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, Etwas anders stellt sich die Sachlage dar,
!wenn man einen noch srüheren Termin für
den Rücktritt des Kaisers, etwa Mitte oder
Ende Oktober, einmal hypothetisch ins Auge
faßt. Daß sreilich die in außenpolitischer Ve-
ziehung an einen solchen Akl geknüpften Er-
wartungen sich unter allen Umständen als Jl-
lusionen erweisen wllrden, mußte einem jeden
von der demokratischen Phrase nicht umnebel-
ten Hirne klar sein. In innerpolitischer Be-
ziehung dagegen hätte man vielleicht —
wenn man eine solche retrospektive Ueberle-
gung, die ja im Grunde wenig Zweck hat, ein-
mal anstellen will, — der radikalen Agitation,
daß das Festhalten an der Person des Kaisers
die Friedensverhandlungen erschweren und
die Bedingungen verschlechtern werde, in wirk-
samer Weise begegnen können, der Uebergang
der Krone auf den Enkel des Kaisers wäre in
Nuhe vor sich gegangen, die Armee hätte recht-
zeitig neu vereidigt werden können, und in
dem energischen, bei der Truppe beliebten
Prinzen Eitel Friedrich hätte sich die Persön-
lichkeit eines Regenten dargeboten, der viel-
leicht der in ihrer Stoßkraft gebrochenen revo-
lutionären Bewegung Einhalt gebieten und
somit die Monarchie hätte retten können.

Einige Aeußerungen des Prinzen Max
könnten nun den Eindruck erwecken, als habs
sich die Regierung bereits frühzeitig von der-
artigen Erwägungen leiten lassen und habe
seit dem Eintreffen der Wilson-Note vom 23.
Okt. zielbewußt auf eine solche Lösung hinge-
arbeitet — ein politischer Eedanke, der, man
mag im Einzelnen über ihn urteilen wie man
will, jedenfalls der inneren Konsequenz und
der entschlossenen Selbständigkeit den drohen-
den Verwicklungen gegenüber nicht entbehrt
HLtte. Aber leider war eine solche
Zielsicherheit und Konsequenz im
Jnnern jener ersten „Volksregie-
rung" keineswegs vorhanden, viel-
mehr herrschte, wie sich allgemach zu zeigen be-
ginnt, in dieser wichtigsten Frage eine Zer -
fahrenheit, wie sie schlimmer innerhalb
eines Kabinetts wohl kaum gedacht werden
kann.

Denn während der Chef der Negierung of-
fenbar der Ansicht war, daß die Wilson-Note
vom 23. Oktober den Rücktritt des Kaisers
unvermeidlich mache, herrschten bei andern
Mitgliedern des Kabinetts sehr andersartige
Auffasiungen und machten sich auch nach außen
hin geltend. So sprach sich z. V. am 25. OkL.
die dem Staatssekretar Erzberger sehr
nahestehende Eermania nachdrücklich gegen
einen Thronverzicht des Kaisers aus, und von
Regierungsseite wurde den Vertretern de:
Presie wiederholt vertraulich mitgeteilt, man
wisie, daß Wilson mit seinen Forderungen
nicht auf die Abdankung des Kaisers hinziels.
Am 26. Oktober aber unternahm Prinz Max,
wie er jetzt mitteilt, Schritte, um hem Kaiser
die freiwillige Abdankung nahe zu legen.
Trohdem fand die von Scheidemann am 29.
Oktober formell im Kabinett gestellte Forde-
rung nach einem Thronverzicht eine sehr o>-
teilte Aufnahme; es blieb unwidersprochen,
als die Berliner Blatter mitteilten, daß die
Mehrheit des Kriegskahinetts eine Abdan-
kung des Kaisers nicht fur notwendig halte.
Es erregte in politischen Kreisen großes Auf-
sehen, als am 1. November in der Germania
ein kurzer Artikel erschien, der auf eine Aeutze-
rung des Daily Chronicle, wo das deutsche
Kaisertum als letztes Bollwerk ge-
gen den Volschewismus bezeichnet

