Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 24.1926
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https://doi.org/10.11588/diglit.7391#0382
DOI issue:
Heft 9
DOI article:Grosz, George: Der Künstler als Journalist
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GEORGE GROSZ, MELANCHOLIE BEI BIER UND HERING. AQUARELL
er zeichnet, wie ein wüster Schieberkerl ein nack-
tes Weib umarmt. Um Abscheu vor dem Schieber
zu wecken. Beim Zeichnen geraten ihm aber For-
men und Bewegungen so groß, daß die Satire
zurücktritt und der Geschlechtstrieb an sich, gro-
tesk monumental, dargestellt erscheint, daß aus
dem Schieber und der Dirne Menschen mit all-
menschlichen Instinkten werden, daß also das
Bleibende über das Zufällige siegt, die Kunst über
die Kampftendenz, das Talent über das Programm.
In dieser Weise herrscht ein Widerstreit zwischen
dem künstlerischen Charakter, der das Dauernde
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er zeichnet, wie ein wüster Schieberkerl ein nack-
tes Weib umarmt. Um Abscheu vor dem Schieber
zu wecken. Beim Zeichnen geraten ihm aber For-
men und Bewegungen so groß, daß die Satire
zurücktritt und der Geschlechtstrieb an sich, gro-
tesk monumental, dargestellt erscheint, daß aus
dem Schieber und der Dirne Menschen mit all-
menschlichen Instinkten werden, daß also das
Bleibende über das Zufällige siegt, die Kunst über
die Kampftendenz, das Talent über das Programm.
In dieser Weise herrscht ein Widerstreit zwischen
dem künstlerischen Charakter, der das Dauernde
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