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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 44.1933

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Born, Wolfgang: Neue Innenräume von "Haus und Garten"
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https://doi.org/10.11588/diglit.10797#0199

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NEUE INNENRÄUME VON »HAUS UND GARTEN«

Die Schöpfungen der gemeinsam arbeitenden Wie-
ner Architekten Prof. Josef Frank und Dr. Oskar
Wlach haben von jeher eine besondere Note, die, im
Gegensatz zu den wechselnden Modeströmungen der
letzten Jahrzehnte, durch ihren zeitlosen Charakter
gekennzeichnet ist. Nicht umsonst haben sie ihrer
Werkstätte die Bezeichnung »Haus und Garten« ge-
geben. In dieser Wortverbindung liegt bereits das
Bekenntnis zu einem Lebensstil, der - im Kampf
gegen eine großstädtische Mechanisierung — von der
organischen Natur ausgeht. »Haus und Garten« - das
ist die Wohnform in der Landschaft, während der
Großstädter, wenn er sich's leisten kann, die Miets-
kaserne nur mit der »Villa« vertauscht, wobei sich
dann der Begriff »hochherrschaftlich« - typisches
19. Jahrhundert! - wie von selbst einstellt... Also
Repräsentation, Dienerschaft, Salon, Treppenhaus
und was dergleichen Attribute bürgerlichen Reich-
tums aller Gründerzeiten noch sind.

Nichts von dem gibt es bei Frank und Wlach. Hier
versteckt sich nicht unter pseudomoderner Formen-
gebung die alte Wohnform mit ihrem Prunkbedürf-
nis. Hier kokettiert aber auch keine äußerliche »Sach-
lichkeit« mit Formelementen, die aus der Technik

1933. VI. 1

entlehnt sind. Dem Radikalismus, der sich in einem
Übermaß von Metall und maschinellen Tricks nicht
genugtun konnte, ist die Forderung nach Behagen
gegenübergestellt - eine uralte Forderung, die mehr
mit gesundem Menschenverstand zu tun hat als mit
ästhetischen Programmen und die dem deutschen
Menschen, wenn er sich auf sich selbst besinnt, na-
türlich erscheint. Man kann es den Architekten
Frank und Wlach nicht hoch genug anrechnen, daß
sie diese Linie in ihren Raumgestaltungen unbeirrt
innegehalten haben. Wie vieles, was gerade in der
jüngsten Vergangenheit als Muster an Innenarchi-
tektur gepriesen wurde, ist bereits unerträglich ge-
worden! Und zwar hauptsächlich aus dem Grunde,
weil der entwerfende Künstler aus einer formalen
Vorstellung heraus an seine Aufgabe herantrat, an-
statt sich von einem ursprünglichen und schöpferi-
schen Lebensgefühl leiten zu lassen.

Schöpferisches Lebensgefühl - das ist der Gegenpol
des Rationalismus. Es umfaßt neben der Fähigkeit,
Neues hervorzubringen, die innere Verbundenheit
mit der Tradition, also auf dem Gebiet der Werkkunst
jene Handwerksgesinnung, die den Dingen eine be-
glückende Selbstverständlichkeit verleiht. Selbst-
 
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