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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 20.1885

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Vsrmischts Nachrichten,

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k-mn unmöglich jsdes aus dsr Vorzsit uns überkommsne Bau-
denkmal auf Staatskosten wiederherstellen. trme Auswahl
ist bei der qroßen Zahl dringend geboten. Nur die,emgen,
welch sich durch besondere Schönheit oder durch sonstige
heroorstechende, historisch wichtige Merkmale auszeichnen,
dürsen aus Staatskosten restaurirt werden; wenn Private
oder Gemcinden ein ttbriges thun. so ist das dann sicher
willkommen. Was der Staat fur die Marienkirche thun
kann und muß, ist bereits geschehen, namlich die Anfertigung
oon architektonisch genauen Ausnahmen, die im Jahr 187V
durch den königl. Bauinspektor Kllnhel erfolgt ist. Ein Zweites
wäre der Schutz gegen weiteren Verfall. namentlich gegen
den Unverstand des Volkes. Sierin ist noch nicht alles
Wünschenswerte besorgt, und wir zmeifeln nicht, daß die
preußische Negierung bei ihrer bekannten Vorsorge für die
Erhaltung der Bau- und Kunstdenkmnler auch hier das etwa
noch nötig Erscheinende baldmöglichst anordnen werde (z. B.
Sicherung der wenigen Skulpturen in einem in Posen zu er-
richtenden Provinzialmuseum, Absperrung der Kirche durch
ein Gitter rc.).

O Aus dcn Wicncr Atclicrs. Prof. E. v. Lichtenfels
hat vor kurzem ein kleines Bild mit der Darstellung eines
Gebirgsbaches aus Oberkrain vollendet, aus einer Gegend,
die der Künstler seit Jahren eingehend studirt. Düstere
Regenstimmung erhöht den Reiz der ernsten Formen des
Bildes. Nahe der Vollendung steht eine kleine freie Wieder-
holung jener „Küste bei Abbazia", die von Lichtensels vor
einigen Jahren ausgeführt worden. Begonnen hat der
Künstler neben mehreren großen Landschaften mit reich ent-
wickelten Baumgruppen auch ein Breitbild, worauf ein Motiv
aus Ungarn, flache Gegend mit stehendem Wasser, dargestellt
wird. Nach einer sorgsamen Naturstudie des Jahres 1874
schafft der Künstler ein Ölgemälde, worauf ein enges steini-
ges Thal in der Nähe von Abbazia dargestellt wird, das vom
Beschauer aus nach dem Hintergrunde sich ausdehnt Links
im Mittelgrunde eine Baumgruppe. Nechts Blick in die
Ferne. Das Bild ist erst gezeichnet. Jn grauen Tönen
untermalt finden wir ein Breitbild von mäßiger Größe, das
eine einsame Gegend aus der Nähe von Lundenburg in
freier und sehr glücklicher Aufsassung zum Gegenstande hat.
Schies von links im Vordcrgrunde nach der Ferne zu er-
streckt sich ein träg fließender schmaler Arm der Thaya. Aus
dem jenseitigen Ufer gewahrt man ein Gehölz von mannig-
facher Mischung in den Formen der Bäume und Sträucher.
Das dissseitige Ufer zeigt niedrige Vegetation. Wie durch
eine Brücke werden beide Ufer durch zwei große dürre
Bäume verbunden, die vom Sturm entwurzelt siiid. Sie sind
in Verkürzung gesehen und nehmen mit ihren reichen, sein
beobachteten und wohl studirten Formen, auch unvollendet,
wie sie auf dem Bilde einstweilen noch sind, das Haupt-
interesse des Ganzen in Anspruch. Die beschriebene Kompo-
sition, obwohl von einfachster Anlage, erzählt doch ein klsines
Drama. Jm Winter hat ein böser Sturm die entblätterten
Bäume hingeworfen. Jn gewaltigem Falle haben die Wur-
zeln alles Erdreich mit emporgehoben, an deni sie sich fest-
geklammert hatten. Seither ist der Frühling eingezogen, und
ringsum sprießt alles in neuem Leben, das auch die jüngst
noch klaffends Wunde des Erdreiches wieder zu heilen beginnt.

