Kunst und Völkerkunde. Die Forderang, bedeutende
Kunstwerke aus den ethnographischen Sammlungen zu ent-
fernen und sie den Kunstmuseen zu überweisen, ist, dank dem
Eingreifen des Kultusministeriums, teilweise schon durchgeführt
worden. Es plant das Ministerium nun aber noch eine Gegen-
aktion, die nicht weniger wichtig ist. Es sollen nämlich aus den
Kunstsammlungen alle Werke entfernt und den Museen für
Völkerkunde überwiesen werden, die nicht eigentlich künstle-
rischen Wert, sondern vorwiegend ethnographische Bedeutung
haben. Um allen Streitigkeiten, was als künstlerisch und was als
nur ethnograpisch zu betrachten sei, aus dem Wege zu gehen,
ist die Entscheidung der objektivsten Instanz, die es gibt,
nämlich der Redaktion von Kunst und Künstler übertragen
worden. Diese Maßnahme wird zunächst die Folge haben,
daß die Kunstmuseen nur noch den zehnten Teil des Platzes
brauchen wie bisher. Es wird, zum Beispiel, das Kaiser-
Friedrich-Museum ganz frei; und auch die Neubauten auf
der Museumsinsel können zur Verfügung gestellt werden.
Wie verlautet, sollen die großen Räume der Antikenabtei-
lung in diesen Neubauten lukrativ für Sechstagerennen und
dergleichen benutzt werden. Wenn sie sich hierfür als zu
groß und unübersichtlich erweisen, so soll eine Automobil-
rennbahn eingerichtet werden. Das Kronprinzenpalais wird
geräumt. Die in den oberen Sälen jetzt ausgestellten Bilder
und Skulpturen werden im wesentlichen den ozeanischen
und afrikanischen Abteilungen des Völkerkundemuseums
überwiesen. Das Kaiser-Friedrich-Museum soll als Kranken-
haus Verwendung finden. Es soll vor allem den Kunst-
historikern und Museumsbeamten zu gute kommen, die in-
folge dieser umwälzenden Anordnungen tobsüchtig werden.
Eine Altersgrenze für Künstler. Die jüngeren Künst-
ler haben sich zusammengetan und dem Reichstag eine Denk-
schrift überreicht, worin auch für die Künstler, wie für die Be-
amten, eine Altersgrenze gefordert wird. Als höchstes Alter
wird das 55.Lebensjahr vorgeschlagen. Nach diesem Zeitpunkt
soll es dem Künstler verboten sein, öffentlich auszustellen und
zu verkaufen. Die Denkschrift sagt, daß nur durch eine solche
Maßnahme die nationale Produktion geschützt und gestützt
werden könne, daß nur so der Jugend Gewähr geboten würde,
emporzukommen. Die berühmten Künstler sollen am streng-
sten überwacht werden. Ausnahmen sind nur zulässig,
wenn der alternde Künstler eine natürliche oder erworbene
Schizophrenin oder auch vollkommenen Infantilismus nach-
weisen kann. — Als Sachverständige werden Dr. Prinzhorn
und Wilhelm Uhde vorgeschlagen. Eine Altersgrenze soll
auch den Kunstkritikern gesetzt werden, möglichst aber schon
mit dem 50. Lebensjahr. Als Entschädigung erhalten sie den
vom Kultusministerium in Aussicht genommenen Orden für
„Verkalkung im öffentlichen Dienst". Die Petenten behal-
ten sich vor, eine Abänderung des Gesetzes zu beantragen,
sobald sie selbst sich dem 55. Lebensjahre nähern. Wie wir
hören, stößt die Forderung in allen Parteien auf Verständ-
nis. Man ist sich sowohl rechts, wie links und in der Mitte
der gefährlichen Beunruhigung bewußt, die fortgesetzt vom
Talent ausgeht.
BERICHTIGUNG EINER BERICHTIGUNG
Mit Bezug auf unsere Berichtigung im Dezemberheft,
betreffend die seinerzeit in Kunst und Künstler publizierten
Baupläne der Museumsneubauten, geht uns mit Berufung auf
das Preßgesetz die folgende offizielle Berichtigung zu, die
wir pflichtgemäß zur Kenntnis bringen:
1. Die betreffenden Pläne sind nicht unrichtig.
2. Die trotzdem vorhandenen Unrichtigkeiten gehen die
Bauleitung nichts an, denn
3. die Pläne waren schon unrichtig, als die Bauleitung
sie übernahm, und
4. sind die Unrichtigkeiten durch den Bau, der sich um
sie nicht gekümmert hat, längst berichtigt.
