Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
heidewerger Ieitung — Nr. I8d

Üeilage

di??L

?keit

Z-W
M

^.der ^os-

, UninjA?>ek-

>.ui
lüti

u.ns

d5n K

Mittwoch, den 13. August 1919

i den Z" .

rb

kLZ

^rin k

NLe Ctr§

^errr-tma-
<vuch mu ria-

ninent s».

cvuch ^j,

d? CM d«
KWUklt-

lllen Voikss^

au chres hejL.

-l- 'Mit^L

e-ner wird dri

r.einheitlichei,
vie Einzel-
ter Bereitwil- >

i-chts ünf die

m l

nr ote Eteuen
en Termin in
i«. die gq'amte
vchres M vei-
raffen, das an
ung nicht D
lEe znm Cr-

werden sollen,
Wochltat sein,

- schcrffen, was
>es Reich cmf-
kratie. (M

auf Mittwoch

n.ge<
rage
n, dir
^sent-
stießea

Di«

Die poNtische Frau

Von Clara Mende, M. d. N.

Mit allem guten Alten, das wir jetzt ver-
nichtet, zerstört, begraben haben, ist auch man-
ches in den Abgrund gesunken, dem wir nicht
nachzuweinen brauchen, mancher alte Zopf ist
abgeschnitten, der schon lange keine Zierde
mehr am deutschen Haupte war^ es ist nur die
Fruge, ob die Operation nicht weniger ge-
waltsam und etwas sachverständiger ausge-
führt werden konnte. Zu den Axiomen, die
verschwunden sind, gehört auch das von der
unerlaubten politischen Tätig-
keit der Frau. Wie oft kämpfte man
früher für das etnfache selbstverständliche
Recht der Frau auf politische Teilnahme zum
mindesten, von politischer Tätigkeit gar nicht
zu reden. Das ist endgültig anders gewor-
den, das wird auch keine Eegenrevolution
mehr umstoßen können. Um aber etwas
Brauchbares aus den neuen politischen Rech-
ten zu machen, bedarf es der angestrengtesten
Arbeit der Frauen.

Wir müffen Politik treiben lernen. Es ge-
nügt nicht, mitzureden, Vorschläge zu machen,
Anträge einzubrtngen und zu kritisieren, die
Frauen müffen sich Eebiete aussuchen, auf de-
nen sie praktische Mitarbeit leisten können.
Zwei Eebiete scheinen mir besonders geeignet,
um die beiden Forderungen zu erfüllen: die
Frauen zu einer befriedigenden Tä»
tigkeit zu führen und dem Staat nutz-
bringende Arbeit zu leisten.

Einmal stnd es im Rahmen der inneren
Politik alle sozialen Fragen, deren sich die
Fräuen annehmen müffen, weil sie hier, ihrer
innersten Natur nach, ihr Bestes leisten kön-
nen und den Mann ergänzen. Alle Fragen
dieses weitumfaffenden Eebietes von Kinder-
und Armenfürsorge angefangen bis zur Woh-
nungs- und Bodenreform Hinüber bieten so
viele Probleme, dle zu lösen, alle Kreise un-
seres Volkes bestrebt sein müffen.

Zn den Erenzen der äußeren Politik ist es
namentlich die Auswandererfrage.
die in den zu erwartenden Jahren des Arbei-
terllberschuffes namentlich die Frauen sehr
nahe angeht. Wohin werden sich die Frauen
wcnden, wer wird sie beraten, an wem wer-
den sie im Ausland einen Halt haben? Es ist
ganz selbstverständlich, daß unsere Regierung,
das Auswärtige Amt, ebenfalls diese Fragen
in Erwägung ziehen wird, aber wir Frauen
möchten nicht so lange erwägen, sondern han-
deln. Vielleicht, wenn wir erst in der Negie-
rung sind, lernen wlr auch den Wert der Er--
wägungen schätzen, vorläufig erscheint er uns
noch recht problematisch.

