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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 20.1885

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Zehnte Sonderausstellung im Kunstgewerbemuseum zu Berlin
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Auer, Hans: Das Semper-Museum in Zürich, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5807#0058

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103

Das Semper-Museu», i» Zürich.

104

Terrine ersten Ranges aus der Sammlung von Par-
part, hinzu; serner Arbeitcn aus Schmiedeeisen; Mobel,
darunter cine prächtige Rococothiir, — endlich zwei
Altäre, ein gotischer und ein Rococoaltar von höchster
Schönheit. Die Textilsammlung ersuhr sehr namhaste
Vermehrungen, unter dcnen eine Anzahl orientalischer
Sammetbrokate, meist große Stiicke, besonders zu nennen
sind; dieser überaus reichen und wichtigen Abteilung
dcs Museums wird betrefss möglichster Abrundung
eine besondere Sorgfalt gewidmet. So ist es gelungen,
gerade an friihmittelalterlichen Stoffen wiederum iiber
huudert Stiick zu erwerben, sv daß diese Gruppe,
welche nunmehr mehr Stosse enthalten diirfte, als alle
iibrigen Museen zusammengenommen, einen vollstän-
digen Überblick iiber diese frühe Zeit gewährt. Eine
iu Aussicht genommene Publikation dieser Stoffe dürfte
sür die Geschichte des Ornaments von epochemachcn-
der Bedeutung sein.

Arbeiten in Edelmetall sind im verfloffenen Jahr
wenige hinzugekommen: eine kleine Sammlung unga-
risch-siebenbürgischer Schmucksachen, Bauernschmuck aus
verschiedenen Teilen Deutschlands, einiges Kirchen-
gerät, darunter ein vortrefflicher spanischer Kelch des
16. Jahrhunderts. An Nachbildungen wurden eigens
sür das Museum gefertigt die köstliche gotische Kanne
des königl. Museums zu Kaffel und der bekannte ita-
lienische Dolch dcrsclben Sammlung. Endlich hat
Herr vr. Riebcck aus sciner zu Anfaug des Jahres aus-
gestellten Sammlung alle vorwiegend kuustgewerblichen
Gegenstände dem Museum als Geschenke überwiesen,
die jedoch schon srüher eingestellt worden sind.

Aus den Magazinen der königl. Gemäldegalerie
sind dem Kunstgewerbemuseum eine Anzahl Bilder,
die ein vorwicgend kostllmliches Jnteresse haben, ein
gemaltes italienisches Truhenbrett und einige andere

siir die Sammlungen geeignete Slücke überwiesen
worden.

4.

Das 5einper-Aiuseum in Zürich.
vou Hans Auer.

(Fortsetzung.)

Entwurf für den Bahnhof in Zürich.

. . - ^zuriu).

Diescs Projckt (ebensalls mit Variante) ist das Resul-
tat einer beschränkten Konkurrenz, aus der keines der
Projekte zur Genehmigung gelangte; doch dienten
sie als Grundlage zu deni ausgeführten Entwursc des
Architekten Wanner. Von dem Semperschen Pro-
jekt sind verschiedene Motive in die Ausführung hin-
übergenommen; so gab es unzweifelhaft dcn Anstoß
zur Wahl des großcn Bogenmotives für die Hallc, wie
ihrer Deckenkonstruktivn und zu den scitlich im Äußeren
der Halle angebrachten Giebeln, die hier als Abschluß

jeder Travöe erscheinen. Auch die Anlagc der Warte-
sale u. s. f. scheint jenem Projekt ciitlivmmen. Aus
dem Semperschcn Projekt wurden weggelassen: die
großen triumphbogenartigen llnterfahrten an den Stirn-
seiten der Halle, hinzugefügt jedoch das große Portal
in der Mitte, als Abschluß der Bahnhosstraße, vielleicht
das würdigste moderue Stadtthor, das epistirt. Jn
Lcnipers Entwurf ist in der Fensterarchitektur eben-
falls das Triumphbogenmotiv weitergeführt, wohl mit
etwas zu wenig Rücksicht auf dic Jniienräunie; dic
Flächcn ;md in einfachem Quaderbau gehalten.

Von besonderem Jnteresse sind die Skizzen für das
Innere der Bahuhofshalle, iu denen der Meistcr
I>ch wieder in möglichster Treue der Thermcnarchitcktur
anzupaffen suchte, was allerdiugs, wie beide dargestclltc
Jdeen zeigen, gewiffe praktische und kiinstlerischc
Schwierigkeiten hat. Ja, sie beweiscn geradezu die
Ilnthunlichkeit der Verwendung jenesMotives siir unsere
uiodernen Verhältnissc, wovon sich übrigens auch jeder,
der es sclbst versuchte, schon überzeugt hat. Die
kvloffaleu vorgestellten Säulen auf hohen Postanicu-
ten im ersten Entwurfc, die riesigen vorspringendcu
Pfeilermaffen im zweiten uehmen in diesem Rauuie,
wo das gcriugste Verkehrshindernis ein Fehler ist, eincu
solchen Platz in Anspruch, daß hieran allein ihre Aus-
sührung scheitern würde, abgesehen von den Kosten siir
die auch konstruktiv ganz überflüffigen Maffen. Sic
tragen über grvßen geflügelten Genieu die sichclförmi-
gen Dachgespärre, — eine sowohl physisch als auch sür
das Auge viel zu unbcdeutende Last im Verhältnis zu
der unmäßigen Stütze. Auf so kvlossalc vorgekröpfte
Säulen gehvrte nur jenes stark übcrhöhte Gewölbc
dcr Thermcnsäle; dvrt steht Last und Stütze im Eiu-
klange; aber weder ein eiserner Flachbogen, noch eine
horizontale Decke, wie in dcm Projckt siir den Kursaal
in Baden, können einer svlcheu Säulcnarchitektur ge-
uügen. Und wie diese, sv erscheint auch diejenige der
Wandflächen dazwischen gesucht uud gekünstelt. Was
bei jencn rvinischcn Bauten ganz naturgeinäß und
kousiruktiv als einfachste Lösung auftritt, ist hier, wo
drei Stockwcrke in deui grvßcn Bvgen untergebracht
sein sollen, nur mit Mühe durchsiihrbar. (Dasselbc
Motiv soll auch den Börsenprojekten siirWien zu Grunde
gelegt scin.)

Wir zweifcln zwar nicht daran, daß es Semper
geluugen wärc, bci dcr Aussührung uianches, was in
dieseu Skizzen ausfätlt und stört, zu verbessern, —
aber sicher nur durch tcilweises Opfcrn seiner Jdeale
und unter bedeuteuder Annäherung au die Ncnaissancc,
resp. an den gegenwärtig ausgefiihrten Bau.

Jinmerhin sind diese Blätter hochintereffant. Das
sirojekt zeigt noch in höhcrem Sinne, als dasjenige
sür den Kursaal, Sempers eigentliches Glaubens-
 
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