war, hinwies und mit Nachdruck Letonte, daß
mit der Abdankung des Kaisers das Gefüge
des Reiches verhängnisooll gelockert werden
müsie und der Damm gegen die Eefahr der
Plutokratie dadurch abgetragen werde. Wäh-
rend dieser Artikel, was heute eines gewisien
Interesies nicht entbehrt, unmittelbar
auf Erzbergers Veranlassung zu-
rückging, trat auch der damalige Staatssekre-
tär Konrad Haußmann im Verliner Tageblatt
vom 4. November für den Kaiser in die
Schranken. Jnzwischen aber bereitete die So-
zialdemokratie ihr Ultimatum vor, das ein
anderes Mitglied des Kabinetts, der-Staats-
sekretär Scheidemann, am 6. November über-
reichte.

So sah das Kabinett aus, ln desien
Hände die Eeschicke Deutschlands in dem ver-
hängnisvollsten Monat seiner Eeschichte gelegt
waren. Die Männer, die das deutsche Volk
durch die schwersten Erschütterungen und Ver-
wicklungen hindurchzuführen sich berufen
glaubten, sie waren nicht einmal imstande, eine
einheitliche, konsequente Linie ihrer Regie-
rungspolitik festzulegen und einzuhalten. llnd
mag man der mdralischen und geistigen Per-
sönlichkeit des Prinzen Max, der an der Spitze
dieses Kabinetts als veranwortlicher Leiter
stand, die größje Hochachtung zollen, diese Ee-
fühle können über die entscheidende Tatsache
nicht hinwegtäuschen: daßernicht war,
was Deutschlands schicksals-
schwerste Stunde erforderte, ein
Mann, der mit fester und sicherer Hand das
Staatsschiff durch die Stürme von Niederlage
und Revolution zu lenken vermocht hätte.

Die Vorgange vom 9. November

Köln, 11. Aus. (Priv-attel.) Eiir der ,^ölrr.
Ztg." persönlich bekannter Herr>, der gans genoue
KenntnTS der am 9. Nooember 1918 uin 11.46 Uhr
vornrittags und mn 2.45 Uhr nachmittags soyfla-
genen teleVhonischen Verhandlnngen rwischen dem
Grotzen Hauvtquartier und dev ReichsLamlej hat,
teilte der „Köln. Ztg." in Richtigstcllung dex Dar-
stellung des Prinzen Mor von Baden u. a. nrit,
dab die Entschliehung, die am 9. Novomlb'r
rwischen 2 und 3 Uhr von Hintze, Erohes Hamrt-
quartier, an Wahnschaffe, Reichskanslei, mitge-
teilt wurde, den Pasius enthalten habe. deo Kai-
ser sei lbereit, als deutscher Kais'-r adtzudanken,
aber nicht als König von Preuß-en.

Die Eisenbahnerbewegung

In einer Besprechunq. die am Sonntag in Ber-
lin zwischen dem Eisenbahnminister und
dem Dorstand des Eewerkschaftsbundes
stattfand. erklärte der Vorstand des Bezirkes Er-
furt, dem der Eisenbahnsekretär Männe und Ge-
nosien angehören, sich den Berliner Weisungen des
ZentralvorstanVes fügen zu wollen. Auch sei er
bereit, zurückzutreten. Von verschiedenen Fachver-
bänden gingen dem Ministerium Kundgebungen
zn.,daß sie den Streik verurteilen. Der
Finanzminister hat sür Dienstag nachmittag die
Vorsitzenden aller Eisenbahnfachverbände nach
Berlin einberusen.