Was können wir nun tun, um diesen Ee-
danken und ihren Ausführungen näher zu
treten? Uns mit den Auslandsdeutschen in
Verbindung setzen, um Fäden hinüber zu spin-
nen in das Ausland, von dem der Durch-
schnittsdeutsche so herzlich wenig weiß, um dort
mil Personen Fühlung zu nehmen, die uns
helfen können und wollen: sodann in allen
politischen Ausbildungskursen eknen Teil der
Zeit der Auslandspolitik widmen. Zn den
eiiizelnen Ortsgruppen AufklärungsarbeiL
leisten über die Länder, wohin deutsche Frauen
wandern können, und was sie dort ergreifen
können. Und zuletzt dafür sorgen, daß die

Deutschen, ob Männer oder Frauen, die h!n-
ausgehen, im Vewußtsein deutscher Würde
und deutscher Ehre hinausziehen, daß sie be-
rufen sind, dem deutschen Namen wieder An-
sehen im Ausland zu verschaffen.

Die Frauen müssen auch der Regierung ihre
Wünsche für die Vertretung im Ausland vor-
tragen und begründen, keine deutschen Vertre-
ter mehr, die nur gesellschaftliche Vorzüge ha-
ben, in gewiffe Länder keine Konsuln und
Eesandte senden, wenn sie nicht verheirater
sind, damit die Familie des vornehmsten deut-
schen Vertreters den Mittelpunkt der deutschen
Kolonie bilden kann. Zn den oben erwähn-
ten Ausbildungskursen. in den Erörterungen
der Ortsgruppen auch solche Forderungen er-
heben und an die Frauen der deutschen Ver-
treter im Ausland weitergeben, damit sie
ihrerseits auch ihre Pflichten anders auffaffen.
als das früher meistens der Fall war.

Die politische Tätigkeit der Frauen, in die-
ser Hinsicht aufgefaßt und erfüllt. muß dem
dcutschen Volk und Staat zum Segen gerei-
chcn, es wird Sache der Frauen sein, sich diese
Arbeit zu erringen, und es wird Sache der
Männer sein. sie nicht darin zu hindern, son-
dern sie zu fördern und ihnen mitzuhelfen:
dann wird unser Volk nur Nutzen von der po -
litischen Frau haben.

Vermögensabgade oder
Zrvangsanleihe?

Es mehren sich die Anzeichen dasür. daß die in
Aussicht genommene grotze Vermögensabgabe zu
einem Verhängniffe sür Deutschland werden lonnte.
Wührend bisher von einigen Warnern nur ange-
nommen wurde, datz die aus dem deutschen Privat-
besitze in den Besit; des Deutschen Reiches überge-
henden Reichtümer ichlietzlich unscre Eegner dazu
verleiten könnten. trotz der Frtedensbestimmungen.
die Hand nach ihnen auszustrecken. dringcn scba'
jetzt sowohl von London wie von Paris Stimmen
zu' uns herüber. nach welchen unsere Eegner ganz
offenkundig derartige realisicrbare Absichten an-
melden. Um so beffer. Wir sind jetzt gewarnt und
haben nun in letzter Stunde noch einmal Gelegen-
heit zu überlegen. was wir tun sollen.

