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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 3.1905

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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.4389#0373

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Stellung zusammengebracht und sehr gut logiert zu
haben.

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Es wird den Besitzern Menzelscher Ölbilder usw.,
die ihre Schätze der Nationalgalerie hergeliehen haben,
höchst angenehm gewesen sein, zu erfahren, dass der
Plan, die Menzelschen Bilder nach dieser Ausstellung
noch einmal am lehrter Bahnhof zu zeigen, wieder
aufgegeben worden ist. Die Menzelschen Bilder, die
für die düsseldorfer Ausstellung hergeliehen waren,
sollen zum Teil in so schlechtem Zustand zu ihren
Eigentümern zurückgekehrt sein, dass man diesen die
Besorgnis — und jetzt die Freude — unmöglich übel-
nehmen kann.

#

Bei Paul Cassirer fand eine ausgezeichnete Renoir-
Ausstellung statt. Sie zeigte u. a. die Dame im Zimmer
mit dem Vogelkäfig, die rembrandtesk ist und die wir
zuvor in der dresdner Ausstellung bewundert (und hier
beschrieben) haben. Dann sahen wir hier die Dame in
der Loge wieder, die uns auf der wiener Impressionisten-
ausstellung einen unvergesslichen Eindruck gemacht
hatte. Auch jetzt wieder konnten wir von ihr nicht
wegfinden. Welch ein vornehmer Kerl ist dieser Renoir
— oder vielleicht richtiger: welch ein vornehmes Bild
ist dieser Renoir, denn Renoir ist sehr ungleich, so un-
gleich etwa wie Tom Gainsborough. Was für Bilder, die
ohne alle Ahnung gemalt waren, haben wir von Gains-
borough gesehen und wie unendlich göttliche hat er
ausserdem gemacht. Renoir hat nicht so viele göttliche
gemacht. Aber die Loge ist eins seiner göttlichen. Das
ist ein Zauber, ein Duft ... da ist in dem wenigen
Schwarz der Toilette eine Kraft... aber man fühlt sich
als Verschwender, als Zeitvergeuder, wenn man einen
Blick von den Augen wegthut. Und doch muss man
auch wieder von den Augen einmal wegblicken, um den
Schmelz der Wangen zu bewundern. Und gemacht ist
das Bild — man ist erstaunt es zu sehen — eigentlich
ganz ohne „Mache". Ein Zauberwerk!

Die von Moreau-Nelaton edierte grosse Corot-Aus-
gabe ist jetzt erschienen, die auf den Mitteilungen des
Schwiegersohns vonCorotsFreunde beruht: A.Robaud.
Es ist die erste zuverlässige Schilderung seines Lebens-
laufs und eine vollständige Darstellung aller seiner
Werke. Wir lernen unendlich durch sie. H.

DER SALON DER UNABHÄNGIGEN
Die „Unabhängigen" haben diesmal vier und einhalb-
tausend Bilder zusammengebracht. Man arbeitet viel

F. von UHDK, SCHAUSPIELERPOETRAT

und mit viel Suchen. Man muss einen grossen Teil der
ausgestellten Arbeiten nach ihrem Wollen beurteilen.
In diesem Streben nimmt man natürlich vieles schon
als Eigensprache und Eigenart. Der Impressionismus
hat Wollen und Suchen frei gemacht. Wie viel Kräfte
er auch freigemacht hat, das ist noch nicht abzusehen,
dafür ist noch zu viel Nachahmung, Missverständnis,
Zuchtlosigkeit und Übertreibung überall; man spürt
Principien, die erklären, entschuldigen und beweisen
sollen. Aus mancherlei Schwächen und Nöten sind
Principien geworden.

Von fertigen Werken nennen wir Guerin. Seine
hellen Bilder — Blau, Lila und Rot sind dominierend in
ihnen — wirken idyllisch. Darin löst sich das Principielle
in ihnen auf. Auch ein gewisser Archaismus, der früher
in ihnen war, löst sich darin. Die umrahmten kleinen
Fresken von Maurice Denis sind stumpfer als sonst.
Der Künstler hat die besten Sachen wohl für den Haupt-
salon aufgespart. Signacs farbigeMosaikensindoutriertin
ihrer Farbigkeit, verwirrend in der Konsequenz ihrer
Technik. Sie sollten unbedingt in Stein, nicht in Ol
sein. Leer erscheint mir Rysselberghe, trotz des Lobes,
das Verhaeren ihm zu spenden gewusst hat. Nur Eines
hat er vor anderen voraus, er lässt eine Sicherheit des
Könnens spüren; doch der Persönlichkeitsausdruck bleibt
aus; der Gehalt mangelt, der auch mit Symbolismus

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