* » *

. Bcrlin, 12. Aug. Der preußische Verkehrsminl-
ster Oeser hielt gestern vor hen Mitgliedern der
Berliner Handelskammer einen Vortrag über die
Betriebslage der Staatseisenbahnen u. de"
Herbstverkehr. Ohne eine Steigerung der Kohlen-
fördcrung werde eine Desierung der Wirsichaflslage
nicht nröglich sein. Es werde viclleicht notwendig
werden. durch Reichsgesetz die Verwendung der
Rohkohle in der bisherigen Form zu verbieten. Es
gehe nicht av. daß der größte Teil der Kohlen un-
benützt durch den Schornstein entweicht. Die Koh-
lennot habe die Zuverlässigkeit der deutschen Indu-
strie untergraben. weil sie keine Lieferungsfristen

mehr einhakten könne. Die Ursachen der Lokomo-
tivnot liege in der starken Abnutzung während des
Krieges. Der Vetrieb Ist, , wie Oeser sagt.
dickflüssig geworden. Der Minister hat mit
dem Fahrpersonal unterhandelt, das sich bereit er-
klärte, die Uebernachtung auf der Strecke wieher
einzlMhren. Der Minister will sich dasür einset-
zen. daß so viel Kohlen wie möglich unbesahren
werden. Es sei aber damit zu rechnen, datz aui
längere oder lürzere Zeit für andere Güter eine
Sperre eintreten werde. Zur Derminderung der
Vorlage will Minister Oeser auf die Arbeiter-
schaft einwirken. datz die Neparaturen in kurzer
Zeit vollendet werden. Wenn wir unser Dolk nicht
wirtschaftlich heben, habcrr wir noch troy der fur^'
baren Verluste des Krieges 20 Millionen
Deutschezuviel imLande. Schlietzlicb
kündigte der Minister cine neue Erhöhung der Ta-
rife für Personen und Gütex an. Für heute nack»
mittag hat der Minister Vertreter aller Fachver-
bände zu einer Sihung einberufen.

Nationalversammlung

Weimar. 11. Aug.

Das Haus tritt in die zweite Beratung
des

Grundwechselsteucrgesetzes.

§ 1 hat nach .den Beschlüssen des Ausschusies
folgende Fasiung erhalten: „Beim Uebergang des
Eigentums an inländische Erundstücke w-rd eine
Erunderwerbssteuer erhoben. Dem Uebergang des
Eigentums steht gleich der Erwerb von herrenlosen
Erundstücken." Dicser Fasiung entsprechend ist auch
die lleberschrift geändert worden in „Entwurs
eines Erunderwerbssteuergesetzes".

Abg. Solmann (Soz.) : Annehmbar ist für uns
der Entwurf nur unter der Bedingung, datz bei
aller Rückfichtnahme auf die Finanznot des Rll-
ches auch die Finanznot der Eemeinden nicht außer
acht gelasicn wird. Alles gemeinnützige Grund-
eigcntum mutz von dieser Steuer befreit bleiben.
Im ganzen sehen wir das Eesetz als eine immer-
hin zuträgliche Steüerquelle für das Reich an.

Abg. Hcnkel (U. S. P.): Für uns wiegt das
Bedenken, datz die Erunderwcrbssteuer auf die
Mieter abgewälzt wird, schwer genug. um das
gan>re Ees-q abzulehnen.

Abg. Waldstein (Dem.): Der Entwurs scheint
uns überhaupt nur unter dem Gesichtspunkt an-
nehmbar. datz das Neich in seiner Notlage unge-
heuere Einnahmen braucht.

Abg. Becker (D. V. P.): Wir stimmen dem
Entwurf zu. aber mit schwerem Herzem Wir kön-
nen uns von der Befürchtung nicht frei halten,
datz der Umsatz durch eine so hohe Stempelbe-
lastung sehr beeinträchtigt werden kann ünd ande-
rerckeits die hohen Steuersätze die Mietpreise hoch-
treiben können. Sehr erwünscht wäre es. den
Umsatz in Erundstücken von geringem Wert etwas
'zu erleichtern. und wir bitten Sie schon jetzt, un-
serem diesbezüglichen Antrag zuzustimmen.

Abg. Däreke (D. N.): Wir können uns nur
schweren Herzens entschlietzen, diesem Eesetz zuzu-
stimmen.

