Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 24.1926

DOI Heft:
Heft 12
DOI Artikel:
Neue Bücher
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7391#0522

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
EmilWaldmann, Französische Maler des 19. Jahr-
hunderts. Breslau, Jedermanns-Bücherei, 1925.

Gute Handhücher sind bei uns eben so selten wie sie in
den angelsächsischen Ländern häufig sind. Was sich bei uns
so nennt, das überschreitet die Grenzen meist durch Forscher-
Eigenwille und philosophischen Tiefsinn oder aber es bleibt
unter dem Durchschnitt banal. Waldmanns sehr nüancierte
und doch nicht minder anschaulich-klare Charakterisierung
der großen französischen Maler des neunzehnten Jahrhun-
derts hält die gesunde Mitte zwischen knapper sachlicher
Darstellung und leichter, ganz unaufdringlich persönlich ge-
färbter Interpretation. Eine bewundernswert geschickte Hand
beweist auch der Anhang: Literaturnachweis, Künstlerviten,
Zeittafel und kleiner Bilderatlas. Wer auf neunzig Seiten
so viel Wesentliches über einen so langen Zeitraum und ein
so unerschöpfliches Thema zu sagen versteht, der weiß ge-
wiß unendlich mehr als das, was er geschrieben hat. Und
das kommt dem Lernenden zu gute. Der Zwang zur räum-
lichen Verdichtung hat auch die impressionistische Schreib-
weise leicht umgebildet; sie bleibt elegant und ein wenig
beiläufig, gewinnt aber unabsichtlich nicht selten einpräg-
samen Klang. Zitate sitzen schlagend und geistreich an der
rechten Stelle. Solche unschulmeisterlichen Lehrbücher
brauchen wir. Heise.

Ernst Benkard, Andreas Schlüter. Frankfurt a. M.,
Iris-Verlag.

Der erste Band einer Serie, die in der Art der Blauen
Bücher von Langewiesche Werke bedeutender Bildhauer
einem größeren Publikum zugänglich machen will — ent-
schieden ein fruchtbarer Gedanke, da vor allem Mono-
graphien nur wenig oder garnicht behandelter Künstler
erscheinen sollen. Darin liegt auch der Wert des Ben-
kardschen Buches, das das gesamte bildhauerische Oeuvre
Schlüters und auch (was sehr Zu begrüßen ist) Vergleichs-
werke anderer Künstler in guten Abbildungen bringt. Der
Text gibt keine zusammenfassende Charakteristik seiner Per-
sönlichkeit, wenig ist auch auf die sehr individuelle Formen-
sprache Schlüters eingegangen. Die Herauslösung des Bild-
hauers Schlüter ist entschieden wertvoll, doch hätte eine ge-
nauere Kenntnis des Baumeisters manches Wichtige zur Be-
urteilung seines plastischen Stils beigetragen.

Wolfgang Herrmann.

Willi Burger, Altdeutsche Holzplastik. Biblio-
thek für Kunst- und Antiquitätensammler. Band XXIX.

Von einem Kenner der gesamten mittelalterlichen deut-
schen Plastik wurde hier für den Laien ein zur Einführung
in diese Kunst sehr geeignetes Buch geschrieben. Die ge-
samte Literatur, auch die neusten Forschungen, sind benutzt,
noch nicht gelöste Fragen und schwankende Datierungen
werden erwähnt, doch hält sich der Verfasser von der Äuße-
rung seiner eigenen Meinung bewußt zurück. Besonderer
Wert ist auf die Charakterisierung der einzelnen landschaft-
lichen Stile gelegt. Die Spätgotik ist allerdings etwas sum-
marisch unter Fortlassung der wichtigen Einschnitte um 1480
und 1520 behandelt. Unter den zahlreichen Textbildern
findet man auch viele weniger bekannte Stücke.

Wolfgang Herrmann.

Fr.Kempf, Das Freiburger Müns ter. Karlsruhe 1926.

