant-
wortlich machen, datz sie der heutigen parlamen-
tarischen Regierung den Kampf ansagen bis aufs
Mesier, das ist uns nichts Neues. Wir sind zum
Kampf gerüstet. auch zum Kampf gegen eine Ee-
schichtsfälschung.

Jch verzichte darauf, die demokratischen Errun-
genschaften der letzten acht Monate aufzuzählen.
Kein anderes Volk kann sich solch einer Demokra-
tie rühmen. Eanz sicher ist noch das eine odsr das
andere zu tun und zu besiern. Jch erinnere blotz
an die grundlegende Umgestaltung unseres Straf-
rechts und unseres bürgerlichen Nechts, die bereits
in vollem Umfange die Demokratisierung unscvrr
Rechtsprechung bringen wird. Aber wenn es wirk-
lich da und dort noch fehlt, so ist es nicht ein Feh-
len von Nechlen des Volkes, sondern ein Fehlen
von Tätigkeiten, diese Rechte in vollem Umfange
auszuüben. Damit bin ich wieder bei der Zukunft
und ihren Aufgaben. Wir müsien die Kräfte im
Volke schafsen und ausbilden. die die Demokrat'e,
soweit sie nocki auf dem Papier steht, ins Leben
übertragen. Wir müsien die

Waffen der Bildun.q und der Kcnntnisse
an das ganze Volk verteilen. Das ist die e: n -
zige Vewaffnung dss Proletariats,
d e uns den Sieg für das ganze Volk verbürgt.
Mit Eewalttätigkeiten ist keine Entwicklung zu
fördern. Jedes Handwerk setzt seine Lehrzcit oor-
aus, und das Regieren erst recht. Wir müsien wie-
der Respekt vor Sachkenntnis und Erfahrung bc-
kommen, wir müssen jedem Befähigten die Er-
werbung dieser Sachkenntnis und Erfahrung mcg-
lich machen, damit die Demokratie in der oeut-
schen Republik keine Aeutzerlichkeit, sondern dcr
Eeist des Volkes werde. Wer dieses Tempo über-
mätzig beschleunigt. ist kein Bahnbrecher der Nevo-
lution, sondern ein Schrittmacher der Reaktion.
Er zerstört die wirtschaftlichen Grundlagen der

Allgemeinheit, erweckt die Abkehr. den Widerstand
und schlietzlich die Eegenrevolution.

Jn diesem Zusammenhang spricht der Minister-
präsident über die wilden Streiks der letzten
Woche, die nichts anderes als unblutige
Putsche seien, die der Mehrheit der Bevölke-
rung und gerade dem arbeitenden Volk durch ihre
Störung der Nahrungsmittelversorgung mehr un-
Llutige Wundsn schlagen und mehr Schaden zufll-
gen, als bei den Stratzenkämpfen. Nun haben alle
Berufskategorien, die in den letzten Wochen durch
Streiks die Existenz der Republik in Frage ge-
stellt habcn. empört jede Behauptung zurückgewie-
sen, als handele es sich bei ihnen um politische
Kämpfe. Es ist selbstverständlich und eine Negie-
rung, die in ihrer grotzen Mehrheit aus Sozialde-
mokraten besteht, wird es am allerwenigsten lcug-
nen: die breiten Volksmasien haben Erund
zur Unzufriedenheit. Die Unruhe in un-
serer Arbeiterschaft ist nicht auf Kraketjucht und
nicht auf Arbeitsscheu zurllckzuführen.

Der wird am allerwenigsten Abhilfe schaffen
könncn. der nicht den wahven Kern in dieser
Streikbewegung zu erkennen vermag: auf der einen
Seite Eenutzsucht und zügellose Verschwcndung,
ein Prassen, dann ein sinnlos verteuerter Schleich-
handel auf Kosten der Allgemeinheit. Kapitalflvcht
und Verschiebung von Vermögenswerten, auf-der
andern Seite trotz aller Ermahnungen im.ncr ncch
Löhne, die kaum zum Bezug der rationierten, ganz
gewitz aber nicht zur Bezahlung von unrationier-
ten !c)ebensmitteln ausreichen.

