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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 15.1880

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383

Kunsthandel. — Nekrologe.

384

im Trocadero bestimmten Aufsatz über den „Genius der
plastischen Kunst", welche er nicht nur eine gewaltige
und volksthümliche, sondern auch eine ausgesprochen
französische nennt, znr Einleitung. Schon im 6. Jahr-
hunderte habe Frankreich, wie bie silbernen Bas-Reliefs
der Kirche St. Benigne zu Dijon bewiesen, tüchtige
Arbeiter auf diesem Gebiete besessen, im 16. Iahrhun-
derte habe dann die französische Knnst einen Eroberungs-
zug durch ganz Europa gemacht, auch diesmal nähme
die französische Bilbhauerei den ersten Rang unter den
aufgehäuften Schätzen aller Nationen ein, obgleich unter
den Fremden auch dem Russen Antokolski, dem Oester-
reicher Zumbusch, dem Engländer Leighton, dem Belgier de
Vigne und den Jtalienern Civiletti und Monteverde
Ehrenplätze gebührten. Eine allgemeine Uebersichl der
auf dem Marsfelde so reich vertretenen französischcn
Plastik bildet gleichsam Lie zweite Einleitung der Buches.
Jouin läßt den fremden Gästen dann den Vorrang,
um am Schlusse die Schöpfungen seiner Landsleute noch
einmal eingehender zu besprechen. Die Statue Beet-
hoven's von Zumbusch und Tautenhayn's rühmlichst be-
kannter Schilb fanden den lebhaften Beifall des fran-
zösischen Kritikers. Das charakteristische Merkzeichen
der deutschen Kunst und vorzüglich der deutschen Pla-
stik, ist nach seiner Ansicht der Spiritualismus, welcher
sich, Winckelmann zum Trotze, bei diesem überwiegend
„praktischen" und verständigen Volke aus den Theorien
und Systemen seiner Philosophen entwickelt habe. Däne-
mark, Schweden unb Norwegen, Rußland, Griechenland,
die Schweiz, Spanien und Portugal, England, wo der
Maler Leighton die Ehrenmedaille davonlrug, Holland
und Belgien, sowie Ha'iti, füllen zusammen kaum den
Raum wie Frankreich allein, dessen Plastik Jouin in
die religiöse, die historische, die allegorische und die
ikonische eintheilt. Nur die Zersplitterung und die Un-
einigkeit des künstlerischen Strebens unter seinen Lands-
leuten behagt ihm nicht, er möchte die jungen Talente
um „ollvts-ä'Loolös" geschaart sehen, in der Weise wie
es zur Zeit von Louis Davib , Ingres und Delacroix
bei der französischen Malerschule der Fall war. Ein-
zelner Geschmacksverirrungen und kleiner Schwächen
ungeachtet, wird Jouin's Arbeit den Besuchern der Pa-
riser Weltausstellung um so mehr als Erinnerung
an das Geschaute eine willkommene Lektüre sein, als sie
sich zugleich durch leichten eleganten Stil empfiehlt.

H. L.

Kunsttöpftrei und Oftnfabrik von Hausleiter und Eiftnbeis.
Frankfurt a. M. und Nürnberg. A. Linnemann
^roll. inv. st kso. Druckerei von August Astenrieth
in Frankfurt a. M.

Es mag Manchem merkwürdig erscheinen, daß in diesen
Blättern das Album der Erzeugnisse einer Ofenfabrik
besprochen wird, welches zu Geschästszwecken bestimmt ist;
aber von Herzen freuen wird sich Jeder, der es durch-

