Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 24.1926
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https://doi.org/10.11588/diglit.7391#0395
DOI issue:
Heft 9
DOI article:Kunstausstellungen
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FRITZ LEDERER, BILDNIS DES BANKDIREKTORS FÜRSTENBERG
AQUATINTABLATT NACH EINEM VON MAX SLEVOGT GEMALTEN BILD
NACHRUFE
MAX HAUTTMANN t
Wer ihn kannte, hat ihn gern gehabt, als Menschen,
als Forscher und vor allem als Lehrer. Gegnerschaft
erwuchs ihm aus Unkenntnis seiner besonderen Werte und
aus dem Vorurteil, daß der geniale Mensch auch der beste
Universitätsprofessor sei. So hat man ihm zu Unrecht
WölfFlins Nachfolgerschaft mißgönnt. Er war nicht geist-
reich, aber gediegen in einem Maße, das hohe Achtung,
fast Ehrfurcht gebietet. Die Lücke, die er läßt, ist ärger
als die meisten ahnen. Es war ein beruhigender Gedanke,
in einer Zeit hemmungslos individualistischer Kunstanschau-
ung, auf einer der wichtigsten deutschen Lehrkanzeln einen
Mann zu wissen, der eisern um objektive Erkenntnis rang.
Das Andenken an ihn wird sich verbinden mit einer Vor-
stellung von Reinheit in Lehre und Wandel, deren absolute
Realisierung heute fast des Mutigsten Kräfte übersteigt.
Neben seinem grundlegenden Hauptwerk über die Ge-
schichte der kirchlichen Baukunst in Bayern, Schwaben und
Franken von 1550 bis 1780, sind seine kleineren Arbeiten
wenig beachtet worden. Er hat an verborgenem Ort (Meck-
lenburgische Bilderhefte Nr. 1) eine Gesamtdarstellung der
Stadt Rostock, an deren Universität er kurz aber begeistert
tätig war, aus ihrem Grundriß zu geben versucht. Eine
Problemstellung, die Kühnheit verrät. Die Anlage ist muster-
haft, die Durchführung so, wie wenn ein Meister des Kabi-
nettstücks ein allzu großes Bild malt: es läßt sich nicht
mit einem Blick das Ganze überschauen. Vielleicht ging
dieser Meister von uns, weil sein scharfer, aber begrenzter
Blick in der Weite an Klarheit verlor — und weil er Klar-
heit über alles liebte.
Carl Georg Heise.
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AQUATINTABLATT NACH EINEM VON MAX SLEVOGT GEMALTEN BILD
NACHRUFE
MAX HAUTTMANN t
Wer ihn kannte, hat ihn gern gehabt, als Menschen,
als Forscher und vor allem als Lehrer. Gegnerschaft
erwuchs ihm aus Unkenntnis seiner besonderen Werte und
aus dem Vorurteil, daß der geniale Mensch auch der beste
Universitätsprofessor sei. So hat man ihm zu Unrecht
WölfFlins Nachfolgerschaft mißgönnt. Er war nicht geist-
reich, aber gediegen in einem Maße, das hohe Achtung,
fast Ehrfurcht gebietet. Die Lücke, die er läßt, ist ärger
als die meisten ahnen. Es war ein beruhigender Gedanke,
in einer Zeit hemmungslos individualistischer Kunstanschau-
ung, auf einer der wichtigsten deutschen Lehrkanzeln einen
Mann zu wissen, der eisern um objektive Erkenntnis rang.
Das Andenken an ihn wird sich verbinden mit einer Vor-
stellung von Reinheit in Lehre und Wandel, deren absolute
Realisierung heute fast des Mutigsten Kräfte übersteigt.
Neben seinem grundlegenden Hauptwerk über die Ge-
schichte der kirchlichen Baukunst in Bayern, Schwaben und
Franken von 1550 bis 1780, sind seine kleineren Arbeiten
wenig beachtet worden. Er hat an verborgenem Ort (Meck-
lenburgische Bilderhefte Nr. 1) eine Gesamtdarstellung der
Stadt Rostock, an deren Universität er kurz aber begeistert
tätig war, aus ihrem Grundriß zu geben versucht. Eine
Problemstellung, die Kühnheit verrät. Die Anlage ist muster-
haft, die Durchführung so, wie wenn ein Meister des Kabi-
nettstücks ein allzu großes Bild malt: es läßt sich nicht
mit einem Blick das Ganze überschauen. Vielleicht ging
dieser Meister von uns, weil sein scharfer, aber begrenzter
Blick in der Weite an Klarheit verlor — und weil er Klar-
heit über alles liebte.
Carl Georg Heise.
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