Das sind Vinsenwahrheitcn. aber sie sind uns
in der Verwertung dieser Zeit rasch verloren ge-
gangen, wo viele in dsr crst erworbenen Mitglied-
schaft das Nccht auf eine Führerstelle erblicken, da
wo ganze Parteien. trotzdem sie die Minderhcit
darstellen, das Necht auf eine

Diktatur ihrer Mitglicdrr
über die Mehrheit de4 Volkcs proklamieren. Die
Hcrren Unabhängigen sind es, die d'ese
„Diktatur des Prolctariats" als die politische Not-
wendigkeit der nächsten Zeit anpreisen. Aber schon
das Nachwort.an sich ist illusorisch. Viele Kreise
des Proletariats lehnen diese Diktatur. wie
jede andere ab. Selbst Fr^edrich Adler. der
radikale Lsterreichische Fükirer. hat bei der Wiencr
Reichskonferenz nachgewiesrn. datz an eine Diktatur
des Vroletariats n'cht gedacht werden könne. Was
die Unabhängigen wollen. wär' nicht mal cine
Klasienherrschaft, sondern die Zwangswirt-
schaft eines Teiles der Klasse. Aber mit
der übergrotzen Mehrheit des Volkes lehnen wir
jcde Diktatur als ein brutal geistloses und un-
zweckmätziges Mittel aufs entsch^edenste ab. Eine
Diktatur kann ke'ne neuen Kräfte schaffen. Sie
kann die innere Natur der Dinqe nicht verändern
Eanz besonders nicht auf wirtschaftlichem Eebiet.
Wenn sie den Beweis dafllr haben wollen, so gehen
sie doch nach Nutzland!

Eine Nevolution der Exper.mente,
dazu der mitzglücktcn Experimente. mache ich nicht
mit. Auf der anderen Seite sind wir auch nicht
ängstlich vor jedetn Wagnis. Jeder kühne. den
Verhältnissen und Bedürfnissei'. entsprechende
Fortschritt aber trägt sein ure-genes Tempo in
I'ch. das sich gewaltsam nicht ünd^rn lätzt, ohne
Rllckschläge heraufzubeschwören.

Und nun gre'.fen sie zu dem einzigen Mittel.
das nichts bessern. sondcrn nur verschlimmern
kann: zum Streik! Auf wessen Anraten? Wer
hat zum mindesten incht abgeraten. nicht vor den
Folgen gewarnt? Solange die Unabhängigen nicht
den Mut aufbringen. offcn und gerecht Front zn
machen, müssen sie sich den Vorwurf der Zwei-
deutigteit gefallen lasien. Eine Regierung, dio
diesen Namen verd'ent, mutz handeln. Jhre
Aufgabe ist es nicht. vor si'dem leichtfertig vom
Zaune gcbrochcnen Streik zu kapiiulierm aber es ist
ihre Aufgabe. berechtigte Eründe zur Unzufrieden-

Achte jedes Mannes Vaterland, abcr daS
A deinige liebe l GottfriedKeller

Ä,.

Oie blaue Spur

Roman von Julius Regis
Aus dem Schwedisck)en übersetzt van E. v. Kraatz
Oop^riLkt 1917 OretkleinöcLo. O.m. b. ll.

(19. Fortsel,ua.g)

»Haben Sie denn noch andere Feinde?" fragte
das jungs MLdchen schüchtern.

..Wenn einige meiner Bekrnntschasten uus mei-
uen Wanderjahren auftauchten. würde mein Lebon
leinen Pfifferlina mehr wect sein", entsegnete
er ern,t.

Dann brachte er das Gespräch au-f andere Dinge.
Nach eiittgen Minureir stand Paultne aluf, fagje
Eute Nacht und ging.

Jn der Tür vrehte sie sich um.