blättert hat, darüber, daß der Mann des Gewerbes sich an
den Künstler wendet, um seine Waare in einer Weise dem
Käufer vorgeführt zu sehen, die einzig in ihrer Art genannt
werden muß. „Macht's nach, folgt dem guten Beispiel und
greift Eure Leistungen in würdiger Form an," so mutz man
jedem Jndustriellen zurufen; wir können ebenso gut wie die
Franzosen und Engländer unsere Arbeiten in geschmackvollem
Gewande anbieten, wenn wir nur wollen. Titelblatt und
Text sind opulent ausgestattet; holländisches Büttenpapier,
Schwabacher-Schrift, Roth- und Schwarzdruck sind aufge-
wendet. Das Titelblatt ist ein kleines Kunstwerk für stckp
ein mächtiger Kachelofen mit dem Motto: „Eigner Herd,
Goldes Werth", dessen Reliefs sinnig die Behaglichkeit des
Ofens, den Schutzpatron der Töpfer, St. Florian, und die
Städte Frankfurt a. M. und Nürnberg darstellen, vorn ein
großer Feuerbock mit dem Firmaschild; beiderseits am Rand
des Titelblattes hängen der Kritiker und der Recensent in
Drahtkäfigen eingeschlossen zur Erbauung betrachtender Un-
zufriedener. Die ganze Komposition ist echte, nicht nachge-
machte deutsche Renaissance, nicht Zusammenstellung üblicher
Motive, wie wir sie in weiß Gott welchen Büchern abgebildet
sehen, sondern voller Künstlerkraft entsprungene Leistung,
voll Schönheit, Geist und Humor. Ebenso originell und
von reichster Phantasie zeugend sind die vollendeten 21
Blätter des auf ca. 50 Tafeln berechneten Albums; für jeden
Privatgeschmack ist da etwas dargestellt, es thut einem die
Wahl weh, welchem Blatt man den Borzug geben will. Das
Eigenthümliche dieser Komposition besteht besonders darin,
daß stets die ganze, mit Majolikasließen verkleidet gedachte
Wand mit allem Zubehör entworfen ist, deren Nische sick)
der Kachelofen einfügen soll; disse hübschen Oefen samint
den gemüthlichen Eckplätzchen, den Aiobilien, der Wandver-
täfelung nnd Allem, was zuni Behagen des Zimmers dazu
erdacht ist, bilden ein harmonisches und monumentales Ganze
von eigenartiger Erfindung, das durch den Gedankenreich-
thum im Einzelnen wie durch die vortrefsliche Zeichnung als
Lichtdruck oder Autographie fesselt. Architekt A. Linnemann,
auf dessen künstlerische Lnufbahn wir wohl bei anderer Ge-
legenheit zurückkommen werden, hat rasch in weiteren Kreisen
berechtigten Ruf erlangt. Die Grundbedingungen seiner
Leistungsfähigkeit sind eine nngewöhnliche Begäbung und
eine ausgeprägte Jndividualität, der die tüchtige Schülung
des Meisters Nicolai in Dresden zu Gute kam, ohne sie zu
beeinträchtigen, die aber ebensosehr durch die Werke Viollet-
Le-Duc's und Ungewitters, durch in vielfacher Hinsicht gleich-
strebende Künstler, wie Peter Becker und Steinle, durch die
englischen Bilderbücher von Walter Crane und Anderen An-
regung und Erfrischung fand. Deutsche ebenso wie über-
haupt nordische Renaissance kann nur derjenige Architekt
wirklich erfinden, welcher der Baurichtung des Mittelalters
wie des Cinguecento gleich mächtig ist, dabei aber noch die
Sinnigkeit, den Witz und Humor der Künstler deS 15. und
16. Jahrhunderts besitzt. A. Linnemaun hat bei allen feinen
selbständigen Bauausführungen, in seinen kunstgewerblichen
Entwürfen ebenso wie in denjenigen für die Glasmalereien
derKatharinenkirche inFrankfurt a. M. oder für architcktonische
Konkurrenzen seine vollständige Beherrschung dieser nicht se
leicht zu erfassenden Kunst der deutschcn Renaissance be-
wiesen, die sich veredeln, aber nicht zähmen läßt, dersn Gcist
weder im Schnörkel noch in der oft unqeschickten Gliederung
steckt. II. 0.

Aunsthandcl.

n. Norddcutsche Landschaften von G. Meißncr. Astl
der Ausstellung des Berliner Künstlervereins fanden iin
vorigen Jahre zwanzig Kreidezeichnungen Meißner's wohl-
verdienten Beifall. Diese stimmungsvollen Naturstudien des
jungen Düsseldorfer Landschasters, der sich den Lesern der
Zeitschrift bereits durch eine im 13. Jahrgange veröffent-
lichte treffliche Radirung bekannt gemacht hat, dürften »a-
mentlich als Vorlagen beim Zeichenunterricht vorzüglich ge-
eignet sein.

Nekrologe.

Eduard Middlcton Barry, der rühmlichst bekanntt
englische Architekt, dcssen Name mit der Mehrzahl der'
 
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