Sowohl von demokratischer Seite, als auch von
der Dcutschen Volkspartei wurde auf einen Wider-
.spruch zwischen der Theorie und der Pryxis der
Sozialdemokraten eingehend hingewiesen. Der Ab-
änderungsantrag wurde dann aber doch in der Ab-
stimmung mit den Stimmen des Zentrums und
der Soz'aldemokratie abgelehnt, nachdem auch der
Neichsfinanzminister um ihre Ablehnung
gebeten hatte. Dieser sprach sich im weiteren Ver-
taufe der Verbandlungen über die Organisation
der Steuerbehörden aus, sodatz von Seiten d-"
Hauscs ein Dorwurf gegen d:e Steuerbeamten und
gegen ihre Arbeit herausgelesen werden mutzte.
Der Minister verwahrte sich zwar nachher mehr-
fach dagegen, daß er die Beamten als solche anqe-
arifken habe. konnte aber den Eindruck, den seine
Aussührungen gemacht hatten. nicht ganz verwi-
schen. Im Lbr'aen saate er noch zu. datz bei dem
Erlatz der Ausführungsbestimmungen der Städte-
tag gchört werden solle. Die übrigen Destimmun-
gen der Eesetze blieben inr wesentlichen unverän-
dert.

Mehrsache Dersuche der Demokraten wie der
Rechtsparteien. Abänderungen zu erreichen. chie die
Intercsien des Kleingrundbesitzes bätten wabre^

können, wurden pon dem Zentrum und der So.
zialdemokratie unmöglich gemacht.

. Zn der Nachmittagssitzung wur-e die zweite Be.'
ratung des Entwurfes eines ^

Tabaksleuergesetzes

begonnen.

Abg. Wetzlich (D. N.): Wir haben gegen das
Eesetz ernsthafte Bedenken. da es die Er,-
stenzmöglichkeit des Tabakgewerbes gefährdet. Die
Bänderole findet nur den Beifall eines kleinen
aber mächtigen Kreises der Kapitalisten.

Abg. Schlüter (Soz.): Die Vorlage bedcutet
allerdings eine sehr starke Velastung der Tabn->.
industrie. Die Prüfung der Monopolfraae
hat uns gezeigt. datz ^ür die Verstaatlichuna der
Zigarrenindustrie noch jede Grundlage fchlt. Die
Verstaatlichung würde uns viele Iahre kejn
Eeld bringen, sondern Zuschüsie aufnötigen. Die
Danderole liegt sowohl im Interesse der Konsu-
menten wis in dem der Tabakarbeiter.

Albg. Nacken (Ztr.): Die Belastungsfähigkeij
des Tabaks wird schwer, aber nicht Unerträglich in
Anspruch genommen. Es bleibt für uns nur eine
Fal'rrkatsteuer übrig. Im ganzen wer.den wir dem
Entwurf in der vorliegenden Form zustimmen

Abg. Kcmpkes (D. V.): Die Sätze der Vorlaae
sind zweifelhaft sehr hoch. aber sie gehen nicht i-
das Maß dessen hinaus. was die Industrie ertra-
gen kann.. Wir werden der Vorlage zustimmen
wenn sie nicht noch erheblich verschlechtert werden
sollte.

Abg. Naute (U. S. P.): Noch bei jeder Steuer-
vorlage hat besonders der Tabak bluten müss-,
Es wäre richtiger, d:e Z i g a rr e n i n d usi r i e
verstaatlichen. Wir lehnen die Vorlage ab
bitten aber auch, die Entschließung abzulehnen. die
von deutschnationaler Seite beantragt ist und die
Aufhebung der Veschlagnahme des inländischen
Rohtabaks fordert.

Abg. Nuschke (Dem.): Die Industrie ist bereit
auch ibrerscits Opfermut zu bcmeisen und auf den
Boden der Vorlage zu treten. Ich werde es begrg,
ßen, wenn die Negierunq noch einmal eine str' e
Absage wegen der Einführung eines Kleinhandels-
monopols hier aussprechen könnte. (Beifall.)

Vor der Abstimmung über § 1 wird ein Kom-
promißantrag Blunck (Dem.) und Eenossen an-
genommen. im ganzen Eesetz den Ausdruck..Reichs,
ministerium der Finanzen" durch „Reichsfinanz-
ministerium" und die Bezeichnung ..Staatenaus-
schutz" durch „Neichsrat" zu ersetzen. § 1 wird un-
verändert angenommen, ebenso 8 2.