Die grotze Vermögensabgabe sollte nach Ansicht
ihrer Beiürworter mehrfachcn Zwecken dienen: Ste
sollte dcn g'ötzten Te:l der Kriegskosten den Be-
mittelten auferltgc,:. sie sollte in Bezug auf die
Bcsitzverbaltnisie der verschiedenen Bevölkerungs-
schichten eine ar--qleichende Wirkung ausüben, sie
sollte die Notenzirkulation stark einschränken. sie
sollte verhindern. das- von den zukünft gen laufen-
dcn Einnahmen der Bevölkerung allzuviel von der
Cteuergesetzgebung getroffen werden mützte und sie
sollte schlietzlich durch d'e Einlicfcrung von Neul-
werten seitens der Steuerpflichtigen den Beginn
einer Sozialisierung auf den verschiedensten wirt-
schaftlichen Eebieten bilden. Diese letzte Absicht ist
für attc Sozialisierungsfanatiker wohl die Haupt-
sl.che gewesen, während von anderer Seite betont
wird. datz die projektierte „Reichsvermögensbank"
die ihr zugcdachre Arbeit nicinals werde leisten
tönnen. Zn der Tat. es ist erstaunlich. welche
Aufgaben. an die sich bisher noch kein Volk gewaqt
hat, unserm armen eben erst in tiefster Not ge-
borciei. Sraate zugemutet werden. Aber aucu auf
anderen finanziellen Eebieten schwirren heikle
Projclte in einer Weise in der Luft. datz das bis-
herige Zutrauen ber Welt in deutsche Eründlichkert
und Zuverlässigkeit in bedenkliches Schwanken qe-
raten mutz. Kein Eebiet bcdarf mehr der rubige'r.
sorqsämen und wohlüberlegten langsamen Föroe-
runq und leidet so sehr unter Unruhe und selbstbe-
wutztem uirt impulsiven Tatendrang. als qerade
das finanzielle. Was haben uns bis heute schon
die Abstempelungsideen von Vanknoten und Wert-

papieren geschadet, wie viele in Aussicht stehende
wirkltche Hülfen nicht zur Reife gelangen lassen.
wie sehr aus unsere Valuta gedrückt, und dabei sind
diese Jdeen technisch einfach nicht ausführbarl Und
die Bestrebungen. den Wert der deutschen Valuta
kurzer Hand gesetzlich herabzusetzen! Ahnt man
denn garnicht, dah damit wenigstens etnstweilen
nichts weiter erreicht werden könnte, als datz die
Möglichkeit für unsere Valuta. sich wieder zu er-
holen, einfach abgeriegelt wtrd; die Tendenzen
aber. dte heute preisdrückend auf sie einwirken,
bleiben unbelästigt. Unausbleibliches Nesultat:
Erneutes Fallen der deutschen Währung und da-
mit weitere starke Verschlechterung unserer wirt-
schaftltchen Verhältntffe. Man stelle doch zunächst
fest, unter welcherlei finanzielle Nöten wir ge-
meinsam mit den meisten europäischen Völkern lei-
den — und dazu gehört wahrhaftig die Bank-
noten-Ueberschwemmung — und überlasse die Jni-
tiative in der Bekämpfung dieser Seuche den an-
deren Völkern. welche die Hände freier als wir
haben, und beschäftige sich einstweilen nur mit un-
sern ganz speziellen Sorgen.

Doch zurück zur Hauptfrage! Es ist die Jdee
aufgetaucht, statt der Vermögensabgabe eine
Zwangsanleihe zu beschlietzen. Diese Zwangs-
anleihe könnte in der Tat in einer Weise er-
folgen, datz ihr Effekt in vielen Richtungen hin
dcmjenigen der Vermögensabgabe gleichkäine. Man
könnte es so einrichten. datz bei ihr ein Jeder ge-
nau den gleichen Betrag zu zahlen hätte, wie bei
der Vermögensabgabe, auch würden genau wie bei
ihr die Kriegsanleihcn in Zahlung genommen
werden, aber man würde auf den grotzen „Kram-
laden" der Retchsvermögensbank zu verzichten ha-
ben und die entstehenden Schwterigkeiten auf an-
dere TÜeise lösen. Damit aber wäre erreicht. dn>
keine realen Objekte. d. h. keine von unserer Wäh-
rung unabhängigen. dem ZugriffederOegner aus-
gesetzt würden. — Welchen Wert soll man nun
den Anleihescheinc-n geben? Das ist die Frage nack>
den Zinsen. und diese Frage löst wieder die andere
aus, ob ntcht bei einer gewiffen Erenze der Ka-
pitalgewinn für den Staat weniger vorteilhaft ist
als die bei Verzicht auf.densclben geschonte Steuer-
kraft. Jst man der Anstcht, datz vor allem die
Blutleere des Wtrtschaftskörpers und die Schwäch-
ung der Steuerkraft zu vermeiden sind, so könnte
man vielleicht folgendermatzen verfahren:

Man gcbe bei der Zwangsanleihe richtige- Titel
beraus, die umlauffähig wären und einen gewissen
Wert repräsentteren. Damit würde dem Steuer-
pflichtigen ein Pfand in dte Hand gegeben wer-
den, welches es ihm erleichtert, den Anforderung
des Staates an seinen Kapitalbefitz genügen zu
können. Und damit würde schon allein ein
der Aufgaben verschwtnden. die sonst der Reichs-
vermögensbank zufallen würden und von ihr nur
schlecht oder garnicht gelöst werden könnten.