Merkwürdigerweise gibt es über unsere großen gotischen
Dome nur wenige neuere Monographien. Für das Freiburger
Münster fehlt zudem noch das allgemeine Inventarwerk —
das Buch des dortigen Münsterbaumeisters, der jeden Stein
der Kirche kennt, ist jedoch ein vollwertiger Ersatz. Der
Bau selbst und seine Kunstwerke der Plastik und Malerei,
der Kirchenschatz, die Glasfenster und der Erhaltungszustand
werden eingehend beschrieben, die archivalischen Belege und
vor allem die im Laufe der Jahrhunderte vorgenommenen
Veränderungen und Restaurationen mitgeteilt. Kunsthisto-
rische Fragen, die Stellung und Bedeutung des Baues zur
gleichzeitigen deutschen Kunst, werden nicht berührt (nur
zur Parlorfrage trägt der Verfasser einiges Neue bei), aber
auch den Kunsthistoriker wird das Buch als Grundlage jeder
weiteren Arbeit wertvoll sein, allein schon der zahlreichen
Abbildungen wegen. Wolfgang Herrmann.

Wilhelm Hausenstein: Rem b ran dt. Deutsche Ver-
lags-Anstalt 1926.

Vor einem Vierteljahrhundert schrieb Carl Neumanns
sein Rembrandtwerk und gab unserer Generation das er-
sehnte Buch. Aber wenn es in den neuen Auflagen auch
immer wieder erweitert und umgearbeitet und immer von
neuem auf den „Stand der Forschung" gebracht wurde,
ohne dabei an Kunstkraft zu verlieren, es läßt persönlichen
Bekenntnissen daneben immer noch Platz. Denn Rembrandt
ist unendlich und jede Generation sieht ihn neu. Georg
Simmeis im Jahre 1916 erschienenes Rembrandt-Buch, im
Untertitel „Ein kunstphilosophischer Versuch" genannt, hat
sicher seine Verdienste auf dem Gebiete der Erkenntnis-
Theorie, führt aber Nichtphilosophcn eher von Rembrandt
fort als zu ihm hin. Emil Ludwigs schöne Biographie
„Rembrandts Schicksal" (E. Rowohlt-Verlag 1923) behandelt
das Menschliche des Genius auf dichterisch sehr schöne
Weise, auch das Künstlerische manchmal, doch, natürlich,
das kunsthistorische Problem garnicht. In Hausensteins Buch
ist alles vereinigt. Nicht weniger philosophisch und ästhe-
tisch durchgebildet als Simmel, nicht weniger psychologisch
feinfühlig als Ludwig, ■ schreibt er immer zugleich vom
Menschlichen und vom Künstlerischen aus, und, soviel Ge-
schichte und Kunstgeschichte er auch unter der Hand ver-
mittelt, subjektiver und persönlicher als Neumann. In alle
Winkel und alle verborgensten Falten dieses Lebens, dieses
Schicksals, dieser Seele, dieser Welt dringt er tiefblickend
hinein, Menschliches und Allzumcnschliches, Künstlerisches
und Weltweisheitliches immer zugleich betrachtend. Fest
auf dem Boden der gesicherten Tatsachen stehend, begibt
er sich, wo die Beweisbarkeiten versagen, in das Gebiet
der dichterischen Ahnung, aber verirrt sich nie ins Phan-
tastische. Wenn die Dinge, die er schildert, sich auch nicht
unbedingt so zugetragen haben müssen, so können sie sich
doch so zugetragen haben. Und manche Deutungen Rem-
brandtscher Kunstwerke, herausentwickelt aus seelischer
Durchleuchtung, gehören zum Schönsten, was man über
Kunst überhaupt lesen kann. Das kunsthistorische Kapitel
„Rembrandt in der Reihe", in dem Rembrandts geistige
Ahnenschar aufgezeigt wird, mag der Fachwissenschaft noch
einiges zu tun geben, aber sich im großen und ganzen eben-

495
 
Annotationen