Abg. Dr. Philipp (D. N.) begründet einen An-
trag. statt „Neichsfinanzministerium" zu sagen
„Neichsrat".

Der Deutsch-Natlonale Antrag wird abgelehnt::
der Antrag Dr. Blunck wird angenommen, e-enso
die 88 2. 3 und 4.

8 5 behandelt die Steuertarife und wird
unter Ablehnung sämtlicher Abänderungsantrage
in der Ausschutzfasiung unter grotzer Mehrheit an-,
genommen. Das Gesetz wirv darauf ohne «eitere'
Beratunq angenommen.

Nächste Sitzung Dienstag. Tagesordnung: Am,
fragen, Rest der heutigen Tagesordnung. llmsatz-i
steueL

Badische Politik

Der badische Lehrerverein gegen das
Schulkompromitz

Die in Offenburq cnbgehialtene Dertreterver-
lammlung des Vad. Lehrervereins nLhm einmütig
Stellung gegen die Vergowaltisung des de-utschen
SchulwSsens durch den sosen. -SchulLmnPromitz."
In ekner Entschli-etzung hoitzt es u. a.: Sle
siccht in dieser Vereinbarun-g eine Zerstövung joder
Hosfnung auf dio Durchfüchvun« der für dle klck«
lurelle und wirtschcÄtliche HebuTrg unseres Dolkes
unorlätzlichen E i nb e i t s schiu l e. Sie verwohrt

sich gegen das Htneinziehen des Ermehungsgedan-
kens in das politische GejschLLt. Jnsbesondere
weist sie iede konfessionelle Btnd-ung
der Volkschule als den natiomrlen Frieden ünd

die Eintvacht <ruf das schwerste gefäihrdend zurüL
Sie erwartet von der vad. Regierung, drß
diese keiner Regettmg der Schulfrase in dor Reichs-
verfasiuna Mimmen werde. durch die die freiheit-
liche Ennvrcklung des doutschen Schulwesens se-
hermnt roird. -

Theater und Musik

* Ruggiero Leoncavallo, der. wie wir gestern
meldeten, in Rom gestorben ist, gehörtze auch zu
denjenigen Schreiern. die sich während des Krie-
ges nicht genug tun lonnten, Deutschland zu schmä-
hen, obwohl gerade er aus seinem mehrjährigen
Aufenthatt in Deutschland hätte wisien müssen,
datz er gerade diesem Lande autzerordentlich viel
zu danken hatte. Wenn wir heute doch von sei-
nem Tode Notiz nehmen. so gilt das nicht dem
Menschen, sondern dem Komponisten Leoncavallo,
der es durch seine zahlreichen Opernwerke, vor
allem durch den allbekannten „Bajazzo", verstanden
hat, sich auf den deutschen Vühnen den Platz eines
der meist gespielten-vnd besonders von den Tenor-
stars bevorzugten Komponisten zu erringen. Von
seinen übrigen Wcrken sind in Deutschland noch
mehr oder weniger bekannt: „Voheme". .Laza"
und der „Roland von Berlin". Leoncavallo war
am 8. März 1858 in Neapel geboren und ist in
verhältnismätzig jungen Jahren berühmt gewor-
den, nachdem er einige Zeit als Klavierspieler
un.d Musiklehrer ein bescheidenes Dasein geführt
hatte.

* Freiburger Stadttheater. Die oberste musikq-
lischl; Leitung des hiesigen Stadtiheaters ünd die
Führung der städt. Synrphoniekonzerte ist dem
bisherlgen Leiter der Berliner Philharmonie. C a-
mille Hildebrand. dem früheren Kapell-
meister am Mannheimer Hoftheater, übertra-
gcn worden. Damit hat Freiburg eine autzeror-
dentliche Kraft gewonnen.

