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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 15.1880

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Sammlüngen und Ausstellungen.

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provisorischen Kunstausstellungsgebäudes, von denen der
letzte wiederurg einen festlichen Schmuck erhalten hat, welcher
dem Raume den langmeiligen Charakter einer Bildergalerie
durch eine glückliche Vereinigung von Gemälden, Statuen,
Produkten des Kunstgewerbes und Zierpflanzen zu nehmen
bestimmt ist. Die Düsseldorfer Ausstellung hat auf die
Berliner ebeusowenig einen nachtheiligen Einsluß ausgeübt,
wie im vorigen Jahre die Müuchener. Nur verschnnndend
wenige Bilder der letzteren, unter ihnen Piglhein's er-
greifende Komposition „tzloritur iu vso", sind nach Berlin
gekommen. Jm Uebrigen haben sich die Künstler bestrebt
gezeigt, nur ihre neuesten Schöpfungen zu uns zu schicken.
So präsentirt sich u. a Muukacsy's neuestes Bild „Die
beiden Familien", auf dem er zum ersten Male radikal mit
seiner koloristischen Vergangenheit gebrochen hat, aber dabei
in eine heillose Farbendisharmonie hineingerathen ist, auf
dieser Ausstellung dem deutschen Publikum zum ersten Male.
Die Düsseldorfer Ausflellung hat sich in Berlin so wenig
sühlbar gemacht, daß die Anzahl der von der Jury gut ge-
heißenen Werke die des Norjahres um etwa 17l> übertrifft,
obwohl eine beinahe gleiche Anzahl von eingelieferten Ar-
beiten liM gegen 375) zurückgewiesen worden ist. Als eine
bemerkenswerths Neuerung, deren Segen freilich erst noch
von der Zukunft zu erwarten ist, haben wir die Ausgabe
cines illustrirteu Kataloges nach dein Vorgange der
Londoner und Pariser Ausstellungen zu verzeichnen. Der
Berliner Kunstverleger R. Schuster hat diese Neuerung
durchgeführt. Wenn dieselbe bis jetzt noch von einem ge-
ringen Erfolge begleitet gewesen ist, so liegt das einerseits
an der llnvollkommenheit der gewählten Reproduktionsmanier,
des Zinkdrucks, andererseits an der Ilnbekanntschaft der
ineisten Künstler mit den Anforderungen und den Grenzen
desselben. Nur die Urheber sehr weniger von den einge-
lieferten 187 Zeichnungen haben bei der Anfertigung der-
selben die geringen Mittel der Zinkätzung berücksichtigt, und
diese haben wenigstenS etwas Erträgliches zu Stande gebracht
Es steht also zu hoffeu, daß im nächsten Jnhre etwas
Besssres geleistet werden wird. Bei der Beurtheilung dieses
ersten Versuches ist auch die Nothwendigkeit der schnellen >
Herstellung — das Büchlein ist in 14 Tagen fertig gemacht
worden — in Betracht zu ziehen. Am Eude kann man auch
sür den billigen Preis von einer Mark — dafür sind 187
Jllustratiouen auf 214 Seiten Text geliefert worden — kein
vollendetes Kunstwerk verlangen. Leider geben nun diese
Jllustrationen kein charakteristisches Bild von der Ausstel-
lung. Eine große Anzahl der Hauptwerke muß sich ohne
Jllüstration behelfen, währcnd die gleichgültigsten und lang-
wsiligsten Porträts reproducirt sind. Das ist jedoch nicht
stwa aus der Theilnahmlosigkeit der Künstler zu erklären,
sondern nur aus dem leidigeu Umstande, daß gerade die
Wsrke der renommirtesten Meister, uamentlich die dsr aus-
wärtigen, nicht von diesen selbst, sondern von den Künst-
händlern, welche die zeitigeu Besitzer derselben sind, ausge-
stellt werden, oft, ohne daß der Künstler etwas davon er-
fährt. — Berlin ist natürlich uummerisch am stärksteu durch
ca. 200 Maler, 45 Bildhauer und 1l Architekten vertreten,
während auf alle übrigen deutschen und außerdeutschen
Städte, die sich an der Ausstellung betheiligt haben, nur
ca. Zlül Maler, 19 Bildhauer und 4 Architekten kommen.
Aus Düsseldorf haben 76, aus München 55, aus Weimar
28, aus Dresden 24, aus Karlsruhe 22, aus Königsberg 12,
aus Stuttgart 9, aus Hamburg 7 und aus Kassel 6 Maler
die Ausstellung beschickt. Die sonst so zahlreich bei uns vsr-
tretenen Belgier sind in diesem Jahre durch ihre heimische
Ausstellung zurückgehalten worden. Dafür sind 7 Maler
aus London erschienen, wslche unserem Publikum zum ersten
Male einen, wenn auch nur schwachen Begriff vou der eng-
lischen Malerei gewähren. Auch aus Kopenhagen sind 8
Maler erschienen. Bedauerlich ist dagegen die nummerisch
schwache Vertretung Wiens durch nur sechs Maler, unter
denen Eduard von Lichtenfels mit seiner großartig auf-
gefaßten und virtuos wiedergegebenen Skizze vom "Gipfel
des Aetna die erste Stelle einnimmt. Wenn wir dis aus-
gestellten Gemälde auf ihre Sujets hin betrachten, müssen
wir wieder das alte Klagelied von dem spärlichen Vor-
handensein von Bildern großen Stils beginnen. Man zählt
ihrer mit Mühe und Noth nur 29 zusammen; doch befindet
sich kaum eines unter ihnen, das man als durchaus miß- ^