5. Es ist also tatsächlich nur nach richtigen Plänen ge-
baut worden;
6. die Pläne sind somit, obwohl unrichtig, doch richtig.
7. Unwahr ist, daß die Bauten mit den Plänen nicht
übereinstimmen; wahr ist nur, daß die Pläne nicht mit den
Bauten übereinstimmen.
8. Unwahr ist endlich, daß die Bauleitung von der Un-
richtigkeit der Pläne Kenntnis gehabt haben müsse; wahr
ist allein, daß die Bauleitung nicht weiß, was sie getan,
nicht getan, gewußt oder nicht gewußt hat.
Oskar Kokoschka hat, wie wir hören, eine große Erne-
mannkamera mit Zeiß-Anastigmat erworben und wird in Zu-
kunft seine Porträts auf photographischem Wege herstellen,
um dem Vorwurf mangelnder Ähnlichkeit zu begegnen. Die
Preise des Künstlers werden trotz der erheblichen An-
schaffungskosten nicht erhöht werden.
Prinzhorn, der Verfasser der rühmlich bekannten Werke
über die Bildnerei der Geisteskranken und der Gefangenen,
bereitet ein Buch über die Kunst des Normalmenschen vor.
Da die Materialsammlung sich sehr schwierig gestaltet, bittet
der Verfasser, ihn durch Einsendungen nach Möglichkeit zu
unterstützen.
Die Zeitschrift „Der Sturm" hat ihr selbständiges Er-
scheinen eingestellt. Sie wird in Zukunft als Sonderbeilage
der „Gartenlaube" fortgeführt werden. Die redaktionelle
Verantwortung trägt nach wie vor Herwarth Waiden.
Die Zeitschrift „Der Querschnitt" führt vom 1. April ab
den Namen „Der Durchschnitt".
Otto Dix hat, nachdem das Porträt des Reichskanzlers
Luther fertiggestellt ist, mit behördlicher Genehmigung den
Namen von Cranach angenommen.
20{
Kunstwerke aus den ethnographischen Sammlungen zu ent-
fernen und sie den Kunstmuseen zu überweisen, ist, dank dem
Eingreifen des Kultusministeriums, teilweise schon durchgeführt
worden. Es plant das Ministerium nun aber noch eine Gegen-
aktion, die nicht weniger wichtig ist. Es sollen nämlich aus den
Kunstsammlungen alle Werke entfernt und den Museen für
Völkerkunde überwiesen werden, die nicht eigentlich künstle-
rischen Wert, sondern vorwiegend ethnographische Bedeutung
haben. Um allen Streitigkeiten, was als künstlerisch und was als
nur ethnograpisch zu betrachten sei, aus dem Wege zu gehen,
ist die Entscheidung der objektivsten Instanz, die es gibt,
nämlich der Redaktion von Kunst und Künstler übertragen
worden. Diese Maßnahme wird zunächst die Folge haben,
daß die Kunstmuseen nur noch den zehnten Teil des Platzes
brauchen wie bisher. Es wird, zum Beispiel, das Kaiser-
Friedrich-Museum ganz frei; und auch die Neubauten auf
der Museumsinsel können zur Verfügung gestellt werden.
Wie verlautet, sollen die großen Räume der Antikenabtei-
lung in diesen Neubauten lukrativ für Sechstagerennen und
dergleichen benutzt werden. Wenn sie sich hierfür als zu
groß und unübersichtlich erweisen, so soll eine Automobil-
rennbahn eingerichtet werden. Das Kronprinzenpalais wird
geräumt. Die in den oberen Sälen jetzt ausgestellten Bilder
und Skulpturen werden im wesentlichen den ozeanischen
und afrikanischen Abteilungen des Völkerkundemuseums
überwiesen. Das Kaiser-Friedrich-Museum soll als Kranken-
haus Verwendung finden. Es soll vor allem den Kunst-
historikern und Museumsbeamten zu gute kommen, die in-
folge dieser umwälzenden Anordnungen tobsüchtig werden.