Hinzu set solgender Vorschlag gemacht:

Man stelle die Titel mit einer Umlaufszeit v--
100 Iahren aus. man mache sie fllr die ersten 10
Zahre zinslos, sür die nächsten 10 Jahre als mit
1 v. H. verzinslich. während sie alsdann das Mari
mum ihrer Verzinsung mit 2 v. H. erreichen wür-
den: glelchzeitig begänne dann ihre Amortisation.
aber statt zu 100 v. H. nur zu 50 v. H. .,

Will man weiter gehen. so könnte »NdN die
Steuerpflichtigen diese Kap tals-Konzession mit
einem jährlichen Opfer ausEihrer Steuerkraft er-
kaufen laffen. Sie mützten dann'auch in den
ersten 20 Jahren ihre Steuern. oder wenigstens
eine oder mehrere derselben, so zu zahlen haben.
als ob sie die ganze Zeit 2 v. H. Zins erhalten
hätten. Nehmen wir an. datz das Vermöqensopfer
resp. die Zwangsanleihe 60 Milliarden Mark ein-
zubringen hätte. so würde die Vevölkeruna dasür
datz i.hr Kapital nicht qanz verloren rst. jährlich 2
v. H.. den definttiven Zinssatz. den sie zunächst gar-
nicht, dann nur zur Hälfte empfanqen würde, al
eingegangen betrachten müssen, das wären 1,2
Mtlliarden, und hierauf Steuern zu zahlen ba-
ben. Nimmt man dieselben etwa zu 25 n. 5,. c>

'so würde das Reich jährlich auf 300 Millionen
Mark neue Steuern rechnen können. Die näck^

10 Iahre würden also dem Reich durch diese Ope-
ration im ganzen 3 Milliarden Mark neu ein-

bringen. Dann würden die Verpflichtungen des.
Staates beginnen. zuerst mit 600 Millionen jähr-
lich und dann nnt 1200 Millionen und langsamer
Amortisation, denen aber immer die 300 Millionen
neue Steuereingänge gegenüber ständen.

Die Verwendung der sofort eingehenden 60
Milliarden Mark dürfte aber ntcht allein der Ttl-
gung der Kriegsanleihe zugute kommen. Ein gro-
tzer Teil dcrselben wird ja schon hurch Einreichung
bei dieser Operation getilgt. Alles Uebrige mützte
zur teilweisen Tilgung unserer schwebenden Schuld
perwandt werden, dis sich immer mehr zu der
Hauptgefahr für das Deutsche Reich auszuwacküen
beginnt. _ ic.

Sven Aedin über Deutschlands
Zukunst

Jn der Ortsgckuppe Steglitz dcp Deutschnationai-
len Volkspartsi v^rlcrs Pros. Walt. Stahlberg
cinen Vrief, den Sven Hedin Ende Inli d. Z.
an äinen Frennd und ehemaligen Stuid'rengenoffen
in Deutjchland gerichtet hat. Der beriühmte schave-
dische Forschungsreisende äutzerte sich in diesom
taotz der schweren Not, die sich das deutsche Vokk
durch seine Massenniederlegung selbst sugerogen
hat. ruiversichtlich über Deutschlands Zuknnst. Er
schrred:

