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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 24.1926

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Heft 7
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Orlik, Emil: Maskenfeste
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https://doi.org/10.11588/diglit.7391#0311

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nach modischen Entwürfen aus deutschen und
ausländischen Magazinen und eigenen Modellen
ein Lager billiger und kleidsamer Maskenkostüme
für ihre Kundinnen vorbereitet. Der Zeitgeschmack
hat die Möglichkeit sehr gefördert, eine billige
Verkleidung mit wenig Mitteln zu schaffen. Das
Erfreulichste an diesen Maskenfesten war die große
Zahl amüsanter und individueller Erfindungen, die
zum großen Teile zu Hause aus Satin, Kunstseide,
Kreppapier, bunten Bändern gearbeitet worden sind.
Junge Mädchen, irgendwie „kunstgewerblich" aus-
gebildet, junge Schneiderinnen, die angefeuert
durch den Ehrgeiz, etwas Besonderes zu schaffen,
und auch durch die Freude, basteln zu können,
das Talent dazu in sich geweckt haben, Frauen,
deren schlummernder Kunstsinn hier einmal gegen-
über den apodiktischen autokratischen Ansichten
ihrer Kleiderlieferantinnen frei wird: sie können hier
ihrer Phantasie freien Spielraum lassen. Und die Frei-
heit ist um so größer geworden, je mehr das
kleine Maskenfest im Hause, der Hausball schwin-

det und die öffentlichen Maskenbälle immer größer
werden, da die materiellen Verhältnisse des Bürgers
ihn zwingen, die häusliche Geselligkeit einzu-
schränken.

Immer gigantischer werden in Berlin die öffent-
lichen Feste. Viele Tausende füllen die Räume
des Marmorsaals, der Philharmonie und an zehn-
tausend losgelassene Maskierte konnte man im
Sportpalast auf dem Reimannball und Zillefest
herumtollen sehen. Wenn in das gelbliche Licht
unzähliger Glühbirnen die weißen Scheinwerfer
mit ihren scharfen Strahlen hineingreifen und die
Farben des Mummenschanzes dadurch in dop-
pelter Skala leuchten, glänzen, zucken, schwirren,
so gibt solch ein Fest von einer Galerie oder
höheren Loge betrachtet, einen ganz neuen und
malerisch anregenden Eindruck. Dennoch muß man
befürchten, daß diese Vorliebe der Berliner für
solche Massenfeste schädlich wirken wird, da diese,
wie so vieles mit der Zeit, „mechanisiert" werden.
Geschäftstüchtige Unternehmer bestimmen mehr

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