-.Fst es wirklich notwendig. datz Sie hier in der
^ivliothek auf dem unbeque.men Sofa liegen?"
sragte sie.

.Notwendig ist es vielleicht nicht. aber ich will

so", crwiderte er etwas unhöflich.

..D.iessm Erund mutz ich mich natürlich fügen",
fagte Pautine lächelnd. „Gute Nächtl"

. Er hörte sie nach oben gehen. Gleich darauf
crichien der Bediente und ging die Wendeltreppe
huraus nach seiner Bodenkwaimer.

Der Zeitungsdetektiv unternahm einon leisen,
ichnellcn Rundgang durch das Erdgeschotz. um sich
zu vergcmissern, datz alle Fonster und Türon ver-
Mossen waren. Dann Icgre er sich auf das Leder-
ri-7n zu schläfen.

.. Ini Laufe jeiner violfachen Abonteuer hatte or
oie Eewohnheit erworben, autzerordentlich leise zu
Mllsen - und diese Eowohnheit hatte ihm mohr
"ls ei.nmal das Loben aerettet.

er kurz nach eins plötzlich in dem pechfin-
h/lon Zimmer die Augen auffchlug, wutzte er nttt
^Minrmtheit, datz einer seiner Sinne auf irgend-
^^autzere Erfcheinung reagiert und ikn geweckt

Er t'ag regungslos, halbwach und angesttenat

lanichcnd da. Eine innere Empfindung drohen
der Gcfabr jagte ihm das Blut raicher durch die
Adern. Die schweren Fenstergardinen waren vor-
gezoaon, und er starrte in dcn schwarze-n Raum
hinein und suchte sich darüber klar zu worden,
was es geweseu sei, mas ihn aus dom Schläf cmf-
geschr^ckt hatte.

Ein dunkles E-ff'lbl f'wgte ihm. datz es ein
blitzschnelles Aufleuchteu von Licht gowosen se.in
könne. Es konnte vor seinem Lager gostanden
uud ihn betrachtet haben...

Ein starkes körperliches Unbe-Hageu sagto ihm
ebenso deutlich, als cb er es von einem Instru-
ment abgelesen hütto, datz ivgendjeninnd in der
Nähs war, iemand, den er nicht sehen konnte. aber
der Böses i„i Sjnne hatte.

Er hörte seins e,igeng Tasch.'nuhr auf dem Tisch
ticken. Ein schwacher Lichtstreifeu schlängelto sich
zwischen der Eardine und dem Fenstcr herein und
siel auf den ihm zunächststohenden Teil eines Bü-
cherborts. Drübsn an der Wendeltrovne daaegon
hcrrschte undurchdringltchr Finsternls.

Fünf Minuten vergingen. Er konnte darauf
schwören, datz während dieser gänzcn Zeit im san-
zen Hause auch nichlt der geri'i'gste Laut zu hören
gcwesen sei.

Trotzdem füihlte er instinktiv. datz i,i der ihn
umgcbnden Dunkolh-ttt irgendetwas voraing.

Plötzlich vernahm er einen schwachen Laut. Es
war das loiss Klirren von Glas gegon Elas uub
kalm von oben — aus dom Läbovatoriu>m.

Eine Minute später hatte der Detektivroporter
sich lautlos angezosen und stand mttton im Zim-
mer. Die Stiefel hatte er stohen lasiein, um sich
geräuschlos bowegen zu könnon. Ein gowshnheits-
mätziges Tasten gab ihm die Eewitzheit, datz seiuo
Browninc! in der Hüfttasche strckte. Die durfte aber
uur im nutzersten Notfall angcwoirdet werdon.

Er schlich sich an die Wendeltrovpo hemu uud
horchte durch das schwarze Loch nack oben.

Das Klirron wie-)erhalte sick ntcht. Nach uner-
träulich l-angem Warten vernabm er dagogen ei-
nen vorsichtig scheuernden Laut. wle von gogen
Holz stteifendem Zeua. uud fekundonlan.g evschieu
auf der Treppe der Widevschoin elnes weitzon Lich-
tes, das ebenso rasch, verschwand. wte o§ «rufge-
zuckt war.