* Dcr neue Leiter d:s Larrdestheaters. Der Iiy-
tendairt däs Stadtthcators in Lübeck. Stan'islaus
Fuchs, ist zum Inlondankcn des Sanidesthoaters
in Karlsriche bestimmt. Er ist 1869 rn Poffe-n ge-
boren, widmete sich nach Absolpverumg eiirss Ber-
liner Eymnasi^-ms litcrarischen und kunstge'ch'cht-
lichrn Studi-en u-nd weitete seinen E sichtskrcis
durch Reiffen. Seit 1887 gebörte er de,r Bühne an
und zwar als Schcmspüelleitcr urvd. ObLilsvvellei-ter
«n den Theatern in Breslcru, Men'eld. Rostock
»lnd E«Da. Von 1911 bis 1918 war <r Leiter dcs

Stadttheators in Lübeck. Auletzt leitete er seit
Oklober 1918 dcrs Deutsche Thecttsv in Rrgcr, das
er mrt starker Orsanisationsgebmrg zu enrem vor-
süglich aübeitendnr Jnstrtut gem-acht hat. Vo-r
Uebernahme des Rigaer Theaters leitet-e «r dias
Stadtthoater in Lulbeck nrit Erfolg. Der niaue In-
tondant hcrt fich besonders beim Nufbcnr des Ri-
gaer Tüheaters bewährt.

Kunst und Wisssnschaft

Heidelberger Akademie der Wisienschasten.

(Stiftung Heinrich Lanz.)

Sihung der mathematisch - naturwis-
senschaft 1 rchen Klasse am 5. August 1919.

Vorsitzender: Herr Bütschli.

Herr M. Wolf legt eine wisienschaftliche Ar-
beit des Herrn H. Vogt (Heidelberg) vor: „Ge-
setzmätzigkeiten bei Doppelsternoeränderlichen."

Die Klasie erledigt hierauf eine Anzahl ge-
schäftlicher Ang'elegenheiten und bewilligt insge-
samt 4320 Mark zur Unterstützung wisienschaftlicher
Untersuchungen.

* Das Hölderlinhaus in Lanssen am Neckar

wurde von d>.m Besitzer, einem reichen Weinhänd-
ler, trotz der Zusage der Erhaltung in aller Stille
bis auf den Erund niedergerissen.

* Ein Wunder der ärztlichen Kunst. Uniseve
moderne Chirurgie bvachte eine ganz merkwürdlg«
Heilung zustande. Dem Fllugzeusführ-er.Vizefeld-
webel Otto Müller aus Dürkheim wurde
vor ernigcr Zeit bei erner Notlandung rn Oiber-
Layern voin dem Proveller ein Arm abgefchlcraen,
dcr weit sortgcschleudert rmvrde. Dep Mrm ist wie-
der so glücklich angeheilt worden, dcrtz ihn Müller
wieder nvrnralevwe'üse gebrcvuchen kann. .

* Hochschulnachrichten. Dr. Ernst Zinne.:,
Asir.stsnt der Remeis-Sternwarte rn Vambers,
ist zusin Kmstos der Konrnrisiron iür die internatio-

nale Erdanesimrg bei der Akadcmis der Wisien-
schaften iu München in etatsmätziger Eigenichaft
bevufen worden. — Zwei neue Prioatddz-cnten ha-
ben fichan der Frankfurt>e>r Unlversüät HM-
litiert: Dr. Hans Schnerderhöhn. Asiistent
q>m mineraloMch-vetrograVhischLn Insstitut, für
die Fücher MLneaalogre, Pethogvcwhie und Lager-
stättenkunde und Dr. med. Frdr. Laidach für
Pflansenpcrthologie und Vererbungslehre. — Auf
dcrs an der Ham'bnrgischen Unü>evfität nen-
errichtete Ertraordvnariat ftir Mat'hematik rst Dr.
phil. Iohann Radon, Prrvatdorcnt an der Uni-
oerfität und Technischen Hochschivle rn Wien, bv-
ru§^ wordön. — Im Mter von 72 Jahren oer-
schied der Internist EcH. Medisinalvat Dr. Emrl
Grunmach, a. o. Prosessor und Dircrtc>r dcs
Jnstituts für Untersuchungen mit Nöntgenstrahlen
an dcix Uniiverfität Berlin. — Der vor kurrem
rn den Ruhestand getretene Direktor d-es Pihysika-
lischen StaatslaboratorMms in Hambiwvg, Pro-
fesio-r Dr. Älügust Voller, i!st Mir Honorarvro-
fesior an der naturwisienschaftlichen Fakultät der
Hamburgrschen Univcrsität ermannt worden.
— Prof. Dr. m^d. Oskar Schultze, Direktor dcs
anatom'ischcn Instituts in Würzburg, vollendet
am 10. Mvgust das 60. Lebensjahr.

