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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 20.1885

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Voss, Georg: Botticelli's Dante
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Der Christkindelmarkt der Münchener Künstler
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https://doi.org/10.11588/diglit.5807#0116

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219

Der Christkindelmarkt der Münchener Künstler.

220

crhültcn seinc nackten Körper mcist dcn seinen Aus-
drnck inncrcn Lebens, seine schwcbenden Gewcmdfiguren
den leichtcn Duft, dcr uuö ihr Schweben in den ver-
schiedenen Sphären des Paradieses begreiflich erscheinen
läßt. Jn dcu Reprodultionen wird dieser Uuterschied
zwischen den Haupt- und Nebenlinien verwischt, so-
daß die Gestalten schwer im Raume hängen. So
besonders iu Paradiso XXX, wo Dantc und Beatrice
im Lichte einporschweben. Ebenso ist in der Konipo-
silion zu Paradiso XXVI, wo Beatriee zum göttlichen
Lichte empordeutet, und Dante geblendet die Hand vor
die Augen hält, die ganze Leichtigkeit der Figur, die
ihr in diescr abstrakten Welt erst ihre rechte Existcnz-
bercchtiguug gicbt, verlorcn gegangen. Eine andcre
Eigenschaft der Originale, die verschiedene Abtönung
der Farbe der Sepiazeichnung wiederzugeben, ist an
einigen Stellen mit Ersolg versucht worden. So auf
dem Blatte zu Purgatoriv XXII l, wo Dante in das
Anschaueu des Baumes der Seligkeit versunken da-
steht. Allerdings sind die Farben der zweiteu Platte
nicht Ubcrall an der richtigen Stelle eingesetzt. Wo
nur eine Plattc verwendet ist, mußten naturgemäß
mauche schönc Wirkuugeu dcr Originalc verloren gehen.
So ist aus Purgatorio V der eigentiimlich svnuige
Glanz der Farbe ausgeblieben, mit dcm die Schatteu
derer gezeichnet sind, dic eines gewaltsamen Todes ge-
storben, doch mit Vcrzweiflung und Ncue aus dem
Lebeu geschiedcu sind. Ebeuso fehlt auf Paradiso III
der fcine Unterschied der Farbc, der die vbere Partie
der Seeleu, die aus der Lichtsphäre des Mvndes Dante
und Beatrice eutgegentreten, von den uuteren unter-
scheidet. Ebenso ist in dem Krystallhinimel auf Para-
diso XXVIIl der innerste Kreis der Eugcl im Origi-
ual durch eineu hclleu, lichtcu Tou vou den äußeren
Eugclscharcn besonders uuterschiedcu. Dic Reproduk-
tivn geht dagegeu über sämtliche Figuren mit einer
gleichförmigen Farbc hinweg. Die nur in Stift ge-
zeichncteu Cherubim der innersten Sphäre sind außer-
dem kaum erkenntlich.

Daß bei einer sv verdienstlichcn Publikation, wie
der Vvrliegenden, nicht alle Eigenschaften der Originale
erreicht Iverden konnten, ist in der Natur aller vor-
handenen Reprodnktionsverfahren begriindet. Bei der
beständig sich steigernden Leistungskrast des photogra-
phischen Druckes ist eine treue Wiedergabe der Zeich-
iiungeu vielleicht uoch innerhalb der folgenden Hefte
des vorliegenden Wcrkes zu erwarten. Bei der kunst-
und kulturgeschichtlichen Bedeutung dieser Zeichnungen
steht es zu hoffen, daß auch die verwandten Repro-
Lultivnsversahreu des Kohle- und des Kupferlichtdruckes
sich an eine Nachbildung der schvnsten Blätter des Ma-
nuskripts heranwagen werden, falls dem Verleger des
vorlicgenden Prachtwerkes nicht wiederum aus eine

Rcihe Vvu Jahrcn das alleinige Vcrviclfältigungsrecht
übertragen sein sollte. Gcorg B-ß.

!>er Lhristkindelmcirkt der rNünchener Aünstler.

München, 20. Dezember 1884.

Jn die Räumc der alten Akademie an dcr Neu-
hausergasie ist nochmals für kurze Zeit ein Stück jencü
LebenS eingezogen, das bis vor einem Jahr hier
Dezennien hindurch lustig und erust sich entivickelte,
eiu Stück Küttstlerleben, voll Humvr, Farbenpracht und
Geschick. Der Zwcck ist, den Fouds zuiu Bau eiucü
Künstlerhauses zu mehren, auf daß eudlich ciumal in
Erfüllung gehe, was längst cin Bediirfnis, beinahe ein
Stück Lebcnssragc sür die gesamte Münchener Künstlcr-
schaft geworden ist. Nun, der Platz zum Bau ist
wenigstens da, und das Kapital wächst durch allseitigc
Zuschüsie auch heran. Um in Ler Sache einen weiteren
Schritt voran zu kommen, beschlossen sämtliche Kvr-
porationen der Münchener Kiiustlerschaft, gemeinsam
einen Christkindelmarkt zu inscenireu, und er ist auch
zu stande gekommen, aber bei weitem großartiger, als
es sich wohl irgend jemand hätte träumen lasien. Eü
sind sechs große Räume, in denen das Unternehmeii sich
entwickelt hat, uud zwar in einer Vielseitigkeit, die
srappanl ist. Jin ersten Saal hat Prof. Otlo Seitz
cine reizende „Krippe" aufgestellt, zopfige Figürchen
von dem bekannten Holzschuitzer Niklas aus der Au
bei München, inmitten einer äußerst stimmungsvoll
wirkeudeu Landschaft, die, teils plastisch, teils gemalt,
ein wahres Meisterwerk genannt werden muß. Jm
zweiten Saal, einem an sich riesigen Raume, hat der
Künstlersängerverciu uuter Leitung vou Maler Ungcr
und Professor Leder .nach Aguarellen von Pros. Friedr.
Thiersch ein Stück orientalischen Lebens hingezauberl.
Phautastischc Architekturen, Vedutcu in schattige ivink-
lige Gassen, dann weiter bunte Bazars wechseln in
mannigfachem, künstlerischen Durcheinander. DieBazars
sind angefüllt mit allen nur denkbaren Objekten der
Keramik, Tertilkunst, Metalltechnik uud enthalten nebeu
wahrcn Perlen echter Erzcugnisie eine Menge dcr
drolligsten Geschichten', in dcnen Witz und Laune ini
vollsten Maße entwickelt sind. Verkäufer uud Ver-
käuserinvcn tragen selbst orientalische Kostüme, und daü
Ganze ist ein Bild von schiiiimernder Farbenpracht.

Dic beiden nächsten Räume enthalten das un-
regelmäßige Gasiengewirre cincr miltetalterlichen Stadt.
Auch hier ist die architektonisch dekorative Anvrdnung
dcr hohcn Giebelhäuser mit Erkeru, spitzbogigen Halleu
und allerlei malerischem Schnick-Schnack vvrtrefflich
gelungen. Stadtknechte, Büttel, Bürger und BUrgers-
frauen tragen die malerischen Kostüme der Maximi-
lianischen Zcit, und auch hicr ist einc Menge des Guten
 
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