Schritt für Schritt und feden Augonblick «vulf
einen plötzlichen Ueberfall vorbereitet. boganu or

heit zu beseitiqen und ihre Volksgenossen darüber
aufzuklären, was heute durch keine Macht zu än-
dern ist, was als unseliqe Erbschaft des Krieqes
qemeinsam qetraqen uud abqetraqen werden mutz.

Was sich im neuen Deutschland am gründ-
lichsten qeändert hat, das sind die Macht-
verhältnisse im Wirtschaftsleben. Auf der einen
Seite autzerordentliche Entwertung des Kapitals,
auf der anderen Seite autzerordentliche Steige-
runq der Löhne. Das hat von Grund aus das
Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitqe-
ber umqestaltet. Den Anteil, den der ecne oder
der andere aus der qemeinsameu A-'vett zieht, dul-
det keinen Alleinbesitz und kein alleiniges Bestim-
mungsrecht des Unternehmers mehr.

Die Macht des Arbeiters ist gewachsen,
seine einstiqe Nechtlosigkeit gehört der Ee-
schichte an.

Diese Umschichtunq im Einflutz auf den Wirt-
schaftsprozetz mutz ihren Ausdruck auch in , den
öffentlichen Einrichtunqen finden. Darum wird
Jhnen die Neichsreqierunq ein Gesetz über die
Arbeiterräte und Wirtschaftsräte vor-
legen, das den Arbeiter aus seiner bisheriqen
Stellung lediqlich als Arbeitskraft heraushebt und
ihn zum Mitbestimmer ttm Produktionsprozetz
macht. Nicht mehr allein der kapitalistische Besitz,
sondern die produktive Mitarbeit verleihen im
neuen Deutschland Necht und Anteil. Das ist der
qrotze Eedanke dieses Eesetzes. das damit die Idee
des Kapitalismus endqültiq verneint.

Während die Ncttchsreqierunq so qenerell das
Machtverhältnis innerhalb des wirtschaftlichen Le-
bens auf neue Erundlaqen stellt, qeht sie in be-
sonders dazu qeeiqneten Fällen weiter. Sie zieht
aus dcm Arbciterproqramm des Kabinetts Scheide-
mann, das von ihr übernommen wurde. die Kon-
sequenz, indem sie in den nächsten Taqen einen
Eesetzentwurf vorleqen wird, wonach die in öffent-
lichen Diensten stehenden Stromerzeuqunqs-
anlagen <über 5000 Kilowatti soweit sie nicht
bereits kommunalisiert oder imBesitz orrFrcjstaa-
tcn sind, sowie d:e H o ch s p a n n u n q s l e i t un -
qcn süber 50000 Volt) in dem Besitz des
Neiches überqeführt werden. Ein weiteres Ge-
setz, das die Vraunkohlenerzeuqunq so-
zialisicren will, hoffen wir binnen kurzem zur
Vorlaqe reif zu machen. Damit werden zwei Wirt-
schaftsqeb'eto von kaum zu untcrschätzender Vedeu-
tunq in den allqemeinen Vesitz überqefllhrt.

Das N e i chs n o t o p f e r und die Umiatz-
ste u er sind berett-z üem Staatewaiusschutz zugegan-
gen. Der Entwurs einer Ne i chs a b gabe o r d -
nunq folgt oie'er Tage. Eekrönt merden soll disse
neue, von sostaler Eecechtiükeit sctragone Stouer-
grsetzgebung durch eine N e icks - Einkommon -
st e n e r, die durch 'oas ganze Neich gleich-nätzig
veranlagt werde.i soll und die ihrerseits wieoeri5in
notwenbigerweise znr Schcffuna einer Neichs-steuer-
verwaltunq sühren wird. Oie Sottalisierung von
Elektrizität und Braunkcihle. der bold der übrige
Bergbau solgen soll, macht das Reich Mm wick-
tigsten Faktor des Wi r t i cha ft s lebe n s
. Mit diesen dr>tt Mackitmitteln ist im demokrati-
schcn Staat die M.chrhcit des Bolkes jederzeit in
ocr Lage, dem deuti chrn Wirtschaftslsben die
Form und den Inhrlt zu geben. den sie für rich-
tig und möslich bätt. Das Neick ist niemiand ge-
genüber, sei es die Grotzindustrie. stt es sonst ein
Konzern, in Zukunft machtlos. Damit ist in d:r
Tat dio

