Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe (24.1926)

gestaltungen übrigens sein kann, zeigt sich, wenn
man die Gesellschaftsräume der ersten Klasse mit
denen der dritten vergleicht, wo mit bestem Ge-
lin gen der Versuch gemacht worden ist, unter Be-
nutzung des Eisengerüsts und unter Verzicht auf
alle kunstgewerblichen Dekorationsmittel, die sich
hier aus Gründen der Sparsamkeit von selbst ver-
boten, einen Raum organisch zu formen. Und
daß sich die sehr berechtigte Forderung, einen
heiteren und eleganten Rahmen für eine internatio-
nale Reisegesellschaft zu schaffen, auch ohne Rück-
griff auf die konventionellen Stilformen erfüllen
läßt, die nach gewohnten Begriffen für solche Auf-
gaben üblich sind, beweist die schlichte Raumschön-
heit des Promenadendecks, dessen Formgebung
allerdings wohl weniger auf Rechnung des Archi-
tekten als des Ingenieurs zu setzen ist. Überspannt
von einer unverkleideten Trägerdecke, verglast mit
breiten, leicht zu öffnenden Schiebefenstern wirkt
dieser weitläufige Raum mit dem glatten Parkett
seines Stabfußbodens wie ein weltlicher Kreuz-

gang, der in endloser Flucht das Oberdeck um-
schließt.

Auch in der Grundrißgestaltung ist manches
noch verbesserungsbedürftig. Sie bleibt solange un-
vollkommen, als es vollständig dunkle, von Luft
und Licht abgeschlossene Innenkabinen gibt. Wenn
zwischen der äußeren Schiffswand und dem inneren
Korridor drei Kabinen angelegt werden, wird die
Blocktiefe zu groß, und es entstehen, wie bei der
Mietskaserne nach Berliner Muster, neben ganz
dunklen auch schlecht geschnittene Räume mit
hakenförmigem Grundriß.

Wir sprachen mit einem der Schiffsingenieure
über diese Fragen. Er kennt bessere Konstruk-
tionen und nennt unser Schiff veraltet, obwohl es
vor kaum zwei Jahren vom Stapel gelaufen ist. Ihm
fehle die Schnittigkeit der Form. Die Mängel seines
Grundrisses erklären sich daraus, daß das Schiff,
ursprünglich als Frachtdampfer projektiert und be-
gonnen, während des Baues zum Passagierdampfer
umgebaut worden ist. (Fortsetzung folgt.)

PHOTOGRAPHIE DES BEWEGTEN MEERES VOM SCHIFFE AUS

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