EMIL ORLIK
Graphische Aasstellung Leipzig 1914
VOR DER STADT (RADIERUNG)
DIE ERSTE INTERNATIONALE GRAPHISCHE KUNST-
AUSSTELLUNG IN LEIPZIG 1914
Von Rich. Grimm-Sachsenberg
Die Ausstellung der zeitgenössischen Gra-
phik ist als Gesamterscheinung eine der
glänzendsten Vorführungen auf der Bugra.
Aber ich glaube doch nicht, daß der Sache
selbst mit der Darbietung solcher Massen ge-
dient wird, da bei dem Uebermaß von etwa
4000 kleinen intimen Kunstwerken die Werte
einander erdrücken. Qualitätsparade, Verkaufs-
schau und Personenkult sind drei zu verschie-
dene Dinge, als daß sie sich auf einer solchen
Ausstellung vereinigen ließen. Der Einheits-
gedanke dieser Ausstellung mußte sein: Inter-
nationale Qualitätsparade. Der Gedanke an
eine Verkaufsschau dürfte hierbei nicht auf-
kommen und durch die Ausschaltung des Per-
sonenkultes wäre auch die Qualität der Aus-
stellung keinesfalls beeinträchtigt worden. Ein
Drittel der ausgestellten Arbeiten eines Sle-
vogt, Liebermann, Klinger, Klimt, Grei-
ner, Köpping hätte genügt, um ihr graphisches
Schaffen in diesem Zusammenhang richtig zu
würdigen. Von Peter Halm ist dagegen ver-
hältnismäßig nur wenig zu sehen. Und wo
bleibt ein Künstler wie Ernst Moritz Geyger
oder auch Böhle? Und die Monotypiekabi-
nette sind schließlich eine arge Belastung und
versuchen der Ausstellung den bedenklichen
Charakter eines Verkaufsladens zu geben.
Die Gruppe des Deutschen Künstlerbundes
läßt nur die Qualität sprechen und weist da-
durch ein höheres Niveau auf als die Deutsche
Kunstgenossenschaft, die aber, nach den glei-
chen Grundsätzen gesichtet, durchaus nicht
zurückzustehen brauchte. Denn der Unter-
schied in der Tendenz der beiden Gruppen
will in bez.ig auf die Güte nichts besagen.
Wenn viel junger Nachwuchs (z. T. Schüler
von Halm, Köpping, Wolff) sich dem Künstler-
bund zuwendet, so ist das Zufallssache und
hat seinen Grund darin, daß dieser die Gra-
phiker durch seine jährlichen Ausstellungen
und durch den Villa Romana-Preis für sich zu
interessieren verstanden hat. Bei einer inter-
nationalen Schau, wie das hier der Fall ist,
haben wir beide Gruppen als ein Ganzes an-
zusehen und neben dem Ausland als solches
zu bewerten.
Alle graphischen Techniken haben in den
Die Kunst für Alle XXX.
65
9
Graphische Aasstellung Leipzig 1914
VOR DER STADT (RADIERUNG)
DIE ERSTE INTERNATIONALE GRAPHISCHE KUNST-
AUSSTELLUNG IN LEIPZIG 1914
Von Rich. Grimm-Sachsenberg
Die Ausstellung der zeitgenössischen Gra-
phik ist als Gesamterscheinung eine der
glänzendsten Vorführungen auf der Bugra.
Aber ich glaube doch nicht, daß der Sache
selbst mit der Darbietung solcher Massen ge-
dient wird, da bei dem Uebermaß von etwa
4000 kleinen intimen Kunstwerken die Werte
einander erdrücken. Qualitätsparade, Verkaufs-
schau und Personenkult sind drei zu verschie-
dene Dinge, als daß sie sich auf einer solchen
Ausstellung vereinigen ließen. Der Einheits-
gedanke dieser Ausstellung mußte sein: Inter-
nationale Qualitätsparade. Der Gedanke an
eine Verkaufsschau dürfte hierbei nicht auf-
kommen und durch die Ausschaltung des Per-
sonenkultes wäre auch die Qualität der Aus-
stellung keinesfalls beeinträchtigt worden. Ein
Drittel der ausgestellten Arbeiten eines Sle-
vogt, Liebermann, Klinger, Klimt, Grei-
ner, Köpping hätte genügt, um ihr graphisches
Schaffen in diesem Zusammenhang richtig zu
würdigen. Von Peter Halm ist dagegen ver-
hältnismäßig nur wenig zu sehen. Und wo
bleibt ein Künstler wie Ernst Moritz Geyger
oder auch Böhle? Und die Monotypiekabi-
nette sind schließlich eine arge Belastung und
versuchen der Ausstellung den bedenklichen
Charakter eines Verkaufsladens zu geben.
Die Gruppe des Deutschen Künstlerbundes
läßt nur die Qualität sprechen und weist da-
durch ein höheres Niveau auf als die Deutsche
Kunstgenossenschaft, die aber, nach den glei-
chen Grundsätzen gesichtet, durchaus nicht
zurückzustehen brauchte. Denn der Unter-
schied in der Tendenz der beiden Gruppen
will in bez.ig auf die Güte nichts besagen.
Wenn viel junger Nachwuchs (z. T. Schüler
von Halm, Köpping, Wolff) sich dem Künstler-
bund zuwendet, so ist das Zufallssache und
hat seinen Grund darin, daß dieser die Gra-
phiker durch seine jährlichen Ausstellungen
und durch den Villa Romana-Preis für sich zu
interessieren verstanden hat. Bei einer inter-
nationalen Schau, wie das hier der Fall ist,
haben wir beide Gruppen als ein Ganzes an-
zusehen und neben dem Ausland als solches
zu bewerten.
Alle graphischen Techniken haben in den
Die Kunst für Alle XXX.
65
9