Eine Altersgrenze für Künstler. Die jüngeren Künst-
ler haben sich zusammengetan und dem Reichstag eine Denk-
schrift überreicht, worin auch für die Künstler, wie für die Be-
amten, eine Altersgrenze gefordert wird. Als höchstes Alter
wird das 55.Lebensjahr vorgeschlagen. Nach diesem Zeitpunkt
soll es dem Künstler verboten sein, öffentlich auszustellen und
zu verkaufen. Die Denkschrift sagt, daß nur durch eine solche
Maßnahme die nationale Produktion geschützt und gestützt
werden könne, daß nur so der Jugend Gewähr geboten würde,
emporzukommen. Die berühmten Künstler sollen am streng-
sten überwacht werden. Ausnahmen sind nur zulässig,
wenn der alternde Künstler eine natürliche oder erworbene
Schizophrenin oder auch vollkommenen Infantilismus nach-
weisen kann. — Als Sachverständige werden Dr. Prinzhorn
und Wilhelm Uhde vorgeschlagen. Eine Altersgrenze soll
auch den Kunstkritikern gesetzt werden, möglichst aber schon
mit dem 50. Lebensjahr. Als Entschädigung erhalten sie den
vom Kultusministerium in Aussicht genommenen Orden für
„Verkalkung im öffentlichen Dienst". Die Petenten behal-
ten sich vor, eine Abänderung des Gesetzes zu beantragen,
sobald sie selbst sich dem 55. Lebensjahre nähern. Wie wir
hören, stößt die Forderung in allen Parteien auf Verständ-
nis. Man ist sich sowohl rechts, wie links und in der Mitte
der gefährlichen Beunruhigung bewußt, die fortgesetzt vom
Talent ausgeht.
BERICHTIGUNG EINER BERICHTIGUNG
Mit Bezug auf unsere Berichtigung im Dezemberheft,
betreffend die seinerzeit in Kunst und Künstler publizierten
Baupläne der Museumsneubauten, geht uns mit Berufung auf
das Preßgesetz die folgende offizielle Berichtigung zu, die
wir pflichtgemäß zur Kenntnis bringen:
1. Die betreffenden Pläne sind nicht unrichtig.
2. Die trotzdem vorhandenen Unrichtigkeiten gehen die
Bauleitung nichts an, denn
3. die Pläne waren schon unrichtig, als die Bauleitung
sie übernahm, und
4. sind die Unrichtigkeiten durch den Bau, der sich um
sie nicht gekümmert hat, längst berichtigt.
5. Es ist also tatsächlich nur nach richtigen Plänen ge-
baut worden;
6. die Pläne sind somit, obwohl unrichtig, doch richtig.
7. Unwahr ist, daß die Bauten mit den Plänen nicht
übereinstimmen; wahr ist nur, daß die Pläne nicht mit den
Bauten übereinstimmen.
8. Unwahr ist endlich, daß die Bauleitung von der Un-
richtigkeit der Pläne Kenntnis gehabt haben müsse; wahr
ist allein, daß die Bauleitung nicht weiß, was sie getan,
nicht getan, gewußt oder nicht gewußt hat.
Oskar Kokoschka hat, wie wir hören, eine große Erne-
mannkamera mit Zeiß-Anastigmat erworben und wird in Zu-
kunft seine Porträts auf photographischem Wege herstellen,
um dem Vorwurf mangelnder Ähnlichkeit zu begegnen. Die
Preise des Künstlers werden trotz der erheblichen An-
schaffungskosten nicht erhöht werden.
Prinzhorn, der Verfasser der rühmlich bekannten Werke
über die Bildnerei der Geisteskranken und der Gefangenen,
bereitet ein Buch über die Kunst des Normalmenschen vor.
Da die Materialsammlung sich sehr schwierig gestaltet, bittet
der Verfasser, ihn durch Einsendungen nach Möglichkeit zu
unterstützen.
Die Zeitschrift „Der Sturm" hat ihr selbständiges Er-
scheinen eingestellt. Sie wird in Zukunft als Sonderbeilage
der „Gartenlaube" fortgeführt werden. Die redaktionelle
Verantwortung trägt nach wie vor Herwarth Waiden.
Die Zeitschrift „Der Querschnitt" führt vom 1. April ab
den Namen „Der Durchschnitt".
Otto Dix hat, nachdem das Porträt des Reichskanzlers
Luther fertiggestellt ist, mit behördlicher Genehmigung den
Namen von Cranach angenommen.
20{