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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 24.1926

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Heft 6
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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.7391#0275

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behaupten. Und so die übrigen. Das Reich hat mit der
Schaffung der Kunstwartstellung einen bescheidenen Versuch
gemacht. Wollte der Staat die Nachfolge wagen, so dürfte er
sich nicht damit begnügen, ein neues Ressort ohne klar be-
grenzte Zuständigkeiten zu bilden, es müßte vielmehr eine
wirkliche Zentralisierung der Machtbefugnisse auf dem Gebiet
der Kunstpflege zuerst gesichert sein. Ein Ziel, das allerdings
wohl zu wünschen wäre. Denn ein Staatssekretär der schönen
Künste wäre eher als ein durch parteipolitische Bindungen
auf anderen Gebieten vielfach behinderter Kultusminister
befugt und befähigt, den leidigen Museumskrieg durch einen
vermittelnden Schiedsspruch endlich zu schlichten und für
einen raschen und zweckmäßigen Ausbau der neuen Museen
Sorge zu tragen.

Rom soll nach Mussolinis Willen die schönste Stadt der
Welt werden. Der Kunstfreund hört nicht ohne Sorge diese
Nachricht. Ein New Yorker Bankhaus soll angeblich eine
Anleihe von nicht weniger als einer Milliarde Lire für die
Umbaupläne zur Verfügung gestellt haben. Das Programm
sieht vollständige Freilegung der antiken Baureste sowie der
bedeutendsten Bauten der Renaissance vor. Es sind radikale
Eingriffe in den Kern des alten Stadtkörpers geplant. So
soll die Piazza Colonna mit der Piazza Montecitorio zu einem
neuen Prachtforum vereinigt werden, weiter soll eine breite
Straße von dem Platze zum Pantheon durchgeführt wer-
den, um dieses auf weite Entfernung sichtbar zu machen.
Rings um das Kapitol soll freier Raum geschaffen werden.
Neue breite Boulevards sind geplant, eine Prachtstraße soll
Rom mit Ostia verbinden. Wer das alte Rom geliebt hat,
wird das neue Rom Mussolinis fürchten müssen. Das alte
Rom war eine der schönsten Städte der Welt. Ob das neue
Rom, wenn es zur Wirklichkeit werden soll, diesen Ehren-
namen mit gleichem Rechte beanspruchen darf, muß man
mit Fug bezweifeln.

Eine Darlehnskasse für bildende Künstler ist
durch Bereitstellung eines Betrages von 500000 Mark vom
preußischen Finanzministerium begründet worden. Es sollen
gegen Stellung von Pfändern, die nicht aus eigenen Werken
der Künstler bestehen dürfen, verzinsliche Darlehen gewährt
werden. Der Finanzminister hat erklärt, für mindestens zehn
Jahre sei eine weitere Gewährung staatlicher Unterstützung
ausgeschlossen, und er hat dem Reichswirtschaftsverband
dringend empfohlen, nur die Zinsen des Kapitals zur Ver-
teilung zu bringen. Rechnet man allerdings, daß dem Wirt-
schaftsverband in Preußen allein nicht weniger als 8000 Mit-
glieder angehören, so muß man zweifeln, ob die zur Ver-
fügung gestellte Summe ausreichen wird, auch nur der
dringendsten Not zu steuern.

Ostasiatische Kunst in Berlin. Das Berliner Mu-
seum für ostasiatische Kunst hat sich in den kaum zwei
Jahren seines öffentlichen Bestehens in erfreulicher Weise
zu einem Mittelpunkte der Interessen entwickelt. Wurde
bei der Eröffnung das Fehlen chinesischer Steinskulptur und
der sogenannten Frühkeramik allgemein bemerkt, so sind
beide Lücken mittlerweile in ausgezeichneter Weise gefüllt
worden. Daß es sich dabei zum größeren Teile Zunächst

um Leihgaben handelt, beweist das rege Interesse der Sammler
an dem neugeschaffenen Museum. Dr. Otto Burchard hat
seinen ganzen wertvollen Besitz an chinesischer Keramik der
T'ang- und Sung-Zeit, an frühen Bronzen und buddhistischen
Skulpturen dem Museum nicht nur in einem eigenen Saale
leihweise zur Verfügung gestellt, sondern zugleich letztwillig
vermacht. Baron von der Heydt hat die besten Stücke seiner
bekannten Sammlung chinesischer Skulptur, die zuletzt im
Museum Scheurleer im Haag ausgestellt war, nach Berlin
überführt, und das Museum ist damit in den Besitz einer
Reihe bedeutender Stücke alter Steinplastik gelangt, unter
denen eine Reliefplatte der Han-Zeit, zwei Grabtiere, ein
Tiger und ein Widder, sowie der einstmals der Sammlung
Golubew gehörige riesige Buddhakopf hervorragen. Die
erstmalig in dieser Zeitschrift veröffentlichte Bronzestatuette
des Buddha, die Professor Sarre gehört, steht ebenfalls seit
einiger Zeit im Museum, und diesem selbst gelang es end-
lich, zwei ausgezeichnete Kwannonfiguren derWei-Zeit sowie
die Büste eines Bodhisattva aus den Höhlen von T'ien Lung-
shan, die seit kurzem gänzlich ausgeraubt sein sollen, zu
erwerben.

Das starke Interesse, das nicht zuletzt durch das neue
Museum geweckt wurde, zeigte sich gelegentlich der Grün-
dung einer Gesellschaft für ostasiatische Kunst, die bereits
in den ersten Wochen ihres Bestehens über eine stattliche
Mitgliederzahl verfügt. Ziel der Gesellschaft ist die Aus-
breitung und Vertiefung des Verständnisses für die Kunst
Ost- und Südasiens. Es sollen Vorträge und Ausstellungen
veranstaltet werden, auch Veröffentlichungen sind geplant.
Die Gesellschaft wird ihre Tätigkeit schon im März dieses
Jahres aufnehmen. Anmeldungen zur Mitgliedschaft sind
zu richten an Herrn Dr. Otto Kümmel, Berlin SW, Prinz-
Albrecht-Straße 7.

Eine „Deutsche Kunstgemeinschaft", deren Ziel
die Itrleichterung des Kaufes von Kunstwerken durch Pri-
vate ist, hat sich unter dem Protektorate von Liebermann,
Bode, Käte Kollwitz und anderen gebildet. Der Name er-
innert wohl nicht zufällig an den der neuen Buchgemein-
schaften, deren erstaunlicher F>folg zur Nachahmung ver-
führte. Natürlich muß die Grundlage der Organisation eine
andere sein. Das Prinzip ist die Einführung von Raten-
zahlungen für Kunstkäufe. Es sollen eigene Ausstellungen
veranstaltet werden, in denen Kunstwerke gezeigt werden,
die auf solche Weise zu erwerben sind. Der Gedanke ist
nicht übel, besser jedenfalls als der Plan des Kunstverleihs,
der ebenfalls noch von manchen Stellen propagiert wird.
Der Erfolg bleibt abzuwarten.

In Venedig ist ein bisher unbekanntes Deckengemälde
Tiepolos im Palazzo Pesaro am Canale Grande aufgefunden
worden. Dargestellt ist Zephyr, der zum Himmel empor-
schwebt, um der auf Wolken thronenden, von Putten umge-
benen Flora seine Huldigung darzubringen. Ein zweites
Deckenbild im gleichen Palaste, das Zeus als Schutzherrn
friedlicher Wissenschaft darstellt, wird auf Pittoni zurück-
geführt.

Dem Metropolitan-Museum in New York ist eine
Riesenerbschaft zugefallen. Der Eigentümer der „New York

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