Zrit der gewaltsamen Umwälzung
für joden demokccttisch Denkenden abgeschlos-
s e n. Ein Wort ?,ur vielberedeten „Planwirt -
schas t.' Das Käbinett hnt diese Zcvaiigskartel-
lienn'g all-r Zweige der Wirtchrft abgelehnt,
die sozicrldemokratischen Mitgliedr dos Kabi'ietts
vqr alle-m, weil sie in dcr Planwirtschaist die ern-
stoste Gefahr für die völligs Dlurchführung
des S oz i a l i s m ii s ähen! Dte '.ttegierung will
die Zwangsjacke der Kriegsgesellschaston nicht ge-

die Treppe hinan zu schleichen. Es geschah jedoch
nichts. Da bie Bibliathek jehr hock war. gab es
vie.o Stufen zu ersteigen, aber endlick kam cr oben
an.

Hier war es ein wenig heller. dcnn dio Gar-
dinen maren nichL sest zulsainmenaezogen. sodatz oin
bleicher Strahl übec den Futzboden fiel.

Immer verwunderter ircte der l'ckrrfe Blick des
Berichterstatters zwi chen Elasschränken. Börtern
'Mkd Eeftolle hin und her. Es war alles ge-
spenstisch still, unv alles siand am aemohnten Platz.
Das Zimrmer war leor.

Oder vielmehr — es schien leer zu sein. Der
Journalist wutzte, Vatz ein lebendes We'on da sein
mutzte. Seine scharfon Sinns täuschton ihn nie.

Unbowealich stzrnv er dä und spähte vornüber-
gebougt und zum Haudeln b^reit ins Duin-kle. Ob
anan ihn entdeckr hatte?

Stcmd da irgenv jemand — vtelloicht dicht ne-
ben ihm — und bsreiteie sick auf einen Anfall
vor?

Der elektri'che Knopf satz noben der Treppe, das
mühte er. Mit oinom Mals bescklotz er, die lctzten
Stufen hinaufzueigen und — lommr was da
molle — Lichi zg machon. Er trai au,s die nächste
Stufe.

Jm selbon Augeinblick alitt ein sckwarzer Schat-
ten laütlos über den Lichtstceifen am Boden und
aus dem Dunkel cruf einer Seite des Zrmmers in
das an der anderen Seite herrschonds Duukel hin-
über. Wallions Auge erfatzte blitzschnell dio ltzn-
risie einer gospenstischen, von oben bts unten pech-
schwarzen Eestalt »n einom dicktanliegvndon, auch
Hände und Eestcht bsdeckenden schwarzen Änzug.
Doch schon war sie wiedcr ver?ckw'uinden. Wallion
nvachto wtoder einen Schritt nack oben.

Ein bloirdender weitzer Lichtschctn blitze ichm
mitten ins Eesicht. Er stürzto hiii'aiuf und schlua
zu. Seine geballten Füuste trafen in die Luft.
Der Lichtschein erlosch, -und indenn er goblendet zu-
rückwich und nach dem Knepf tastete. traf ihn oin
hoftiger Schlag gegen die Vrust. Er stürzte nnt
cmsgobreiteten Armen vor, um mit -seineim mrsicht-
baron Eogner zu ringe'i, vcrmochie ihn fodoch nickt
zu ovfasien. Atit eine-in Anflug von Entsctzon he-
merkte er, datz der rätseMfte Feind sich nicht
durch das leistste Gsräuich verriet.

