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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 20.1885

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https://doi.org/10.11588/diglit.5807#0154

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Korrespondenz aus Köln.

296

29.6

entgcgen. Lcidcr folgte im Lcnife der Zeit gewöhnlich
dcr Sammlung die Zerstreuung, die meisten hiesigen
Prwcitkabinette kamen untcr dcn Hammer und bei
wcitem das meiste davon entkam aus Köln. Einc
ganze Bibliothck bilden die Kataloge zu dcn Ver-
stcigcrungcn, welchc allein die Firma Hcberle hier seit
dem Jahre 1853, in dem die kostbare Sammlung
Peter Leven den Reigen eröffnete, veranstaltet hat, in
den beiden ersten Jahrzehnten fast ausschließlich aus
hicsigen Nachlassenschasten, später auch, da der hiesige
Kunstmarkt an Bedeutung alle anderen deutschen
Märkte zu übertreffen begann, aus entfernterem Be-
sitze. Diese Auktionen bildeten eine wahre Fundgrube
für viele deutschen, für manche ausländischen Mnseen,
Sammler, Händlcr, die riesige, den verschiedensten
Kunstzeiten wie Kunstzweigen angehörige Masien aus
Köln entführt haben. Fast noch dankbarer, weil
minder dem Drucke der Konkurrenz unterlegen, waren
die stets sich erneuerndcn, vorwiegend dem Rheinlande
cntstammenden Lagervorräte der hiesigeu Händler, aus
denen wiederum alle schöpsten, nur unsere Kunstan-
staltcn nicht.

So sehr dicse Betrachtung geeignet ist, ernstc Ge-
danken des tiefsten Bcdaucrns hervorzurufen über die
vcrpaßtc gute Zcit und günstigc Gelegenheit, so wird
sie doch nicht entmutigcn dürfcn. Noch inimcr ist hier
vieles zu kaufen, manches zu rettcn, Wichtiges gegen
Verschleppung und Auswandernng zu schützen, unv ein
Gewerbemnseum hier am Platze würde den meisten
Mitbewerbern auf dem Gebiete der Knnsterwerbungen
den Rang abzulaufen vermögen, wenn es gelänge, es
von Anfang an einem durchaus rllhrigen und findi-
gen Direktor anzuvertrauen, der desien Jnteresse nach
allen Seiten wahrzunehmen und die Wünschelrute
unansgesetzt zu handhaben verstände.

Jn den Kreisen der Kunsthandwerker selbst ist
dieses Jnteresie lebendig genug. Sie sind es ja gerade,
die eine öffentliche Sammlung am meisten vermisien,
deswegen am dringendsten begehren. Jhre Klage über
den Mangel an Vorbildern ist nur zu berechtigt und
an dcm so notwendigen Studienmaterial für den jungen
Nachwuchs gebricht es noch mehr. Aber gutes, solides
Material muß es sein: nicht bloß Abbildungen, Nach-
bildungen und Abgüsse, die, ausschließlich oder unvor-
sichtig benutzt, gar leicht in die Jrre führen, als viel-
mehr Originale, die allein sichere und erschöpfende
Auskunft zu geben vermögen, namentlich in technischer
Beziehung, die so überaus wichtig ist und glücklicher-
weise gerade die starke Seite unserer heimischen Meister.
Dicse kerngesunde Richtung, welche die Grundlage für
die manuelle Fertigkeit, zugleich das beste Bewahrungs-
mittel vor Oberflächlichkeit und mechanischer Verviel-
fältigungssucht, ist vor alleni zu erhalten uud als

kölnischc Eigentümlichkeit umsomchr zu pflegen, als sie
in anderen Kunststädten unterschätzt und vcrletzt wird.
Auch die eingeborene Anhänglichkcit an dic Kunst-
erzeugniffc dcr heimischen Vergangenheit, so lange diese
ihre Größc und Würdc behauptete, ist ein höchst
schätzcnswerter Zug unserer Meister, welche die altcn,
und geradc dic so charakteristischen kölnischen Vorbilder
ebensosehr lieben, als sie dic Schablone hasien. Diese
so kostbare als seltene Eigenart ist auch der tiefstc
Grund sür den sich selten verleugnenden Ernst ihrcr
Gebilde, und hoffentlich ein dauernder Schutzwall gegen
die Verschwommenheit und Vcrstachung, von dcr sich
anderswo die Spurcn schon allzu deutlich zeigen.

Diese strenge Richtung wird im regstcn Anschlusie
an „die Werke unsercr Väter" immer neue Nahrung
und Stärkung gewinnen. Von diesen Werkcn besitzt
unser städtisches Museum, dank vor allem deni kein
Knnstgebiet ausschließenden Sammcleiser Wallrass eine
erkleckliche Anzahl: mehrere Dutzcnde altcr Möbel,
unter denen einige sehr hervorragendc Stttcke, ganze
Reihen von Holzfiguren uiid sonstigcn Schnitzwerken,
eine sehr wertvolle Sammlung rheinischer Krüge, eine
auserlesene Kollektion altrömischer wie deutscher und
italienischer Gläser, einc wahre Musterseric vou kölni-
schen Glasgemälden und von Malcrcicn hinter Glas,
eine wenn auch kleine, so doch hockiintcrcsiante Aus-
wahl von Metallgegenständen u. s. w. Alle diese vor-
nehmlich tem späteren Mittelalter und der Früh-
renaisiance, also den Glanzepochen des kölnischen
Kunstschaffens entwachsenen Gegenstände sind aber in
betresf ihrer Ausbewahrung und Aufstellung so neben-
sächlich behandelt, daß ihre Bedeutung auch nicht an-
nähernd zur Geltung konimt. Sie würden nur ent-
sprechend geordnet und gruppirt zu werdcn brauchen,
um schon sür sich allein den vollgültigen Anfang eines
Gewerbemuseums bildeu zu können. Da aber ihr
Verbleiben im städtischen Museum durch das Testa-
ment Wallrass verlangt wird, so ergab sich der Vor-
schlag, das Quadrum des Kreuzganges mit eineni
Glasdach zu überfangen und dort ein Gewerbemuseum
einzurichten, um so leichter, als damit auch die sonst
so schwierige Lokalfrage schnell gelöst schien. Diesem ver-
lockenden Plane aber scheinen Schwierigkeiten persön-
licher und sachlicher Art entgegenzutreten, die zu übcr-
windeu wenig Aussicht vorhanden. Es dürfte sich
daher empfehlen, aus dieses Projekt zu verzichten und
nach einem anderen Lokale zu suchen, das sich freilich
ani leichtesten ergäbe, wenn einer der kölnischen Paläste,
je näher beim städtischen Museum desto lieber, als Ge-
schenk dafllr zu erhoffen wäre. Dieses wäre dann
als Filiale des Museums zu behandeln, wodurch die
Überführung seiner oben bezeichneten kunstgewerblichen
Bestände wesentlich erleichtert wiirde. Sie hätten dann
 
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