„Jch hatte nöchnckls einen solchen Ausgang für
möglich gehalten. Dah die deutschen Armoen end-
lich weichen mützten, war ia klar, aber bestegt häi-
ten sie niemals werden sollen. Man hätte ein
Maratchon erleben können, das arotzte und herr-
lichste der Weltgeschichte, und crm Ende wäre drr
Zusammenbruch aus der Ententefeite evfolgt.
Deutschland ist tm Fellde und m'it ehrlichen
Wafsen nicht besregt wockdeni: die 28Feinde
haben es nicht besiegen können. Bsstegt ist es
aber trotzdsm, und rwar von seinem eigenen
Volk. Darin ltegt'die Tragik. Ich b"m
weit davon entsernt. vie Lage als verzweifett zu '
betrachten. Das Volk wird wtoder gencksen und
einsohen, wie es betrogcn worden fft. Dcrnnl kommt
die ges unde Reaktion, und die wird schveck-
lich: dann kommt aber auch dte deutschs
Größe wieder; dann kommt der Tag dor Rs-
chenschaft für den Domokraten Mar von Baidsn
und die anderen. .dte ldas Volk .-befre'lt" halüem:
Der Ausgang seigt deutlich genug, was Preutzctz,
Kaisensmus, Militarismus und etssrne Diszüplin
bodeutet baben. Sobald diese Kräste duich die
FreiheitsaVoistel zevstört wurden, ging alles ruin
Teusel. Man hat mrihr all dkchen Abenteuersrtt
und an den Herrn Wilson geglcmbt, als an Bis-
marcks Werk, an den Kaiser. an Hindenburg uud
Ludendorfs. an die grötzten Männer der ZeiL. Ein
solches Volk. wie das deutsche, mutz von sester Hand
geleitet und rogiert worden, sonst gebt es so. wiir es
gegangen ist. .Herzlich» Erütze an die Kiulder!
Sage ihnen. datz es überbaupt keinen Erund
zum Vevzweifeln gibt. Der Krieg tst noch
nicht ru Ende. Deutschland ist nicht bostegt. Mit
zusammengebissenen Zälinen wird ss Erotzartige;
leisten. Jch sreue mich dor Hasfnung, die Polen
so von d"n Doutschen behandolt su sehen. wie dds
Koroaner von den Iaoanern: sie verdieuen es.
Deutschlanids Zukunft liogt in Rutz-
land. Doutchland wird ru der grötzten K-onti-,
nontcrlmächt dcr Welt wachsen. Und England?
Es gibt doch oiue Eerechtigkeit im Himmol! Jchi
babe koine Angist füv die Zukuuft. Aber erst di«
Nestauvation im oigenen Lande uud dann, ta
dann wsrde ich me'inie alten Dsutschen wiedrrer-
kennen!"

Von ganzem Herzen wollen wir bosfeu. dah de:
grohe Schwede Recht bohcilt!

ü/ Gestch dir's selbst, wenil du gefehlt;

!!( süg nicht, wenn Einsicht kain,

P zuin falschen A'eg. den du gewählt,

auch noch die falsche Scham. Grillparzer

Oie blaue Spur

Roman von Julius Regis
Aus dem Schwedischen übersetzt oan E. o. Kraatz
^opyriLdt1917b/Oretklein üeeo. O.m.b.N. t.eipri8
(3b. Fortsehung)

..Schon in der Nacht des 25. Mai habe ich die
Szeue beim Tode des Doktors zu entwerfen oer-
sucht, fuhr Wallion fort. ..Jetzt nvutz ich ste um-
konl,truleren. Ich denke inir. datz die Unbskannton
um e,ne Unterredung gobeten hatten. Der andere
befindet sich im Hause, hält sich aber versteckt. Dio
Unbokannten finden sich ein, ste droihen. der Doktor
hö.t seinen Revolver hervor und schietzt. Das ist
die Kugel, die durchs Fester und dr'üben in dte
Mauer bineinfuhr. Der Manu neben dom Fen-
sier schieht mit ihm zugleich und streckt den uuglück-
lichen Doktor zu Boden. Tie Uubokannten durch-
suchen den Schrelbti.ch nach den Papieren. Da er-
schemt der andre in der Bibliothektür. Die Unbe-
kcmnten entfiiohen. und der audere sieht ein, datz
Mch er die Flucht crgreifen mutz. Er schltesst die
Tür ab und stoht noch ratlos da. als der Bediente
>hn findet imd ihm zur Flucht verhllst."

