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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 20.1885

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Kunstblätter.

364

363

Oompositioiis st Dsssins äs Vioiist-IZs-Drro,

podiiäs soos Is xutronuZs än Oowiis äs i'Osnvrs
äu Nsitrs. knris. Oidruiris Osntruis ä'^roditse-
turs. (V"°. L.LIorsi). 1884.

Jm Verlause der Ausstellung Vvn Entwürsen und
Zeichnungen des berühmten französischen Architekten,
die kurz nach dessen Tode im Jahr 1879 im Hötel
de Cluny veranstaltet worden war, tauchte bei seinen
Freunden und Schülern der Gedanke auf, eine Aus-
wahl davon als Zeichen der Pietät für den früh ver-
storbenen Meister zu veröffentlichen. Die Verwirk-
lichung dieser nachahmenswürdigen Jdee (wie schön
wäre cs, wenn sie z. B. für eine Veröfsentlichung der
Entwürfe Sempers oder Ferstels auch Verwertung
fände!) liegt nunmehr in einem glcinzenden Foliobande
vor, der eine Auswahl von hundert Kompositionen
und Skizzen des Meisters enthält, mit all der Voll-
endung reproduzirt, wie sie die Vervollkommung der
modernen Vervielfältigungsweisen der Photogravüre,
des Farbendruckes und der einfachen Lithographie in
den Dienst der Technik gestellt hat. Es sind darunter
alle die Zweige der Kunst durch hervorragende Speci-
mina vertreten, in denen sich das reiche Talent des
berühmten Vorkämpfers der Gotik in Frankreich be-
thätigte: sie geben uns ein Bild seines Schaffens-
krcises, ohne bci der überaus weitverzweigten Produktion
Viollet-Le-Ducs desien künstlerische Thätigkeit im ent-
ferntesten erschöpfen zu wollen, die sich bekanntlich
ebensowohl auf die Restaurirung alter, als auf vie Aus-
sührung nener Monumentalbautcn kirchlichcn wie welt-
lichen Charakters, sowie auf die stilgemäße Ausstattung
derselben bis in ihre kleinsten Einzelheiten erstreckte.
Es werden uns — um nur einiges herauszuheben —
die Restaurativnen der Hauptfassade der Kathedrale von
Clcrmvnt, der Westfasiade (Außen- und Jnnenseite)
der Abteikirche der heil. Madeleine zu Vözeley, des
Dachreiters von Nütre-Dame zu Paris, der Apsis von
St. Sernin zu Toulouse, des berühmten Schloßbaues
von Pierrefonds u. a. m. vorgeführt. Nicht minder
reich vertreten sind des Meisters Entwürse sür die
künstlerische Ausschmückung seiner Bautcn und Wieder-
herstcllungen durch Abschlußgitter für Chöre und
Kapellen, Taufsteine, Chorgestühle, Altäre, Füllungen,
LUnettenfelder, Reliquienschreine, Kirchengeräte u. dgl.
Bemerkenswert als Beleg dafür, wie Viollet-Le-Duc
nicht bloß in die Formcnsprache svndern in den intim-
sten Geist der Gotik eingedrungen war, sind unter
anderen die Enlwürfe der drei Reliquiare für Nütre-
Dame zu Paris, sowie anf-dem Gebiete der Profan-
architektur die Details für die Jnnendekoration des
Schloffes Pierrefonds. Auch einfache Aufnahmen nach
bestehenden Monumenten, mit der untrüglichen Sicber-
heit der Formenbehandlung und dem malerischen Sinn

ausgeführt, die den Meister auszeichncten, sind auf-
genommen wordcn, wie z. B. jene des Hauptportals
der Kathedrale von Genua, das in seinem französisch-
gotischen Charakter eine besondere Anziehung, vor
anderen Monumcnten desselben Stiles in Jtalicn, aus
den Meister geübl zu haben scheint, und jene eines
Teiles des Südportals der Kalhedrale von Le Pny,
— ein Säulen- und Pilasterbündel im romanischen
Stil des 11. Jahrhunderts mit antikisirenden Kapi-
tälen wiedergebend.