Jelst faud er don Knopf, und das elektrische
Lichr flazniinto uuf.

gen iveiue, für den <zrieden zugeschnittene vertcku-
icken. Das Eesotz über die Betriebsräte
wird ^hnon in diesen Tagen. der zwelte Teil über
Bezirkswirtschaftsräte im Herbst zugehen. Fn die-
stn Organisationon sieht die Nogierung die aus
dem werktätigon Volk heraufwachsendsn Fnstan-
zen, die Vorbereiter und später Träser der So-
zialisievung sein sollen. Fn ihnen werden Or.
aane geschaffen. auf donen eine

komniende Gemeinwirtfchast
ruhen nüutz. die nicht wie die unter dom Schlag-
wort „Planwirtschaft" gchende den Unternehmoc
verewigen, stärkon und vor der Sozicrlisierung
schützon, sondern den Arbeitnchmor als Mitarbci-
ter und Mitbesitzer. nobsn den Arbeitgeber sejzen
wird. Für unssre küuftias Wirtschaftspolitik wer-
don drei Gebote richtunggsbend sein: Erstens:
Sozialisierung, soweit als möslick und kei-
nerlei neue Erschwerungen für die künstiae durch-
gehende Sozialisierung. Zweitens: Sicherstel-
lung desB''darfs derMinderbemit-
telten an Nahrung und Kleidung. Drittons:
Fernhaltung überflüssiger Lux u s e i n f u h r.
An der Spitze aller Bemühungen. die Volkslage
zu bessern, mutz natürlick bie Ernährungs-
frage stchen. Die Reichsregieru,na hat bereits
eineiichM Milliarden ausgeworfen, um eine Ver-
Lilligunig der ausländischen Lobensmittel herbei-
zuführen. Das Endc. der Blockade mutz von ihr
mit aller Energio bazu Mssenutzt werden, um
weitere Verbilligungen zu erzielen. um durch aün-
stige Abschlüsie und Erreichung vorteilhäfter Kro-
dite den Schleichhandel durch das einzige Mittel
uirschädlich zu machen, das durchichläat: durch bil-
liges Augobot voin Nahrungsmitteln. Auf eino
Rat i o n>i,eru ng wichtigstion iBsstaudteblo
der Volksernährung und der Volksvefforgung
werden wir eiustweilen nicht verzlchten kön-
non. Danach wird zuorst die Bewirtschaftung der
Textilien umgestaltet werden. Däs Kalbinett
hat bejchlosien, die aus der Kiriegswirtschaft noch
vorhandenen fertigen Stoffe unverzüglich
und binnen kürzestor Frist der Vevölke-
rung zuzuführen. Ein weiteror Schritt 'st
dieÄufhobung der Devisenordnung.
Die Aufhebrmg setzt voraus. eine Ergänzung der
Borschriftoa zur Abwanderung dos Kapitals imch
dem Ausland. Sie brinat andererseits eine we-
sentliche Erleichteruna des Postverkehrs. Die zu-
letzt nur noch als Folgeerscheinung zur Devison-
ordttung aufrecht erhaltene Zensur des Brief-
und Telegrammverkehrs kann ondlich betteitigt
werden.

Der wirtschaftlich Schwache bedarf houte mehr
denn je der staatlichen Unterstützung. Zahlreiche
Erundstücke, die sich im Besitze des Reiches be-
finden und nicht inohr ihre, ursprünglichen, meist
militärischen Zwecken dienen. sollen für die
Zwecke der Ansieoelung weit unter dem houtigen
Taxwert abgegebon werden. Trok der jiurchtba-
ven Finanzlage des Reichs glcmben wir dies Op-
fer bringen zu müsien. Die ständtgon Lohnforde-
rungen stnd das jchlechteste Mittel. um dle Ver-
hältnisse zu bessern. Neben den Löknen klettern
die Preise im a.eiche>n Temoo und sin't die Kauf-
kraft des im Uebermätz gedruckten Papiergeldes.
Das Cnde diesor Entwicklung wäre eine