'.Wahrhaftigl" rief Stens uach kur.zem Schwel-
e'n uus. „Deine Darlegung stimmt mit alle-n Tat-
lachcn überein. Ich glaube, Du basst recht!"

Pauline hatte stumm und mit gesenltem Haupt
dagesesien.

Ietjt blickte sie auf.

„Wenn der andere hier ini Hause versteckt ge-
halten wurde. mutz John von Anfang an alles ge-
wutzt haben". bemerkte ste ruhig.

„Das tst noch nicht alles". versetzte Wallion.
mutz den anderen genau genug gekannt haben,
'vm zu begreisen. daß er nicht der Mörder ?ein
lonntel" '

,.Ia". sagte das junge Mädchen lebhaft. „Iohn
wüi^de ihn niemals beschützt haben. wenn er darü-
ber auch nur den geringsten Zweifel gehegt hätte,
davon können wir ausgehcn."

Der Detektivreporter sah nach der Uhr.

„Ich bin oollständig ein'.g mit Ihnen", erklärte
er lächelnd. indem er sich erhob „Darum lst das
Verschwinden des Bedienten auch ein gutes Zei-
chen."

Es war, als ob Paultqe ihn verstände. denn
ihr Eesicht erhellte sich, und sie nickte ihm zu.

„Sie meinen, datz er uns zu helfen vers>ucht?"
fragte sie.

„Nicht uns. sondern dem anderen. Und viel-
leicht wird es stch schlietzlich erweisen, datz das ein
und dasselbe ist."

„Du sprichst in Nätseln!" warf Beyler ver-
blüfft und ungeduldig ein.

„Jch werde bald deutlicher sprecheu", erwiderte
der Detektivreporter.

, 29.

„Die geheim.nisvolle blaue Spur bietet neue
Ueberraschungen

Der Bediente Iohn Andersson verschwindet.

Der seltsame Fall Hesielmann, her fortwährend
neue Wendungen nimmt, scheint jetzt seinen Höhe-
punkt erreicht zu haben. dcnn der Diener John
Andersson ist spurlos verschwunden. Ueber den
Veweggrund weitz die Polizeibehörde nichts. Es
ergibt sich indesien, datz Andersson sich Freitag
nachmittag etwa um halb drei Uhr alletn aus der
Villa in Lidingö entfernt hat, und seitdem weder
von sich hören noch sehen lietz. Betm Fortgehen
trug er vermutlich einen grauen Anzug, schwarze
Schuhe und Reisemütze und ffatte eine kleine
sck.warze Handtasche mit Nickelbeschlag bei sich. An-
dersson tst vierundsechzig Jahre alt, mittelgroh,
ikrästtg gebant. glatt rasicrt und hat scharf ge-
schrittene Zllge und graumeliertes Haar.

Autodroschke^ 8853 hat ihn nach
VärmdL gefahren.

Die Polizet begann ihre Nachforschungen spät
abends. Es gelang ihr sehr bald. festzustellen.
datz A. Freitag abend auf dem Gustav-Adolf-Markt
die Autodroschke 8853 anrief und sich nach

Värmdö hinausfahren Uetz. Der Chauffcur berich-
tet, A. sei sehr erregt gewesen. Sie sind über
Nacka und Skurubrücke gefahren. Vei Eustavs-
berg hat der Chauffeur e'ne Zeitlang halten müs-
sen, während A. nervös auf der Landstratze hin
und her wanderte und eine Karte studierte. Dann
ging es wetter. .dicht an der Värmdöer Kirche vor-
über und etwa bis zwetdrtttelwcgs nach Lindal.
Hier wurde das Auto bezahlt und entlasien, und
von da ab fehlt jede Spur von dem Entschwunde-
nen. Die Eegend ist natürlich gründlich durch-
sucht worden. Die Polizet ist der Ansicht, dah A.
stch in einem durch die traurtgen Ereignisie ver-
ursachten Anfall von Nervosttät das Leben genom-
men hat.

