ANSELM FEUERBACH, DAMENBILDNIS
In verstreuten Veröffentlichungen wurde auf Bruch-
stücke des neu gewonnenen Materials hingewiesen.
Ausstellungs- und Auktionskataloge enthielten ge-
legentlich Reproduktionen von Bildern und Studien,
die ich 1913 in meinem Abbildungsbande, da ich
leider kein Hellseher bin (nach einem Vorwurf
jüngsten Datums hätte ich diesen problematischen
Vorzug besitzen müssen), nicht hatte bringen
können.
Die numerische Vergrößerung des Feuerbach-
schen Werkes durch diese Funde ist beträchtlich.
Dagegen hat durch sie weder das allgemeine Urteil
über seine Kunst eine Veränderung erfahren noch
liegt hierzu ein kritischer Anlaß vor. Gewiß sind
manche Bilder, die uns bisher fehlten, als erfreu-
liche und ergänzende Bestätigungen früherer Mei-
nungen willkommen, und einzelne von ihnen reihen
sich den edelsten Schöpfungen Feuerbachs eben-
bürtig an. Aber für die Gesamtheit gilt doch der
Ausspruch, den vor einem Jahrzehnt bei einer Aus-
stellung in der Kunsthandlung Gurlitt ein guter
Kenner tat: „Bei aller Hochachtung vor jeder
Leinwand, auf der Feuerbachs Hand gearbeitet hat,
werden unsere Kenntnisse nicht erhöht und nicht
wesentlich bereichert." Auch aus diesem Grunde
schien eine ausführliche Publikation nicht eben
vordringlich zu sein, obwohl der Wunsch mehr-
fach geäußert wurde, daß die Anhänger Feuer-
bachs noch vor der Herausgabe des endgültigen
großen kritischen Oeuvrekataloges über die neu
gefundenen und in sein Werk mit Recht einzu-
reihenden Gemälde orientiert werden sollten. Ohne
mich mit der leider üblich gewordenen Emphase
zu äußern, habe ich stillschweigend vier wichtige
Arbeiten veröffentlicht: die große „allegorische
Szene" aus der Pariser Zeit und „Orlando und
Angelica" in der Neuauflage meiner kleinen bio-
graphischen Skizze (Insel-Verlag), das Porträt der
Giacinta Neri und den Centaurenkampf in der
illustrierten Ausgabe des „Vermächtnis".
Diese Zurückhaltung hat sich insofern als
schädlich gezeigt, als bei der geringen Anzahl der
nicht in Museen befindlichen Werke Feuerbachs
zahlreiche Fälschungen im Kunsthandel erschienen
sind. Weit bedenklicher noch ist die Anmaßung,
mit der kürzlich ein Unberufener, völlig unwissen-
schaftlich handelnd, in zwei Aufsätzen Wahres, Fal-
sches und Zweifelhaftes leichtfertig durcheinander-
geworfen hat. Herr Professor Georg Biermann, der
das Werk des Hans von Marees bedingungslos
ANSELM FEUERBACH, BEI DER KUPPLERIN
4OZ
In verstreuten Veröffentlichungen wurde auf Bruch-
stücke des neu gewonnenen Materials hingewiesen.
Ausstellungs- und Auktionskataloge enthielten ge-
legentlich Reproduktionen von Bildern und Studien,
die ich 1913 in meinem Abbildungsbande, da ich
leider kein Hellseher bin (nach einem Vorwurf
jüngsten Datums hätte ich diesen problematischen
Vorzug besitzen müssen), nicht hatte bringen
können.
Die numerische Vergrößerung des Feuerbach-
schen Werkes durch diese Funde ist beträchtlich.
Dagegen hat durch sie weder das allgemeine Urteil
über seine Kunst eine Veränderung erfahren noch
liegt hierzu ein kritischer Anlaß vor. Gewiß sind
manche Bilder, die uns bisher fehlten, als erfreu-
liche und ergänzende Bestätigungen früherer Mei-
nungen willkommen, und einzelne von ihnen reihen
sich den edelsten Schöpfungen Feuerbachs eben-
bürtig an. Aber für die Gesamtheit gilt doch der
Ausspruch, den vor einem Jahrzehnt bei einer Aus-
stellung in der Kunsthandlung Gurlitt ein guter
Kenner tat: „Bei aller Hochachtung vor jeder
Leinwand, auf der Feuerbachs Hand gearbeitet hat,
werden unsere Kenntnisse nicht erhöht und nicht
wesentlich bereichert." Auch aus diesem Grunde
schien eine ausführliche Publikation nicht eben
vordringlich zu sein, obwohl der Wunsch mehr-
fach geäußert wurde, daß die Anhänger Feuer-
bachs noch vor der Herausgabe des endgültigen
großen kritischen Oeuvrekataloges über die neu
gefundenen und in sein Werk mit Recht einzu-
reihenden Gemälde orientiert werden sollten. Ohne
mich mit der leider üblich gewordenen Emphase
zu äußern, habe ich stillschweigend vier wichtige
Arbeiten veröffentlicht: die große „allegorische
Szene" aus der Pariser Zeit und „Orlando und
Angelica" in der Neuauflage meiner kleinen bio-
graphischen Skizze (Insel-Verlag), das Porträt der
Giacinta Neri und den Centaurenkampf in der
illustrierten Ausgabe des „Vermächtnis".
Diese Zurückhaltung hat sich insofern als
schädlich gezeigt, als bei der geringen Anzahl der
nicht in Museen befindlichen Werke Feuerbachs
zahlreiche Fälschungen im Kunsthandel erschienen
sind. Weit bedenklicher noch ist die Anmaßung,
mit der kürzlich ein Unberufener, völlig unwissen-
schaftlich handelnd, in zwei Aufsätzen Wahres, Fal-
sches und Zweifelhaftes leichtfertig durcheinander-
geworfen hat. Herr Professor Georg Biermann, der
das Werk des Hans von Marees bedingungslos
ANSELM FEUERBACH, BEI DER KUPPLERIN
4OZ