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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 15.1880

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Vermischte Nachrichten.

t24

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und durch alle jene köstlichen Feinheiten, die sich nicht be-
schreiben, sondern nur empfinden lassen, den Reiz des herr-
lichen Werkes erhöht. Besonders der Adler ist ein Meister-
werk naturalistischer Durchbildung. — Der Künstler ist zu-
gleich mit seinem Werke in Berlin eingetroffen und wurde so-
mit ein Zeuge der Begeisterung, welche dasselbe in allen kunst-
liebenden Kreisen hervorruft.

L. Das königlichc Miiseum in Bcrlin hat vor
einiger Zeit eine groß'artige Erwerbung in Kleinasien ge-
macht, die jetzt glücklich geborgen ist, sodaß man das Schweigen
brechen kann, welches fich die Eingeweihten bis dahin gelobt
hatten. Zur Ergänzung der Jhnen kürzlich von anderer Seite
gemachtenAndeutungen diene daher zunächst Folgendes. Durch
eine Stelle des römischen Historikers L. Ampelius aufmerksam
gemacht, veranlaßte Direktor Conze einen deutschen Jnge-
nieur, Hrn. Humann, in den Ruinen des alten Pergamos,
die in der letzten Zeit so viele Schätze alter Plastik heraus-
gegeben haben, an einer gewissen Stelle Nachforschungen an-
zustellen, die von einem glänzenden Resultate bcgleitet
ware». Es wurde ein ca. 40 Fuß hoher Altar entdeckt,
den zwei lange Friese umgaben, auf denen hochdramatisch
bewegte Kämpfe von Göttern, Giganten und Titanen dar-
gestellt sind. Wenngleich die Ausführung der Hochreliefs
eine ziemlich dekorative ist, verräth doch die ungemein
schwungvolle Komposition einen Künstler ersten Ranges.
Es gelang den mit den Unterhandlungen beauftragten Be-
amten, einen Ferman des Sultans behufs Ausführung des
gefundenen Schatzes zu erwirken und, nachdem den Besitzern
des Terrains, auf welchem der Fund gemacht, eine Ab-
findungssumme gezahlt, den Transport der Skulpturen nach
Berlin glücklich zu bewerkstelligen. Man ist jetzt eifrig damit
beschäftigt, die Friese im Museum aufzustellen. Wir werden
nicht verfehlen, nach Beendigung der Aufstellungsarbeiten
den Lesern der „Zeitschrift" ausführlich über diese wichtige
Bereicherung des antiken Denkmälervorraths zu berichten.

L. Der Württembcrgischc Kunnvcrein hat begonnen,
seine Ausstellungsräume mit Oberlicht zu versehen, wodurch
dieselben wesentlich verbessert sind, wenngleich sie, um allen
Ansprüchen zu genügen, der erforderlichen Höhe entbehren.
Von den letzthin dort vorhandenen Bildern sind die tresf-
lichen, ungemein naturwahren Landschaften von Laver v.
Riedmüller lobend hervorzuheben, denen sich mehrere nus-
wärtige Werke würdig anreihten. Die Figurenmalerei war
durch zwei große Winzerinnen von R. v. Deutsch in Bcrlin
und das Historienbild „Die Gräfin Helfenstein bittet sür
das Leben ihres Gemahls" von I. Hamel in Frankfurt
a. M. gut vertreten, und von den Aquarellen zeichneten sich
die schönen Architekturstücke von Robert Stieler vortheilhaft
aus. Auch die Landschaften von Gustav Herdtle, N.
Schuster, Nestel u. A., sowie Genrebilder von Fritz
Sonderland in Düsseldorf, Gehrig in München u. A.
sind lobend zu erwähnen. — Jn der Permanenten A us-
stellung von Herdtle L Peters befanden sich sehr
rühmenswertheAquarelle vonDavid Franz, von Mosengel
in Hamburg und Hermann Herdtle in Wien und mchrere
vorzügliche Oelbilder französischer Meister. Th. Choulant
aus Dresden sandte ein großes, höchst wirkungsvoll be-
handeltes „Motiv aus Venedig" cin, das viele Anerkennung
fand, Germann von Bohn brachte einen äußerst fein kolo-
rirten weiblichen Studienkopf auf Goldgrund, H. v. Rustige
ein kleines Historienbild: „Rudolf v. Habsburg, die Raub-
ritterburgen zerstörend" und C. Läpple einige gute Por-
träts. — Jm Festsaal des Museums der bildenden
Kunst waren ein und zwanzig edel stilisirte italienische
Landschaften des verstorbenen Bernhard Fries ausgestellt,
die verdientes Jnteresse erregten.

Vermischte Nachrichten.