lungen bezeichnen muß. Wir nennen hier vorläufig nur:
Piglhein's sterbenden Christus, Michael's Hiob, Span-
genberg's Frauen am Grabe Christi, E. v. Hagen's
barmherzigen Samariter, Pichler's Tod Jakobs, A. v.
Heyden's Rettung Wittich's, A. v. Werner's Sturm auf
Spicheren und Brozik's, des in Paris lebenden Piloty-
schülers, figurenreiches Gemälde: „Die Gesandten des Königs
Ladislaus von Ungarn am Hofe Knrl's VII. von Frankreich",
welches freilich schon vor fünf Jahren entstanden ist. Am
stärksten ist, wis immer, die Landschaft mit 280 Nummern
vertreten. Es fehlt freilich auch kein einziger deutscher Land-
schaftsmaler von Renommäe, sodaß die Äusstellung wenig-
stens von diesem. einen Zweige der Malerei ein vollständiges
Bild gewährt. Das folgende Namensverzeichniß liefert den
Beweis dafür: A. und O. Achenbach, A. Arnz, Beller-
mann, Berninger, Bennewitz v. Loefen, Bracht,
Douzette, Dücker, Eschke, Flainm, Flickel, von
Gleichen-Rußwurm, Guds, Hertel, Jrmer, I. Jan-
sen, O. v. Kamecke, Kanoldt, E. Körner, W. Kühling,
K. Lessing, der mit Glück dem Beispiel seines grotzen
Vaters folgt, Leu, Lindemann-Frommel, Lutteroth,
Oesterley, Pape, Ruths, Scherres, M. Schmidt,
W. Schuh und Chr. Wilberg. Fast dasselbe gilt vom
Genre, welches — um nur die Spitzen zu nennen — durch
Menzel, Knaus, Defregger (der köstliche „Liebes-
brief"), W. Gentz, A. Holmberg, R. Jordan, O. Kir-
berg und Gussow vertreteu ist. Letzterer hnt jedoch seine
schönsten Lorbeern in diesem Jahre als Porträtmaler ge-
pflückt. Bokelmann hat init seinem figurenreichen Genre-
bilde „Die letzten Augenblicke eines Wahlkampfes" wiedeiüin
einen äußerst glücklichen Griff in das Leben der Gegenwart
gethan. Porträts hat die Ausstellung in solcher Fülle auf-
zuweisen, daß schon die Hälfte genug gewesen wäre. — Aus
der Zahl der plastischen Werke ivollen wir in diesem vor-
läufigen Berichte nur Herinami Volz's Bronzestatue der
Stadt Hannover für daS dortige Kriegerdenkmal, Sieme-
ring's „Sieg" und Albert Wolff's „Friede", zwei Bronzc-
statuen für die Reichsbank, hervorheben. Des KuriosiuinS
halber sei auch das Werk eines jungeii Berliners, Friedrich
Reusch, erwähnt, der den nicht übel geglückten Versuch ge-
macht hat, eine -- Dampfkesselexplosioii plastisch zu versinn-
bildlichen. — Ausführliches später im Hauptblatte dicser
Zeitschrift. ....

« Feucrbach's Deckcngeiiiäldc fnr die Wiener Akademie.
Wie unseren Lesern aus wiederholten frühcren Mittheiluiigeii
bekannt ist, hat Anselin Feuerbach einen Theil der für die
Aula des Wiener AkademiegebäudeS bestimmten Deckenbilder
unvollendet hinterlassen. Vollendet ist von dem ganzcn
Schmuck nur der mehrfach besprochene „Titanensturz", das
kolossale Mittelbild der Decke, welches 1879 nuf der Mün-
chener internationalen Ausstellung zu sehen war und gegen-
wärtig an einer Saaldecko der Wiener akademischen Galerie
seiuen provisorischen Platz gefunden hat. Außer diesen Haupt-
komposition sollen noch acht Nebenbilder die kleineren Felder
der großen reichgegliederten Decke füllen und an diesen
hatte Feuerbach in seiner letzten Lebenszeit gearbeitet, um
für die zu gewärtigende Bestellung derselben gerüstet zü
sein*). Vier von den Seitenbildern sind nahezu vollendet,
nämlich: „Der gefesselte Prometheus, von den Okeanidcii
beklagt", „Gäa,schwebend überderErde, mit einem geflügelten
Genius", „Uranos, schwebend" und „Venus Anadyomene
in der Muschel, von Änioretten uingeben". Diese Bilder,
welche im Kataloge der Berliner Feuerbach-Ausstellung init
den Nrn. 45—48 verzeichnet stehen, sind gegenwärtig iin
Oesterreichischen Museum zu Wien ausgestellt, und wie wir
mit Genugthuung erfahren, ist gegründete Hoffnung vor-
handen, daß sie für ihren Bestimmungsort acquirirt iverdcn.
Der Eindruck der Bilder ist, von ihrem unfertigen Zustande
abgesehen, ein so bedeutender, daß mau es nur im höchsten
Maße beklagen könnte, wenn diese Schöpfungen eines groß
angelegten, eigenartigen Talentes nicht die ihrer allein
würdigo Stelle findeii würden. Durch gleiches Entgegon-

') Die definitive Bestellung der Seitenbilder hat Feuerbach nicht erhalten.
sie tönnen also auch nicht „wieder abbestellt" sein, wie I)r. M. Jordan «u
der Einleitung zum Kataloge der Berliner Feuerbach-Ausstellung, S. ^
sagt. Wir kommen auf diese vielfach irrthümlich dargelegten Nerhältniise,
in veren Entstellung der mythenbildende Geist sich wieder einmal sehr
schästig gezeigt hat^ bei einer anderen Gelegenheit zurück.
 
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