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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 20.1885

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811

Kunstlitteratur und Kunsthandel.

312

freigebige Kunstpflege in anderen Ctaaten um Ab-
wenbung der drohenden Gesahr, um Fortsetzung der
begonnenen Arbeiten und um eine stehende höhere
Dotation sür Kunstzwecke bittcn.

Nirgcnds mehr Talente als in Österreich und in
keinem anderen Großstaat cin so kärglich zugemestenes
Kunstbudget: das ist unbestreitbar! Mustern wir nur
die Ausstetlungen, wclche das Küustlerhaus uns letzt-
hin gcbotcn hat, von dcr Jahresaussieklung bis zu
der kleiuen gewählten Sammlung von „Österreichern
in Paris", die der Kunsthändler Sedelmeyer kürzlich
den Wicnern vorführtc, und bis zu der soeben eröffne-
ten Makart-Ausstellung! Muukacsy, Brozik, Cauon,
Pettcukoseu, Lcopvld Müllcr, Tefreggcr, Eduard Charle-
mont, Numpler, O. v. Thoren, Lichtenfels, Jettel, ^
N. Ruß, Darnaut, Schindler, — ich grcife nur diesc
Namen heraus, obwohl sich noch viele jüngere Talente
ihnen anreihen ließen. Eine große Zahl der Genanntcn
lebt seit Jahreu außcrhalb ÖsterrcichS, vornehmlich in
Paris uud Miiiichen, weil dort die Kuustvcrhältuiste
günstiger sind. Andere finden im Auslande dcn sast
ausschließlichcn Markt sür ihre Arbeiten und sind in
Wieu höchst seltcn gesehcne Gäste. Man kann diesen
Ubelständen, wie die Künstler in ihren Adresten mit
gutem Necht behaupten, nur durch große Austräge und
durch reichliche Dolationen der öffentlichen Sammlungen
cntgegenwirken. Munkacsy und Brozik sind weder iin
Belvedere noch in dcr akademischen Galerie vertreteiv
Vou Makart besitzt Las Belvedere nur das sür ihn
wenig bezeichncnde Bild: „Ronieo und Julia". Auch
die jüngere Generation dcr Gcnre- und Landschasts-
maler trifft man überall bester als in unsern öffent-
lichen Samiulungen repräsentirt. Es fehlen eben den

Verwaltungen die nvtigcn Mittel, um die klaffenden
Lückcn auszufüllcn.

Jn der Sedelmeyerschen Ausstcllung, welchc fast
sämtlichc von der Giselastraße her zugänglichen Näume
des Künstlerhauses süllte, konute mau vor allem vou
dcm Schaffeu Muukacsy's und Bro'ziks ein vollstän-
ges Bild gewinnen. Das Hauptinteresse zog des
ersteren „Kreuzigung" auf sich, ein Bild, welches zwar
an Pocsie den Milton nicht crreicht und in der Kom-
position nicht sehr glücklich ist, aber durch den ge-
diegenen Ernst seiner Durchbildung imponiren niuß,
wenn cs auch nicht zu erwärmen vermag. Munkacsy
bewegt sich jetzt auf der Bahn einer srischen, kernigen
Farbeiianschauung, die er mit dem gleichfalls wiedcr
ausgestellten „Christus vor Pilatus" betreten. Das
alte melancholische Schwarz ist überwunden. Jch
wünsche ihm Glück zu dieser Metgmorphose und bin
übcrzeugt, daß cr dem neugeschassencn Farbcnkörpcr
bald auch den ihm eigentünilichen Gcist einhauchen wird.

Eine frcudige Übcrraschung bcrcitcten mir die

Bildcr Vroziks, dereu nicht weuiger als sieben zu-
ianiincu ausgestcllt ivareu, darunter dic beiden Kolossal-
geniäldc „Chri>toph Columbus ani Hofe Ferdinand
deS Karholischcn" und „Die Verurteilung dcs Äoh.
Huß durch das Kviizil zu Konstanz". Brozik hat sich
vom eleganten Kvstümschildcrer zum tüchtigen Historien-
>»alcr hindnrchgearbeitet. Es ist etwas Männlichcs,
im besten Sinnc Mvderncs in diescn Bildern, das
"inern jnngen Küustlcrn zuni Studiuin und zur Nach-
eiserung dienen könnte.

Wahrhaft entzückt abcr hat mich in dcr Kollek-
tion ^edclincyer vor allem eiu Bild, uämlich Pctten-
kofens „Während dcs Duells", ein Pastcllgemälde
von einer Durchdri'nguiig techuischer Meisterschaft mit
spriihendcin Geist, wie sie mir seit Jahren in cincm
mvdcrncn Wcrke nicht entgcgcngetretcn ist. Frllher
Morgen, Waldwiese vvn herbstlich gcsärbten Bäumcn
umitanden, im Hintcrgruiide die Kämpfcr, vorne
Tienstlcutc mit Pfcrden in ängstlichcr Spannuug:
alles daS, Figurcu, Tiere, Menschcn, Laubwerk, Him-
mel, Lufl, die Ctimmiing dcs Mvments, in eincm
zart vibrirendcn Klang ausgesprochen, — ein Wunder-
werk dcr Bevbachtnng und der Malerei, Vvn dem ich
nur das Eiue ui'cht bcgreife, daß nian es vou Wien
unangekauft hat wieder wegziehcn lasteu! Es geschähe
»ns ganz recht, weiiu Hcrr Direktor Jordan sich diescn
ichöiistcn aller Pcttcukvscn nächstcns für dic Bcrliiicr
N'ationalgalerie zu Gemüte führte.

Außer den Genannlen waren in derselben Sainm-
lung Eugen Jettcl nnd namentlich der fein bcgabte
Eduard Charlemont sür mich gern geschcne Gäste.
Dazu kani u. a. der Schüler Feuerbachs Adalbert
Hynais, ein für größere iiionilmentale und orna-
mentale Werke berufencs Talent, deu man von Paris
ivieder für Wien zurückzugewinneii sich bemühen svllte.

^vvch ich will keine Ratschlägc crteilcn, sondcrn
einsach plaudern von dcm, was mir gcfällt odcr niwt
gefällt. Fjjr heute damit genug,- das »ächste Mal
auch etwas vvn nnser» Plastikern.

Ein alter Kunstfreund.

^luiistlitteratur und Aunsthaiidel.
t^tfizieller Führer durch das Hahr s883 im !lünstler>
l?ause (Wien, Verlag der Künstlergenossenschaft) imd
HIlu>trirter Ilatalog der internatioiialeii Spezial-
ausjtelliiiig der graplsischen Aünste (zweite ver-
mehrte Aufl. Wien, Gesellschaft für vcrvielfältigende
Kunst).

„Alle bcidc, mchr iind minder,

Ncckcn wic die hübschcn Kinder."

l>. llnter obigcn Titeln erschiencn zwci amüsante
Parodicn auf die Wiener Ausstellungen des Jahres
1888, welche „init pikanten Händen" eine svlche Füllc
 
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