L. Die ncue katholische Kirche in Stuttgart, zu welcher
1872 der Grundstein gelegt wurde, ist nunmehr vollendet
und hat den Namen Marienkirche erhalten. Sie ist in früh-
gothischem Stil von dem bereits durch eine Anzahl von
ihm geleiteter größerer Bauten zu verdientem Ansehen ge-
langten Oberbliurath von Egle erbaut worden und macht
von allen Seiten vermöge ihrer harmonischen Gesammt-
wirkung einen übernus günstigen Eindruck. Zwischen den

beiden wohlgegliederten Thürmen befindet sich das Haupt-
portal; zwei andere Portale sind an den beiden Seiten des
Querschiffes, welches den reich ornamentirten Mittslbau
durchschneidet. Am Ende des letzteren, den schöne Pfeiler
in ein Haupt- und zwei Seitenschiffe theilen, ist der prächtige
Hochaltar angebracht, der auf der Pariser Weltausstellung
angekauft wurde. Er ist aus Marmor, wogsgen die bsiden
Seitenaltäre, die Kanzel, die zwei Chor- und vier Beicht-
stühle aus naturfarbigem Eichenholz sind. Die stilvolle
Einfachheit des Jnneren wirkt vortrefflich. Der matt-
graue Sandstein, der hier angewendet ist, trägt viel dazu
bei. Malerei und Vergoldung sind mit weiser Mäßigung
benutzt, doch sollen die Glasmalereien der Fenster, die theils
noch der Ausführung harren, dem Ganzen noch einen be-
sonders vortheilhaften Abschluß geben.

N. Dcr neue Akadcmicbau in Münchcn ist seit nahezu
Jahresfrist sast ganz in's Stocken gerathen. Es war das
um so auffälliger, als gerade das letzte Jahr ein namhaftes
Sinken der Baumaterialien wie der Arbeitslöhne gebracht.
So fand denn das Gerücht, die vom Landtag für den Aka-
demiebau bewilligten Mittel im Betrage von 2 Millionen
seien erschöpft, allgemein Glauben, und erhielt sich bis zur
Stunde, da es nie und nirgends dementirt wurde. Nun
erklärt ein Münchener Kunstbericht in der Beilage zur
„Augsburger Allg. Ztg." nach Jahresfrist all das „Gerede"
von kolossalen Ueberschreitungen des Voranschlags sür „eitel
Schwindel" und bemerkt dazu, Dank der außerordentlichen
Oekonomie und einer unendlichen, wahrhaft hochachtenswer-
then Aufopferung der Betheiligten werde es gelingen, den
riesigen Bau mit der bewilligten Summe und einer kaum
neinienswerthen Ueberschreitung zum Gebrauche fer-
tig zu stellen. Der Bau bedürfe aber dann noch jenes
Schmuckes, den nur die Hilse der Malerei und der Plastik
gewähren könne; dafür sei allerdings eine — übrigens auf
mehrere Jahre zu vertheilende — Summe, die sicherlich
einc halbe Million nicht überschreitenwerde, nothwendig.
Das heißt also mit anderen Worten: die zwei Millionen
reichen nicht hin, den Bau zum Gebrauch fertig zu stellen
und dann erheischen die nothwendigen Dekorationsarbeiten
(die nebenbei bemerkt alle im Voranschlag vorgesshen sind)
noch eine weitere halbe Million. Das Deficit beziffert sich
also auf mehr als 500,000 Mark, und Angesichts dessen
nennt der Referent der Allgemeinen Zeitung das Gerede
von Ueberschreitungen „eitel Schwindel". Das fasse wer
kann!

L. Die alte Stiftskirchc iu Stuttgart, eines der be-
deutendsten Bauwerke der Stadt, ist bekanntlich durch mehrere
Glasgemälde geschmückt, welche nach den trefflichen Kartons
des Direktors der Stuttgarter Kunstschule, Bernhard von
Neher, von Sch eerer in München ausgeführt worden sind.
Ueber der Orgel ist die heilige Dichtkunst und die Kirchen-
musik personisizirt durch David, den königlichen Psalmisten,
und musizirende Engel, und im Chor schildern die Dar-
stellungen in den fünf bis jctzt vollendeten Fenstern die Er-
lösung der Menschheit durch den Weltheiland; im ersten seine
Erwartung durch die Gläubigen der Vorzeit: David, Moses,
die Propheten Jesaias und Maleachi, Abel und Abraham;
Mariä Verkündigung, die heilige Itacht und den Jubelgesang
der Engel „Ehre sei Gott in der Höhe u. s. w."; im zweiten
Christi Opfertov am Kreuz und seine Grablegung; im dritten
seine Auferstehung, seine Errettung der Gerechten des alten
Bundes aus der Vorhölle und die Ausgießung des heiligen
Geistes; im vierten die Pfingstpredigt, Pauli Bekehrung,
Pctrus im Gefängniß und Stephanus als ersten Märtyrer;
und endlich im fünften das jüngste Gericht und die klugen
und thörichten Jungfrauen. Letzteres wurde im Frtthling
1878 eingesetzt. Wir haben es damals eingehend besprochen
und zugleich dem üringenden Wunsch Ausdruck gegeben, daß
nun auch recht bald das sechste und letzte Chorfenster seinen
bildlichen Schmuck erhalten möge, um den herrlichen CykluS
zum harmonischen Abschluß zu bringen. Es sreut uns des-
halb, mittheilen zu können, daß dies jetzt geschehen wird.
Der Pfarrgemeinderath der Stiftskirche hat jüngst einen
Aufruf zu freiwilligen Beiträgen für diesen Zweck erlassen,
um die erforderliche Geldsumme zu beschaffen, und Direktor
von Neher beginnt bereits mit der Aussührung des großen
Kartons, zu dem er schon vor Jahren zugleich mit den
 
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