Assignatenwictschaft mit nachfolgendem
Vankerott

Es nrntz eine Senkung der Preise eintreten, und
die erhoffen wir von ' unserem Wirtschaftspro-
gramm. Nur miissen alle Wünscke tthre Erenze
findqn, in der Leistungsfähiakeit des Betrie-bs!
Das ailt hauptjächlick auck für die Arbeiter und
Angestellten in d?n Neichs-. StaaLs- und
Kommunalbet: : ebeni Bei ihnen nmtz das
Newutztseiii lebendig soin. batz diele Betriebe dem
ganzen Volke, also auch ihnen gehören.

Die vam Reichsarbeitsministerium bereits an-
gekündigte Novelle zur Reicksvsrsicke
rungs - Ordnung, die eine Erhöhung der
validen-, Alters- u. Kinderrentcn brlngt. wird Ih-
nen in den nächsten Tagen zugehen. Die grotzeNe-

Untan aüf der Wnideltreppe sah er den obereu
Teil einer schwarze,l> MasLc. unb eine Sekunds
lang blickten ein Paar glühend^r Äugen zu ihm
auf. Dann versanken sie uud eiitsckwänven. Wal-
lian raste blindlings rns Dunkle ktnunter. Er
hörts die Türe gehen, und in zmei Sprüngerr hatte
er sie erreickt.

Er vannte gegen cinen Körper. der anfairgs
iiachga.b, um sich dann nrit mütender Eeschnreidig-
keit auf ihn zu werfen. Sie umschlangen sich mit
den Avmen und bega'rnsn zu ringen.

Der Iournalist fühlte, datz er es mit einem
kräftigen und gut trainierten Eegner zu tun hatte,
merkte 'llber mit ingrimmiger Freude, datz er ihm
überleaeu war. Während sie miteinander rangen,
fiilhlte er, datz der andcre eine trikotartige Beklet-
dung ohne Knö-pfs oder Oeffnungsn rrug : auch die
Hände steckte,, mit drin. Es war die tppische Tra.ttst
vieler internationaler grotzer Verbrecher. Vermut«
lich gehörten zu diescr Ausrüstung auck eig Paar
Fil"'ckuhe. Die Beobochtungen nrackte der Ionr--
nalist rein mechanisch. indem er seinen Eegner
lanaiam zu Bobcn drückte. Der Schwarze wider-
strebte schon schmäcker.

Plötzlich drehte er sick mit einer aalglatten Be-
wegunq in Wallions Armen um nnd schleüiderte
dcn Kopf blitzsch'ieil hintenüb"r. Der. furchtbare
Schlag traf den Zeitungsdetektiv mittcn ins
sicht. Wallions Arme eclah.nten einen Ausenb.ick,
noch ein kurzer Kamvi und er tauiiielte zurück.
während der andere sich ihm entwmiD.

Die Haustiir öffneLe und schlotz sich, und von
autzcn ertönte ein grelles Geläckter.

Wallion fatzte sick ra'ck und stür.tte hintevb.'r.
Eines von den Hallenfenstern ickwang halboffen
im Winide hin und her. Die unte^e Sckeibe war
mit einem Diamant hecausgeschnitten und mit ei-
nem geteerten Papi.'r eingedrllckt. Er war im
Begriff hin.ansz'.lspr:ngen. als ein bedeutunasosl«
ler Ton lan sei„ Ohr stlilua.

Es war das Eecänsck eines Mo.torfahrrad^
das sick uiitei, auf der Landittatze nach der Stadt
zu entfcrntc. ^ ^

„Die Iagd lohnt nicht der Mnbe! murineltr
er vor sick bin. ^ .

Er atmete tief auf- D,e uabckannten Feinde
des Hauies Hesielmaii hatten einen neuen und
noch drcisteren nächtlick>en Bestick aemacht. Es
wurde iiimner ersichtlicher, datz jie vor nichts znröck-
 
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