8. Archäologischc Gcscllschaft in Bcrlin. Sitzung vom
3. März. Vorgelegt wurden vom Vorsitzenden außer den
Aortsetzungen der periodisch erscheinenden Zeitschriften u. a.
Gozzadini. vniovi souvi pre88o Loio-ziig.; Richtsr, I,s korti-
üoarivrii ä'L.räöa; vonHerrnForchhammer in Kiel: Erklärung
^ Grund der topischen und physischen Eigentüm-

^bn der troischen Ebene; von Herrn Hübner, außer zwei
Abhandlungen von Mölida über die ägyptische Religion und
uber dis Terrakotten des Madrider Natioiialmuseums, die
Schrift von Pleyte über Mars Thingsus. — Herr Conze

hatte eine größere Anzahl von im Probedruck fsrtigen Tafeln
des Corpus der attischen Grabreliefs, welches von
der k. k. Akademie der Wissenschaften zu Wien im Spemann-
schen Verlage herausgegeben werden wird, zur Stelle gebracht.
Er erzählte kurz den Hergang der Unternehmung, welche
nach einem schon weit früher von Ad.Michaelis ausgesprochenen
Gedanken mit dessen Zustimmung und unter seiner Mit-
wirkung bei der Wiener Akademie seit 1873 ins Werk gesctzt
wurde. Außer dem Vortragenden als Herausgeber haben
Michaelis, Achilleus Postolakkas in Nthen und Robert
Schneider in Wien an der Arbeit teilgenommen, wahrend
für die bildliche Reproduktion Louis Jacoby von Anfang an
beratend und leitend thätig war. Das Erscheinen ^des
Werkes konnte erst als gesichert gelten, seitdem die Spe-
mannsche Verlagshandlung mit ansehnlichem Aufwande fur
die Beschaffung der gesamten Reproduktion den Verlag über-
nahm. Der Sitz der Reproduktion ist bei der kaiserl. Reichs-
druckerei in Berlin, wo unter Mitwirkung Jacoby's die
Heliographien von Prof. Roese, die Radirungen von Pfrun-
der ausgeführt werden. Mittels dieser beiden Arten der
Reproduktion gedenkt man bei der Wiedergabe den Origi-
nalen, wie einem fremden Litteraturwerke durch eine wört-
liche und durch eine freie Übersetzung, von zwei Seiten her
möglichst nahe zu kommen, da ein volles Wiedergeben des
Originals beide Male weder in der einen noch in der anderen
Form möglich ist. Die wichtigsten Exemplare werden in
ausgeführten Blättern, die Menge der unbedeutenderen auf
Übersichtstaseln oder ohne Abbildung in knapper Beschreibung
gegeben. Als Anordnungsprinzip ist als ein möglichst ein-
fach durchführbares das nach den Hauptfiguren der Dar-
stellung gewählt (weibliche sitzend, stehend; männliche sitzend,
stehend, kämpsend, reitend, jagend. liegend — Totenmahle —),
während die kleine Zahl der Antiquissima mit einer auch bei
den Jnschriftensammlungen als praktisch bewährten Jnkonse-
quenz vorangestellt werden. Jn Aussicht genommen ist, daß
diesem Hauptteile des Werkes Abschnitte über die tektonische
Form der Grabsteine (mit erschöpfender bildlicher Mitteilung
der Akroterien), über die Technik, über die Bedeutung der
Tarstellungen und über die gesamte geschichtliche Entwickelung
der Monumentenklasse, endlich die Register sich anschließen
sollen. Der Vortragende rechnet darauf, daß, nachdem die
Vorarbeiten so gut wie beendet sind und die Tafeln ihrer
Vollendung ebenfalls entgegengehen, nur noch eine voraus-
sichtlich in diesem Jahre mögliche Revisionsarbeit in Atheu
nötig sein wird, um dann die lieferungsweise Herausgabe in
möglichst gesicherter Folge beginnen zu können. Herr Momm-
sen wies hin auf die in Tel el Maskukah weftlich von Jsmailia
von dem Egypt Erploration Fund unter Leitung des Herrn
Naville veranstalteten Ausgrabungen, welche festgestellt haben,
daß an der genannten Stelle das Heroonpolis der Griechen
und das Pithom der Bücher Mosis lag und unweit davon
die Griechenstadt Arsinoe und das Kastell Klysma, daß also
die Seeschisfahrt in alter Zeit nicht bei Suez endigte, sondern
am See Timjah bei Jsmailia. — Herr Diels sprach über
die neu gefundene Jnschrift von Gortyn und wies auf
die große Wichtigkeit derjelben in sprachlicher und sachlicher
Hinsicht hin. — Herr Robert legte zunächst die neueste
Serie der Wiener Vorlegeblätter vor und sprach dann über
die zwei, jüngst in der athenischen Ephemeris von Kumanudis
veröffentlichten Trinkschalen mit — inschriftlich bezeichneten
— Darstellungen aus der troischen Sage. Die eine derselben
enthält eine Darstellung des Raubes der Helena durch
Theseus, die zweite eine Episods aus der Jliupersis. Jn
der letzteren, welche aus füns Figuren besteht, Leutete der
Vortragende die dritte und vierte Figur nicht, wie der Her-
ausgeber, aus Aias und Kassandra, sondern auf Neoptolemos
und Agenor, auf dessen Namen auch der Rest der Jnschrift
führt, die letzte weibliche aber, welche in die Knis gesunken
beide Arme flehend emporhebt, auf Hekabe.
 
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