Jn dem Fall fehlt jedoch jede Antwort auf die
Frage: was unternahm A. in der Zeit von halb 3
bts 8. also in einem Zeitraum von mehr als fllnf
Ctunden? Wir halten es sür wichtig. Licht in
diese Umstände zu bringen."

So lautete der Bericht des „Dagscurir" vom
folgenden Morgen. ohne jeden Kommentar.

Jm Zimmer der Berichterstatter herrschte eitel
Entzücken. Die jungen Journalistenköpfe glühten
vor Vegeisterung. denn man wutzte schon von Wal-
ltons und Beckmans seltsamen Abenteuern am
Frettag. und auch. datz Wallion grohen Anteil an
den nächtltchen Nachforschungen hatte.

„Keine Zeitung bringt mehr als wir über die
Sache. Dies ist eine Fehde des „Dagscurir" gegen
dte Verbrecher."

„Wo ist Wallion?"

„Er mutz uns auf die Fährte setzen."

„Hat er es selbst geschrteben?"

„Ja. kam um zwei Uhr nachts. schrieb in slie-
gender Eile und war wieder auf und davon."

„Hoch, Wallion! Es lebe die Presie!"

Der Iournalistenknäuel schnaubte wie junge
Noffe und bäumte sich förmlich vor Lebenslust.

Schlag zwölf Uhr trat Maurice Wallion her-
ein: bleich vor Erschöpfung. aber tadellos rasiert
und elegant wie immer und mit der ewigen Zt-
garette mit Eoldmundstllck zwischen den Lippen.

Etn Freudengeheul begrlltzte ihn, und er lachte

„Wo btst Du geweien? Cibts was Neues? —
was Neues?^ ^

Er setzte sich^und blickte sie der Reihe nach an.

„Ich habe diese Nacht nicht geschlasen", sagte
er. „und denke es jetzt nochzuholen, auf einer
Matte unterm Tisch."

„Ach. hols der Teufel! Erzähle!"

Er blies einen Rauchring in die Luft und
steckte den Finger hindurch.

„Es darf nicht weitergesagt und auch nicht ge-
-ruckt werden", sagte er. „Aber John Andersson
ist gestern abend dicht bei Ltndal aus ein Motor-
boot gestiegen. Das ist das allerletzte. was ich zu
wiffen bekommen habe. Ein unbekanntes Motor-
boot."

„Das ihn erwartete?" fragte eine Stimme.

Der Detektivreporter nickte.

..Ia, das ihn erroartete"

..herrlich! Herrlichl Auf, füns Motorbooten
durchstöbern wir in acht Tagen die glangen Sck>ären.

„Wenn er nicht auisg Meer hin-alus. vielleicht
aar nvch Finnalnld gefahren ist". bemerkte Wallion
trocken.

„Wir fahren hinterher! Latz uns doch n-ur aüf
die Fährte los!"

«Wir wollen sehen. Kindor. Das Motorfwot
wär ein gewöhn'lichcl^. «elN.iche^t'^ INI ilderbsot,
wie sie in den Schären zu Hunderten oorikaminen."

„Aber in solchom kleinen Boot fährt man nicht
nach Finnlan-d!"

„Wenn man nicht von elnem grötzern aufgenom-
men wird. Aber da ist Veuler."

Wallion naihm Beyler beim Avm und zoa ihn
mit sich in sein Privatzin.mer berein.

Aumor vom Tage

Das gebildete Publikum. Der Bürgermeister
des Slädtchens (triumphierend): „Sie b haupten
5immer, datz hier das Publikum keine klassischeii
Stücke versteht, und jetzt, da Sie auf mcin Ver-
langen einmal „Romeo und Iulia" von dem gro-
tzen Schiller aussühren. werden Sie vom w-ldcf en
Applaus empsangen!" Der Schmicrcndirektor grln-
send: „Eewitz. gewitz. Herr Vürgermelster! All,
dem Programm stand. datz wir „Nomeo und Julta
geben.- aber ln Wirkltchke-t haben wir „Hasemanns
Töchter" gespielt!"
 
Annotationen