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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 24.1926

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Heft 2
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Auktionsnachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7391#0108

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von Moreau Nelaton nicht beschriebene Exemplar der SIg.
Eißler. Münch war nicht teuer, signierte Radierungen koste-
ten meistens unter 100 Mark, die Farbenlitho der Madonna
(Sch. 33) 230 Mark. Ebenfalls im Preise nachgelassen hatte
Toulouse-Lautrec, die weniger bedeutenden Lithos konnte
man für 8—10 Mark erwerben, 62 Mark für das sehr schöne
Blatt „Lender et Auguez dans Fortunio" schien schon ein
großer Preis. Die Mappe „Elles", die im vorigen Jahre bei
Graupe 1100 Goldmark gebracht hatte, wurde mit 660 Mark
zugeschlagen. —

Das Ergebnis dieser Versteigerung war für die Beurtei-
lung des Kunstmarktes aus dem Grunde wichtig, weil die
Graphik, die hier zum Angebot kam, im allgemeinen in der
Qualität hoch stand und weil es sich dieses Mal nicht, wie
sonst gelegentlich, um abgestandene und abgestoßene Kunst-
händlerware handelte. Probedrucke, frühe Abzüge, Zustands-
drucke, Korrekturabzüge und Seltenheiten, Dinge, die sonst
gesucht waren. Wenn die Preise hierfür im allgemeinen
niedrig waren, so drückt sich in dieser Erscheinung ein-
mal die Geldknappheit und die Absatzkrisis des Kunsthan-
dels aus, eine Tatsache, die nicht überraschen kann. Graphik-

sammler sind rar und die öffentlichen Kabinette haben, mit
wenigen Ausnahmen, keine Mittel. Die großen Kabinette,
wie Berlin, Dresden, München, Hamburg, Bremen, besitzen
Corinth, Liebermann und Slevogt und sind nicht wohl-
habend genug, sich Probedrucke und Serien von Zustands-
drucken anzuschaffen, und das Wiener Kabinett war auf
der Auktion nicht vertreten.

Die Klärung der Situation hat ihr Gutes vom Stand-
punkte der Kunst aus. Das graphische Blatt ist nicht mehr
Spekulationspapier, die ernsthaften Kunstfreunde sitzen auf
einer solchen Auktion wieder mit ihresgleichen zusammen.
Die Niedrigkeit der Preise, an dem Vorkriegsniveau gemessen,
ist an sich ja kein Unglück. Man lernt die Mark und die
halbe Mark wieder achten und daß man ein gutes Blatt
von Liebermann, Slevogt und Corinth für 31 Mark erwerben
kann, ist bei unserer nun einmal Tatsache gewordenen Ar-
mut ein Trost, eine tröstlichere Erscheinung, als wenn die
Graphik zu hohen Preisen ins Ausland gewandert wäre.
Auch der Mann mit bescheidenen Mitteln kann jetzt wieder
gute Kunst sammeln. Und immerhin wurden an diesen zwei
Tagen graphische Blätter für zusammen 85 000 Mark placiert.

E. W.

DIE WIEDERHERSTELLUNGSARBEITEN AM DRESDNER ZWINGER

Der Dresdner Zwinger, die berühmteste Festarchitektur
des deutschen Rokokos, gewährt augenblicklich einen
traurigen Anblick. Die eine Hälfte des Baus ist vollkommen
eingerüstet, die andere Hälfte wird bald folgen. Umfassende
Restaurierungsarbeiten haben sich als notwendig erwiesen,
um den Zwinger nicht in kurzer Frist dem völligen Verfall
preiszugeben. Ob der in den Jahren 1711—1722 errichtete
Bau Pöppelmanns von Anfang an mehr als eine ephemere
Prachtarchitektur für die damalige Hofgesellschaft gedacht
war und darum nicht mit restloser Sorgfalt gebaut wurde,
ist nicht mit Sicherheit zu sagen. Jedenfalls hat auch der
weiche Elbsandstein dazu beigetragen, daß Zeit und Witte-
rung so leicht ihre Spuren in das Bauwerk einzugraben ver-
mochten. Schon am Ende des vorigen Jahrhunderts waren
Ausbesserungsarbeiten notwendig geworden. Um die gleiche
Zeit erhielt der Zwinger auch jenen grauen Olanstrich, den man
sich gewöhnt hat als seine ihm adäquate Farbe, als schöne
Patina anzusehen Dieser Ölanstrich sollte den weichen
Stein vor den Einflüssen von Nässe und Kälte schützen.
Starkem Regen hielt jedoch auch er nicht Stand, und bei
darauffolgendem Frost gefror das Wasser unter dem An-
strich. Das Eis drang in die Fugen und sprengte den Stein.
So war der Erfolg dieser Schutzmaßregel nur negativ, der
Zwinger drohte an vielen Stellen auseinanderzubersten.
Man hat jetzt unter der Leitung des Baumeisters Ermisch
angefangen, den Olanstrich abzulösen, und machte dabei
gleichzeitig eine sonderbare Entdeckung. Die Restaurierung

am Ende des neunzehnten Jahrhunderts hatte unbekümmert
zerstörte Teile des figürlichen Schmucks mit Zement ergänzt,
was unter dem Anstrich unsichtbar geblieben war. Erst
jetzt wird es allmählich sichtbar, wie morsch das ganze
Gefüge unter der Oberfläche ist. Leider sieht man sich
nun vor die traurige Tatsache gestellt, an manchen Stellen
beinahe Stein für Stein durch neues Material zu ersetzen.
Die Skulpturen werden heruntergenommen, an die Origi-
nale werden fehlende Gliedmaßen und sonstige Teile von
Prof. Wrba und seiner Schule stilistisch möglichst treu an-
modelliert und die gesamte Skulptur dann mit dem Storch-
schnabel kopiert. Die Originale sollen später eine museale
Aufstellung finden. Durch die Verwendung eines etwas
härteren Sandsteins hofft man, die Haltbarkeit zu verlängern.
Der schwere Entschluß, den zukünftigen Zwinger in vielen
Teilen nur noch zu einer Kopie zu machen, war die einzige
Möglichkeit, den Bau als Gesamtheit zu erhalten. Die den
an die dunkle „Patina" des Ölanstriches gewöhnten Be-
schauer befremdende helle Farbe der bereits ergänzten
Teile entspricht im Grunde mehr dem ursprünglich ge-
wollten Eindruck dieser festlichen Architektur. Eine ge-
wisse echte Patina, die das allzu Neue verwischt, bildet sich
ja in kurzer Zeit. Man muß auf diese Weise jedenfalls zu-
frieden sein, daß, wenn auch manches Detail und der Hauch
des Originals, der im Grunde nur noch sehr gemindert vor-
handen war, verloren gehen, so doch die spezifische archi-
tektonische Leistung Pöppelmanns erhalten bleibt.
 
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