Ein treffliches Bildnis des Meisters in Radirnng
eröffnet diese Auswahl seiner hervorragendsten Werke,
welcher wir nur, um sie noch instruktiver zu inachen,
die Beigabe eines ausführlicheren Textes gewünscht
hätten, als ihn dic kurzcn Beischriften der einzclnen
Tafeln bieten.

C. v. Fabriczy.

Aunstblätter.

1. bl. VV. Neuc Radinmgcn. Die Maler der Gegenwart
haben sich nicht darüber zu bektägen. daß ihre Werke auch außer-
halb der Ausstellungen nicht zur Kenntnis weiter Kreise ge-
langen. Zuerst ist es der photographische Apparat, der es in
Aufnahmen von Gemälden bereits zu großer Bollkommenheit
gebracht hat, der die Bilder namhafter Künstler vervielfältigti
die illustrirten Blätter benutzen diesen Umstand steißig, indem
sie das Lichtbild in einen Holzschnitt übertragen und ihre
Hefte damit zieren. Bei der schnellen Reproduktion durch die
Photographie hätte man glauben sollen, — und es wurde
vielfach diese Ansicht geäußerl — daß die graphische Kunst
darben werde. Daß diese Befürchtung nicht eintrat, ja daß
gerade in unseren Tagen die graphischen Künste — Stich,
Radirung. Holzschnitt — eine ungewöhnliche Rührigkeit eni-
wickeln, hat u. a. wieder die graphische Ausstellung in Wien
gezeigt. Tort war auch eine Radirung ausgestcllk, die sich
der allgemeinsten Bewunderung von seiten der Kunstfreunde
erfreute: die Radirung, welche Ch. Waltner nach Mun-
kacsy's Gemälde: „Christus vor Pilatus" in einem kolossalen
Formats <b. 8V em h. ö3 om) ausgeführt hat. Das Blatt
zählt zu den herrlichsten Blüten dieser Kunstgattung und
wird dem Charakter des Gemäldes vollkominen gerecht.
Dsr Künsiler hat sich mit vollem Ernst in die Schöpsung
des ungarischen Meisters vertieft und wie jeder Kopf für sich
das eingehende Studiuin des Originals dokunientirt, so ver-
stand es der Künstler auch, mit kunstgeübter Nadel jenen
poetischen Reiz über das Ganze auszugießen, der dem Ori-
ginale eigen ist. Tie Höhe der Kunst zeigt sich aber darin,
daß Waltner es verstanöen hat, das Gemälde treu wieder-
zugeben und bei der Übertragung auf die Kupferplatte
dennoch seinen Charakter zu wahren. Eine Reminiscenz an
Rembrandts Hundertgulbenblatt (Heilung des Kranken) klingt
durch, aber so leise, daß sie vor der Bravour der Nadel
Waltners bei näherer Betrachtung verstummt. Zwei volle
Jahre arbeitete der Künstler an seinem Meisterwerke; es sand
auch die verdiente Anerkennung: als das Blatt in der graphi-
schen Ausstellung prangte, waren bereits alle Remarquedrucke
verkaust und die Zahl der Subfkribenten auf 4000 an-
gewachsen. — Eine zweite bemerkenswerte Arbeit ist das
„Tischgebet", welches R Girardet nach B. Vautiers be-
kanntem Gemälde in gemischter Manier (Radirung und
Aquatinta) ausgeführt hat. Ter Stecher hielt sich treu an
das Original und bietet uns eine ansprechende Komposition
des Meisters in einem dem Gegenstande angemessenen Ge-
wande dar. — Endlich haben wir noch eine Originalradirung
von Lucien Gautier zu erwähnen. Die Unterschrift lautet:
Uomu. EastsUo 8. .-ViiAsIo. Die Engelsbrücke, über der im
Hintergrunde St. Pster sichtbar ist, überspannt den Tiber;
rechts erhebt sich die Engelsburg. Der Standpunkt desZeichners
liegt in der Nähs der Nipetta. Die Photographen wählen mit
 
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