* Thomas Mann — Ehrendoktor. Die philoso-
phische Fakultät der Universität Bonn hat den
Dichter ThomasMann. den Verfasser der
„Buddenbrocks", anlätzlich ihres hundertjährigen
Jubiläums zum Ehrendoktor ernannt.

» Notstandsarheiten für Künistler. Dcr Haus-
hattsausschutz von Halle bewilligte auf Antrag
der Halleschen Künstlergvuvo!? 100 000 M. s'.ir
Stärkung Les Kunstsonds. Aus' den Kreisen der.
Halls'chem Künstler soll ein Msschutz gebildet wer-
den, der geeiMcte Vorschläge für künsllerischo Not-
standscvrlbeiten lheratcn und dicm Stadtvarlament
vmlc-gen soll

Neues aus aller Welt

* Gabrftl d'Annunzio macht wcüder Reklaine
für sich. Er will nach semen ErfoLgen crls Mb
litärfliegpr inr Krieg die Fliegevej. im Fkieden alS
Sport fortsetzen. Er bereitet füv den Herbst ein'en
Flernflus von, Ro m nach Tokro vor und will
!d>ie 15 000 KÄometer lange Strecke in grotzen
.Etappen uber das Mttelmoer, Anatolien, Meso-
potannen, Indien und Ehina rurücklegen.

* Dev Raub bei dem lürkischen Zuwelenhändlcr
Leon in Bcrlin, Lei demr den Mubern 129 000 M
in dre Hände gefallen sind, ist aufgoklärt. Es ist
gelungen, L'ie drci Räuber rn dom 29 Jahre altea
aus Konstantinopel gebürtigen Qbj-rleutniant ^dilb
Schükr'r und Lesien Verwandten, den 28 Jahre ab
ten Kcvuifmann Mehmed Schükri und dem tikrkischen
Komnvisiionär Rüschdr in drei verschiedenen Städ-
ten, in Hof rn Bayern, Mann'heim und tn HaTw- .
burg M verHaften.

* Hagelkatastrophe in Oberbayern. Im B slrks«
.amt Nofenheim in Olborbayern ist ein Hagel-ljw
wetter niederMgangen, das Sinen Schaden vo..
6—8 Mlill. M. verursacht hat. Es wurdon allein
iiber 2,1 Mill. Dachziogl'l zertrümmert. Sämtlch^
Dachvlattenlvorräte dcs Vezirks mit 50 000 Stuck ^
wurdcm, beschlagnahnlt. Angesichts dcr Notlase

an das Ministerium für soziale Fürsorgs das t-r
suchcn gerichtet worden, iur die in Fragc kommcn« >
den Aiögeleien die zehnstiindige A.beitSKeit ro- '
der zn g> statto,!. In dcr Pfcrlz liegcn rwar groze j
Vorräte crn Dach.)i-egeln, doch verwclgein d e Frcr-.-
zosen d'ie Ausfuhr.

» Wsibliche Stierkämvfer. Der B.ruf des Siicv' l
f.-chters sei, s.o sollte man dcmkcm, vor dem s
dr'Ngen dcr Frau gcschützt: aber das ist kelnes»
wegs der Fiall. Eegenwürtig gibt es in Portt'gal
euren gcschicktcn und kiihnsll weiblichen Stie.seH'
tcr. die ihren männl'chsii Kollcgen nichts ncvch'g.b-.
 
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